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Großstadt-Dschungel

Großstadt-Dschungel

Titel: Großstadt-Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Mlynowski
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kürzer tritt. Du kannst nicht mehr richtig loslassen und bloß Spaß haben. Weißt du, was ich an deiner Stelle machen würde? Ich würde ein bisschen durch die Welt tingeln. Fahr nach Italien, Griechenland, Frankreich. Einfach mal raus. Niemand, dem man Rechenschaft ablegen muss. Nur du und das Unbekannte.”
    „Das bist du, Jackie. Nicht ich. Du bist diejenige, die ihren Abschluss schmeißt, ihre Sachen packt und nach Boston geht. Aber wer weiß, ob ich nicht eines Tages aufwache und sage ‚Schluss! Tschüss Acht-Stunden-Tag oder Vierzehn-Stunden-Tag oder Sechzehn-Stunden-Tag. Ich kündige und gehe zum Zirkus!‘“
    Wir schweigen eine Weile, in der sich Wendy, wie ich annehme, versucht vorzustellen, wie sie sich zwischen den Clowns und Akrobaten machen würde, welche Art von Garderobe sie bräuchte und so weiter, während ich mich mit nahe liegenderen Fragen beschäftigte.
    „Soll ich ihn anrufen?”
    „Jetzt?”
    „Nicht jetzt. Morgen.”
    „Wozu die Zeit mit Reden verschwenden? Du rufst ihn sowieso an.”
    „Nein, tue ich nicht.” Wir wissen beide, dass das nicht stimmt, und müssen lachen.
    „Warum vermisst du ihn so?”
    „Warum?” Was ist denn das für eine Frage? „Ich weiß nicht, einfach so.”
    „Dann ruf ihn an.”
    „Ich sollte aber nicht.”
    „Dann lass es.”
    Ich werde mir morgen Gedanken darüber machen. Im Moment bin ich viel zu müde, um die Energie aufzubringen, die eine solche Entscheidung erfordert. „Können wir jetzt schlafen?”
    „Klar. Gute Nacht.”
    Als am nächsten Morgen der Wecker klingelt, freue ich mich, dass es nicht für mich ist. Ich döse wieder ein und werde erst um elf von Bubbe Hannahs Klopfen an der Tür wach.
    „Aufstehen, du Schlafmütze.”
    „Hallo, Bubbe Hannah”, murmele ich und richte mich auf. Sie gibt mir einen Kuss auf die Wange.
    „Hast du Hunger? Ich habe das Mittagessen vorbereitet.”
    „Das ist wirklich nicht nötig”, erwidere ich.
    „Was redest du? Ich habe Hühnersuppe gekocht und meinen berühmten Kartoffel-Rosinen-Auflauf, geschmortes Huhn, nicht zu vergessen die Biskuitrolle.”
    Wie groß sind die Chancen, dass das kohlehydratefrei ist?
    Ich setze mich an den Tisch, und umgehend werden fünf Töpfe um mich herum aufgebaut. Die Suppe riecht großartig, aber es sind Nudeln drin. Ich denke, ich kann um sie herum essen. Der Auflauf und die Biskuits sind auf jeden Fall verboten.
    „Vielen Dank für das wunderbare Essen”, sage ich.
    „Es ist mir ein Vergnügen. Wendy isst ja nichts. Keine Zeit, meint sie. Keine Zeit zu essen? Was soll das für ein Leben sein? Möchtest du vielleicht noch etwas anderes? Brot? Ich hol dir etwas Brot.”
    „Nein, danke.”
    „Kein Brot?”
    „Ich mache gerade eine spezielle Kein-Brot-Diät.”
    „Warum machst du denn eine Diät? Du bist so schmal. Ihr Mädels von heute seid alle so schmal. Iss, Bubbele, iss.”
    Zu schmal? Ich? Ich liebe diese Frau. Vielleicht ziehe ich auch hier ein. Warum habe ich keine Bubbe? „Es ist so eine Art Blitzdiät. Das ist der neue Trend derzeit. Kein Brot und keine Pasta.”
    „Davon habe ich gehört”, stimmt Bubbe Hannah nickend zu. „Ich glaube, sie heißt ‚drüber wegkommen‘.”
    Ich esse ein paar Minuten schweigend weiter.
    „Erzähl mir was von Boston”, fordert sie mich auf.
    „Es gefällt mir.”
    „Was gefällt dir?”
    „Mein Job gefällt mir.”
    „Gut. Das ist gut. Und dein Freund? Ist der auch gut? Es freut mich, dass du einen Freund hast. Wendy hat keinen. Das ist nicht gut. Es ist für ein Mädchen in ihrem Alter nicht gut, keinen Freund zu haben.”
    „Ach, komm schon, Bubbe Hannah. Wendy ist noch jung. Sie hat noch viel Zeit, jemanden kennen zu lernen und zu heiraten.”
    „Sie vielleicht schon. Aber ich werde auch älter. Sie arbeitet so viel. Kommt so spät nach Hause. So wird sie nicht heiraten. Im Gegensatz zu dir. Darüber musst du dir keine Sorgen machen. Wann also ist es so weit?”
    „Äh, wir haben uns noch nicht entschieden. Bald aber. Sehr bald.”
    „Gut. Lass das Geschirr einfach stehen, wenn du fertig bist. Magst du den Auflauf nicht? Warum hast du vom Auflauf nicht probiert? Iss den Auflauf, Bubbele.” Sie geht aus der Küche, um sich die Sendung Glücksrad anzusehen.
    Ich esse den Auflauf. Ich möchte nicht unhöflich erscheinen. Mit der Diät fange ich direkt nach dem Essen an.
    Ich nehme die Subway bis zur 34. Straße, um mir die Schaufensterdekoration bei Macy’s anzusehen und ein paar

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