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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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zur Remise, wo zwei Traktoren mit Armaturen zum Spritzen der Weinstöcke standen. Im weitläufigen Hof standen eingeschweißte Flaschen auf Paletten sowie neue Tanks neben Garagen mit geschlossenen Türen. Das Weingut vermittelte durchaus den Eindruck, dass hier gearbeitet wurde, die Weingärten ringsum, die dem Anschein nach zur Kellerei gehörten, wirkten gepflegt. Es waren moderne Anlagen, bei denen durch die Aufhängung der Spanndrähte die Arbeit des Einflechtens reduziert wurde, so wie sie das bei SERVE gesehen hatten. Martin war auf der Herfahrt mitten in den Weinbergen eine riesige Reklametafel mit der Aufschrift
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aufgefallen und darunter eine Telefonnummer. Zwei Windräder standen in der Nähe, ein drittes war gleich hinter dem Hauptgebäude. Entweder waren es Wasserpumpen, oder man erzeugte Strom damit. Aber alles wirkte merkwürdig steril und leblos. Nirgends war ein Mensch. Trotzdem fühlte er sich beobachtet, und er sagte es Simion.
    »Das sind die Kameras«, antwortete er. »Haben Sie bisher irgendwo auf den Gütern welche gesehen?«
    Martin konnte sich nicht daran erinnern. Weder hatte er darauf geachtet noch hatte er ein Auge dafür – so wie Simion. Er selbst hätte sie niemals entdeckt.
    »Sir! Mister!« Der Gorilla stand wie aus dem Nichts aufgetaucht hinter ihnen, und sie fuhren herum. »Keine Besichtigung! Kein Verkauf hier. Sprechen Sie unseren Exportleiter in Bukarest.« Er gab jedem eine Visitenkarte und einen Prospekt. »Unsere Weine nur im Fachgeschäft, kleinste Mengen, nur für Kunden. Bitte gehen Sie jetzt, auf Wiedersehen.«
    Im Restaurant nebenan wurden sie anfangs zuvorkommend bedient, bis ein Ober sich an Martin erinnerte. Von da an wurden sie zwar weiter bedient, aber in eisiger Manier. Und eine der Glatzen von gestern ließ sich blicken, blieb an der Tür stehen und beobachtete sie, was Simion sichtlich nervös machte.
    »Der sieht nicht slawisch aus, aber der Mann in der Kellerei war ein Russe: die hohen Wangenknochen, das breite Gesicht, mongolisch, verschlagen, und sein Akzent . . .«
    »Haben Sie ein Problem, Marc? Die russischen Politiker sehen nicht anders aus, als die Ihren. Sie haben ein Kriegstrauma, eine Phobie oder eine schwere Neurose? Wenn das – Vietnamesen gewesen wären, könnte ich es vielleicht verstehen.«
    »Was ist das für ein Restaurant? Haben die was gegen Sie?«, fragte Simion verunsichert. Er wirkte zum ersten Mal auf der Reise ängstlich, seine Gelassenheit war aufgesetzt. »Was für Leute verkehren hier?«
    Die Frage beantwortete sich wenig später von selbst. Zwei Klone der glatzköpfigen Sicherheitsleute betraten das Restaurant, gingen von Tisch zu Tisch und inspizierten die Gäste, dann gaben sie einer lautstarken Gruppe gut situierter Herren mitsamt ihren teuren und ordinären Begleiterinnen den Weg frei und begleiteten sie zu einem Nebenraum.
    Martin machte sich so klein wie möglich. Das war bei mehr als ein Meter achtzig nicht einfach. Er griff zur Brieftasche und schob Simion einige Scheine zu. »Bezahlen Sie für mich.«
    »Wollen Sie nichts essen?«
    »Ich verschwinde besser«, flüsterte Martin und wandte sich ab, um nicht erkannt zu werden. Einer der neuen Gäste war Tudor Dragos. Seine Gorillas bauten sich neben der Tür auf wie die Leibwächter byzantinischer Potentaten.

24
    Von einem Holzstapel am Parkplatz aus beobachtete Martin die Umgebung des Restaurants. Vom Tisch hatte er unbeabsichtigt eine Zigarette mitgenommen, er spielte mit ihr, als würde er sich langweilen, steckte sie kurz hinters Ohr, dann wieder drehte er sie zwischen den Fingern. Die Fahrer der Luxuskarossen warteten ebenfalls, ihre Zigaretten brannten. Ein Chauffeur schlief mit weit offenem Mund und schnarchte, zwei steckten die Köpfe über einem ›Playboy‹ zusammen, ein anderer spuckte in den Kies. Sie hatten ihn wohl für einen Kollegen gehalten, denn in Jeans und seiner leicht abgeschabten Lederjacke glich er in nichts einem ihrer Bosse. Die trugen dunkle Anzüge und rosa- oder lachsfarbene Krawatten.
    Systematisch hatten Martins Augen die Umgebung abgetastet, jeden Zaunpfahl, jeden Ast der Buchen, Pappeln und Walnussbäume, den Schuppen links, das Schild über der Einfahrt, so hatte er eine Kamera entdeckt. Ohne Simions Hinweis hätte er sie nie bemerkt, und er war erst darauf gekommen, als er sich überlegt hatte, was man überwachen wollte. Also musste sie an einem Punkt angebracht sein, von wo aus sie einen großen Bereich erfasste. Man hatte sie in

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