Großreinemachen - Einer muss ja wohl mal aufraeumen
selbst richtig gemacht haben.
Bei mir war es so, dass einer mein ganzes Leben über mir schwebte: Gott.
Und da dieser selbst ja irgendwie nicht so richtig greifbar ist, selbst für Gläubige nicht, hat er seine Stellvertreter auf Erden: den alten Mann in Rom (Oder ist der mittlerweile jünger? Als ich das hier schrieb, war das Voting-Event „The Konklave of Rom“ noch nicht mal gestartet… - NACHTRAG: Es ist ein Jüngerer … oh ja … wahnsinnig viel jünger …) und die vielen kleinen Pastörchen in den Städten und Gemeinden.
Und Letzterer (also der jetzige und seine Vorgänger) hat in meinem Erdendasein immer eine Rolle gespielt, ob ich das nun wollte oder nicht – und zu einem Prozentsatz nahe hundert wollte ich es nicht …
Das fing schon an bei der Taufe – keiner hatte mich gefragt, ob ich die Sache mit dem Wasser wollte. Der Mann im Gewand machte das einfach. Und meine Eltern fanden’s geil – wie alles, was aus dem Haus mit dem spitzen Turm kam.
Die logische Fortsetzung waren Beichte, Kommunion und Firmung.
Für Evangelisten (oder Evangeliken? Protestanten, ne? Egal…):
Bei dem Ersten muss man in dieses hundehüttenartige Häuschen, das in katholischen Kirchen an der Seite steht, und sich dort irgendwas Schlimmes ausdenken, was man gemacht hat, damit der Pastor, der mit dem Ohr auf der anderen Seite hinter einer Plastikfolie festklebt, einem dann eine Aufgabe geben kann, durch deren Erledigung man dann wieder frei von Sünden werden kann.
Bei mir sah das dann so aus, dass ich beichtete, dass mich total belastete, dass ich genascht habe … so ein Schmarr’n – aber Herr Pastor wollte ja unbedingt ne Sünde präsentiert haben … und dann sollte ich mich draußen in eine Bank setzen und irgendein Gebet dreimal vor mich hin beten. Der Gewandmensch hinter der Folie fragte mich, ob ich das kenne. Ich sagte: „Ja.“ Und – schwupps! – hatte ich schon den Grund für die nächste Beichte: Ich hatte den Typen angelogen! Was aber niemals mehr einer gemerkt hat, denn meine erste Beichte war auch meine letzte …
Wobei: Meine Mum ist wohl bis heute der festen Überzeugung, dass ich auch an all den anderen Samstagnachmittagen beichten gegangen bin, an denen ich mich aber sonst wo rum getrieben habe.
Mama, ich geh das irgendwann mal beichten … aber die Wahrscheinlichkeit, dass ich das Versprechen einlöse, tendiert äußerst stark gegen Null.
Highlight Nummer zwei – die Kommunion.
Für Nichtwissende sei das nur kurz erklärt: Heutige Kommunionkinder werden dazu in ein Designerkleid oder einen Hugo Boss -Anzug gesteckt und werden nach der unvermeidlichen Zeremonie mit dem Pastor mit Geschenken überhäuft, die in Summe den Wert eines guten Mittelklassewagens haben – wenn es denn nicht selbiger sowieso gleich ist … so zum Üben bis zum Führerschein.
Bei mir war es etwas anders: Ich hatte einen Hochwasseranzug von C und A, der Friseur von Vatter hatte unbarmherzig zugeschlagen und mir einen hitlerjugendwürdigen Scheitel-Schnitt verpasst und am Abend hatte ich so viele Töpfe mit Hortensien, Pralinenschachteln und Faulenzermäppchen, dass ich sie unter den Tanten, die sich um die Zubereitung und das Auftragen des Festessens gekümmert hatten, verteilen durfte. Was mir blieb: Drei „Fünf-Freunde“-Bücher und der Rosenkranz von Omma …
Und last but not least die Firmung … Tja, was das soll, das ist mir bis heute verborgen geblieben. So auch meinen Neffen, denen meine Schwester die Entscheidung, ob sie daran teilnehmen, selbst überließ – und sie lehnten dankend ab. Immerhin pubertiert man schon voll vor sich hin, wenn man das machen soll … peinlich, so was.
Denn da kommt irgendso’ne Nase von Bischof und gibt den Firmlingen nacheinander eine Ohrfeige oder wahlweise betatscht er ihnen den Kopf (die sind halt alle geübt im Tatschen…) – und in dem Moment krabbelt dann der Heilige Geist in sie rein. Einfach so.
Was wahrscheinlich so funktioniert, dass in dem Moment, in dem ein Mensch einen Hieb versetzt kriegt, der Schließreflex des Aftermuskels aussetzt – und schon hat der dritte Teil der Heiligen Dreifaltigkeit freien Eintritt. Kann nur so sein, wie sonst?
Diese Hochtage im Leben eines katholisch erzogenen Jungen hatte ich also hinter mich gebracht, so wie jährlich zweiundfünfzig Sonntags- und diverse Feiertagsmessen, die ich alle, ohne Ausnahme, an die Hinterwand der Kirche angelehnt, überstand – nur um hinterher sagen zu können, wer die Messe gehalten hat
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