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Großreinemachen - Einer muss ja wohl mal aufraeumen

Großreinemachen - Einer muss ja wohl mal aufraeumen

Titel: Großreinemachen - Einer muss ja wohl mal aufraeumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Wissen
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… mehr wäre auch nicht drin gewesen, denn was der Pastoren-Kopp da vorne erzählt hatte, da hatte ich nicht hin gehört. Wie wahrscheinlich siebzig Prozent der anderen Besucher auch – aber Hauptsache, sie waren da gewesen. War ja schließlich Sonntag. Oh Mann…
    Irgendwann konnte ich dann selbst entscheiden, ob ich zur Messe ging oder nicht. Und ging – nicht. Das halte ich bis heute so, außer bei Beerdigungen und Hochzeiten. Letztere sind ja schon irgendwie feierlicher mit dem ganzen Brimborium, und bei Beerdigungen gebietet es der Respekt vor dem Gegangenen.
    Die Pastöre, die im Laufe meiner Jahre hier im Dorf so verschlissen wurden, waren es aber auch nicht wirklich wert, meine Haltung zu überdenken. Und so war es nur eine logische Konsequenz, dem Laden ganz Tschüss zu sagen und beim Amtsgericht den Austritt zu besiegeln – ein guter Tag für Deutschland war das. Sehe ich jedenfalls so.
    Einer dieser lustigen Talar-Models hätte mir um ein Haar sogar meine Hochzeit, die ja offiziell Verpartnerung heißt, wenn ein Mann einen Mann oder eine Frau eine Frau ehelichen will, versemmelt.
    Wir wollten einfach nur im Pfarrsaal feiern, dafür gut Kohle abdrücken, fertig! Und die se Tante, die Herr Pastor zur Vertragsunterzeichnung schickte, hatte dummerweise keinerlei Richtlinien mit auf den Weg gekommen. Und so fragte sie, was denn gefeiert werden solle in den geheiligten Räumen, worauf sie – so steht es auch im Duden und wurde später richterlich bestätigt – als Antwort: „Eine Hochzeit.“ zu hören bekam.
    Was das für eine gar unsittliche Hochzeit werden sollte ( Ey! Wir hatten Anzüge an, keine Rüschenkleider oder so!), das erfuhr der fromme Mann dann von der bei ihm angestellten Klatschbase Nr. 1 am nächsten Tag – und prompt bekamen wir abends einen Anruf vom Dorf-Gott persönlich, dass das ja nun mal gar nicht ginge, dass da Schwule in seinem Saal feiern. „Am Ende machen Sie da noch Fotos – und ich will nicht meine Kirche auf solchen Fotos sehen! Schließlich will ich meinem Bischof noch in die Augen sehen!“
    Das musste er dann nachher auch …
    Nämlich als seine Kirche im Hinter- und wir im Vordergrund auf einem Titelseiten-Foto einer großen Kölner Boulevardzeitung zu sehen waren, daneben die Schlagzeile: „Pastor verbietet Hochzeit!“ – Joa, das kam sicher gut an beim Bischof … und noch besser sicher nachher, dass die katholische Kirche auch noch die Mehrkosten für den Ersatz-Partyraum zu zahlen hatte. Danke noch mal an die realitätsnahe junge Richterein beim Amtsgericht Neuss!
    Überhaupt hat mir dieser fromme Haufen viele Jahre meines Lebens vermasselt – und wenn man nur die von Beginn der Pubertät bis zum Coming-Out mit 28 zählt. Hätte es dieser sture Haufen alles etwas lockerer gesehen – was er bis heute nicht tut – hätte meine Familie das nämlich auch gemacht und eben nicht als gaaaanz schlimme Sünde. Und ich hätte sagen können: „Leute, seid stolz! Ich bin genau wie Onkel Siggi!“ Den mochtense ja schließlich alle, und hey, der war so … also echt, so was von …
    Aber so musste man also sein halbes Leben Angst haben, dass man entd eckt wird – und nur wegen dieser Ewiggestrigen, die niemals im 21.Jahrhundert ankommen werden. Traurig, echt.
    Mag auch manches an diesem Kapitel lustig gewesen sein – es ist ein ernstes Thema. Mal ne Frage nach Rom: Muss das sein???
    Aber liest ja da eh keiner … dieses Buch ist schließlich im wirklichen Leben geschrieben wurden – und das findet überall statt, nur nicht in der Kirche.
    Liebe gläubige Verwandte und Bekannte und Leser: Es musste einfach raus – auch dafür schreibe ich dieses Buch. Vergelt’s Gott!
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

Siebenundzwanzigstens
     
     

Ich bin schwul, und das ist … manchmal echt anstrengend.
     
    Ist ja inzwischen kein Geheimnis mehr, dass dieses literarische Meisterwerk, das Sie in Händen halten, von einem warmen Bruder (Hallo, liebe Bauarbeiter! Guckt mal, ich kann Eure Sprache! – Seht Ihr? Das ist genauso ein Klischee, dass alle Welt denkt, Ihr könnt nur Primitiv-Sprache, wie das, dass alle Schwulen warme Brüder sind…) geschrieben wurde. Was ja nur am Rande wichtig ist. Aber: So einer hat ne Menge zu erzählen, denn in so einem schwulen Leben kommt zu dem ganz normalen Irrsinn, der bisher in diesem Buch schon ausgiebig geschildert wurde, noch eine – für außenstehende Heten unvorstellbar große – Masse an geballtem Schwachsinn dazu.
    Die

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