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Großstadt-Dschungel

Großstadt-Dschungel

Titel: Großstadt-Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Mlynowski
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Make-up-Entferner? Steht er normalerweise nicht direkt neben dem Spiegel? Oh. Der bronzefarbene Nagellack ist aber auch sehr hübsch. Ich male ihn mir auf den linken kleinen Finger. Man könnte glauben, ich hätte meine Hand soeben in einen Topf mit flüssigem Karamell getaucht.
    „Feuchtigkeitslotion? Bevorzugen Sie vielleicht die auf fettfreier Basis? Was halten Sie von dem Hautstraffungsfaktor?“
    Sam bricht in Tränen aus.
    O weh. Ich habe es zugelassen, dass Ausgeh-Barbie Nummer eins meine Freundin verschreckt. „Tut mir Leid“, sage ich. „Ich glaube, heute ist kein guter Tag für eine Beratung.“ Ich nehme Sams Arm und ziehe sie aus dem Stuhl. Sie ist nun wieder voll am Schluchzen. „Lass uns gehen.“
    Wir bewegen uns langsam und schweigend durch die Mall. „Worauf hast du Lust?“ frage ich sie.
    „Essen.“
    „Gut, lass uns was essen.“
    Nahrung: das Opiat der Verlassenen.
    Sam will nicht im Restaurantbereich essen (Bazillen, Bazillen und noch mehr Bazillen), also suchen wir uns eine schicke Sandwichbar am Rande der Einkaufsmeile. „Ich bestelle einen Salat“, sagt sie und zieht ein Plastikmesser und eine Plastikgabel aus ihrer Tasche.
    „Salat? Als vollständige Mahlzeit? Du meinst mit Huhn?“
    „Nur Salat. Nicht nur, dass ich eine schreckliche Haut habe, ich bin offensichtlich auch noch fett und schwabbelig, und deswegen will er mich nicht.“
    „Offensichtlich“, seufze ich und verdrehe die Augen. „Jedenfalls hat es bestimmt nichts mit einer gewissen zwanghaften Störung zu tun.“
    „Ich habe einen Sommer lang mal in einem Restaurant gearbeitet. Das Besteck wird nicht abgewaschen.“
    „Du hast als Kellnerin gearbeitet?“ Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, wie Sam einen ganzen Tag nur mit Essen umgeht.
    „Hostess.“
    Das passt besser.
    Ich bestelle einen Cheeseburger und sie einen Salat. „Kann ich das Dressing bitte extra haben?“
    Als die Gerichte kommen, wirft Sam einen Blick auf ihren Teller und flippt total aus. „Was ist denn das für ein Salat? Das ist kein Salat, das sind Froschschuppen! Und das ist Sauerrahm. Der schmeckt nicht. Warum sollte ich wohl etwas essen wollen, das nicht schmeckt? Ist es normal, ein Vermögen für etwas zu verlangen, das ungenießbar ist?“ ruft sie dem Kellner zu. „Das ist ja furchtbar. Ich will etwas anderes.“ Ich bin mir nicht sicher, was genau sie erwartet hat, als sie den Salat bestellte.
    Augenscheinlich eingeschüchtert nickt der Kellner energisch. „Okay, Miss, was möchten Sie?“
    „Dummerweise hat mich dieses schlechte Imitat einer Mahlzeit um den Appetit auf etwas Richtiges gebracht. Ich hätte gern ein Stück Käsekuchen mit Erdbeeren. Du auch?“ fragt sie mich.
    „Nein, danke.“
    „Mir zuliebe. Bitte. Nimm ein Stück. Ich lade dich ein. Wir machen’s wie die ‚Golden Girls‘.“
    Ich seufze. Der Käsekuchenfan in mir ist nicht ganz so tief vergraben.
    „Jack?“
    „Ja?“
    „Warum siehst du gerade so aus, als ob dir ein Panzer übers Gesicht gerollt wäre?“
    Genau.
    Nach dem Essen besteht Sam darauf, direkt nach Hause zu fahren, was grundsätzlich keine besondere intellektuelle Herausforderung wäre, wenn ich nur mein Auto wiederfinden würde.
    „Ich weiß genau, dass wir es im Abschnitt D geparkt haben“, insistiere ich. Nur leider stehen wir im Abschnitt D, und mein Auto ist nicht da. „Warum nehmen wir nicht einfach eins von den anderen?“ Vor uns stehen ein BMW und zwei Mercedes, von denen ich gegen keines etwas einzuwenden hätte. Mein Vorstoß in Richtung Humor schlägt fehl; Sam verzieht keine Miene. Eine halbe Stunde später finden wir mein Auto im Abschnitt G. „G reimt sich auf D“, sage ich.
    Aber Sam ist zu niedergeschlagen, um auch nur mit den Augen zu rollen.
    Am späten Nachmittag kommt Andrew mit zwei Schraubenziehern vorbei. Leider ist es wirklich Werkzeug und nicht Wodka und Orangensaft, was in Bars manchmal als „Schraubenzieher“ angeboten wird. Nachdem ich eine große Peperoni-Pizza bestellt habe, breiten wir die Montageanleitung meines neuen Bücherregals auf dem Boden aus.
    „Wo ist Sam?“ fragt er und streift die Ärmel seines schwarzen Sportsweaters hoch. Heute riecht er Gott sei Dank nicht wie Sam. Er riecht nach Irischem Frühling.
    „Schläft“, sage ich. Endlich. Sie hat mich total ausgelaugt.
    „Ich kann einfach nicht glauben, dass das hier schon vier Monate steht und du es nicht aufgebaut hast“, wundert er sich kopfschüttelnd.
    Stimmt. Es lag die ganze Zeit

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