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Grote, P

Grote, P

Titel: Grote, P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wein des KGB
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er, dass der Amerikaner das Hotel zu Fuß verlassen hatte. Also war auch er auf Extratour. Für den Besuch in der »Roxa«-Bar war es zu früh. Suchte er wieder nach angeblichen Verwandten? Dazu war er viel zu nachlässig. Aber was tat der Kerl wirklich? Mit wem traf er sich?
    Der folgende Tag verging mit Besuchen bei den Kellereien Davino und Fontana, die rein rumänisch und nach der Wende entstanden waren. Das zeigte sich sowohl an den Gebäuden als auch an der technischen Ausstattung und der Arbeitsweise. Es waren kleine Betriebe, keiner bewirtschaftete mehr als vierzig Hektar, und dementsprechend mehr Sorgfalt wurde auf die Weinberge verwandt. Meist handelte es sich um Neupflanzungen und damit um andere Klone als bei den Großgrundbesitzern wie Murfatlar, Cotnari und Jidvei. Davino importierte die Klone aus Frankreich, da die hier gezogenen leicht von Viren befallen wurden. Wie bei allen Fragen gab es gegenteilige Meinungen, unterschiedliche Ansichten und sich widersprechende Methoden. Vieles entzog sich ohne entsprechende Erfahrung der Beurteilung. Die Kellerei Fontana, bisher die einzige von einer Frau geleitete, pflanzte sowohl einheimische wie auch importierte Klone in Testreihen nebeneinander und wartete auf Ergebnisse.
    Für Martin, beziehungsweise für die SISA, besonders wichtig war die Frage der Grundstücke und der Anlaufschwierigkeiten.Bei Davino hatte es keine gegeben, es wurde jedenfalls nicht darüber gesprochen. Bei Fontana waren die größten Probleme der Mangel an Fachkräften, steigende Grundstückspreise (»in vier Jahren von tausend auf zehntausend Euro je Hektar, schließlich haben wir hier das beste Terroir von Dealu Mare«) und der Marktzugang. Beide Kellereien produzierten annähernd die gleiche Menge von vierhunderttausend Flaschen. Das war verschwindend wenig im Vergleich zu Murfatlars zehn Millionen, aber für Martins Garagenproduktion immer noch schwindelerregend, nur imponierte es ihm gar nicht. Große Zahlen waren nie sein Ziel gewesen, sie ließen ihn kalt.
    »Carrefour verlangt hunderttausend Euro für die Aufnahme unserer Weine ins Angebot, Real und Metro sind ein wenig billiger.«
    Sollte das heißen, dass die Supermärkte nicht an den Produkten verdienten, sondern daran, dass sie sie anboten?
    Auf dem Rückweg war Martin von den Weinproben ein wenig benebelt und froh, wieder draußen zu sein und langsam durch das sonnendurchflutete Land zu fahren. Die jüngsten Besuche waren angenehmer gewesen, seine Gesprächspartner gehörten einer anderen, ihm näherstehenden Generation an, die Selbstständigkeit anstrebten, aber im Europa der Konzerne, Banken und Weinfabriken ein Nischendasein führen würden. Was war dagegen einzuwenden? Vielleicht würde eines schönen Tages der Chef eines Heuschreckenkonzerns diese beiden Weingüter und ihre Betreiber seinem persönlichen Zoo einverleiben, sozusagen als önologische Lifeshow. Die Besuche zogen ihn immer weiter runter, obwohl seine heutigen Gesprächspartner freundlich und zuvorkommend gewesen waren. Wirklich zugänglich waren nur die Leute aus der Weinbranche, die aus dem Ausland kamen oder zumindest eine Zeit dort verbracht hatten.
    Dann erreichte er die Kreuzung mit dem Leiterwagengerippeund die Allee zum Dorf. Bis dahin mochten es drei Kilometer sein. Die Pferde auf der Wiese grasten friedlich. Die Ebene rechts davon war gänzlich mit Wein bewachsen. Erst jetzt erinnerte sich Martin, dass er gleich zu Beginn der Reise gehört hatte, dass Rumänien doppelt so viel Weinland besaß wie Deutschland. Und hier schien es endlos. Windräder ragten aus dem Grün, vielleicht gehörten sie zu dem Weingut, wo man ihm den Einlass verwehrt hatte. Das empörte ihn und machte ihn neugierig, denn das war ihm weder als Weinhändler noch als Winzer schon mal passiert. Die Räder auf der Spitze der Stahlgerüste drehten sich schnell, sie waren kleiner als die in den Windpark mit drei riesigen Rotoren und dienten wahrscheinlich als Wasserpumpen statt zur Energieerzeugung.
    Das Leiterwagengerippe war ein markanter, wenn auch gruseliger Punkt, den Martin leicht wiederfinden würde, und er stellte den Wagen daneben ab, zog Jogginganzug und Laufschuhe an, die er extra mitgenommen hatte, und rannte los. Bereits nach den ersten hundert Metern fühlte er sich besser, die Spannung würde sich lösen, er würde sich leichter fühlen, er würde die Last von seinen Schultern abwerfen, die er als erdrückend empfand. Charlotte kam bald aus dem Tschad zurück, er

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