Grounded (German Edition)
bewaffnete sich mit einem Staubsauger und ich begann, herumliegende Teller in den Schrank oder den Geschirrspüler zu räumen. Als ich den Spüler gerade anwerfen wollte, klingelte das Telefon. Ich machte mich auf die Suche nach dem irgendwo im Wohnzimmer klingelnden Apparat, fand ihn jedoch nach Nathalie, die bereits mit einem triumphierendem Grinsen den Anruf entgegennahm.
„Ja, hallo? Hier ist Nathalie“, säuselte sie mit einem breiten Lächeln in den Hörer. Nur wenige Sekunden später verschwand die Heiterkeit auf ihren Zügen und wich alarmiertem Ernst. „Aha. Ja, ich verstehe.“ Ich suchte ihren Blick um zu erfahren, was los war, meine Freundin starrte jedoch betroffen auf den Boden. Mit den Zähnen biss sie nervös auf ihrer Unterlippe herum; ein sehr schlechtes Zeichen. „Natürlich. Wir machen uns gleich auf den Weg. Danke. Wiederhören.“
Sie betätigte den Auflegen-Knopf und muste rte weiterhin den Teppich zu ihren Füßen. Dann sah sie mich mit einer Mischung aus Besorgnis und tiefer Unruhe an. Ihr Gesicht war kreidebleich.
„Zieh dich an, Danny. Das war das Kranke nhaus.“
„Das Krankenhaus?“, wiederholte ich stump fsinnig. In meinem Kopf herrschte Leere. „Was haben sie gesagt? Ist etwas passiert?“
„Ich weiß es nicht genau. Die Frau am Telefon hat etwas von einem Unfall erzählt.“
Ich starrte kurz ins Nichts, dann nahm ich Nathalie am Arm und zog sie in den Flur. Wir schmissen uns hastig in unsere Jacken und machten uns auf den Weg. Fragen stellte ich keine mehr, auch nicht während der Autofahrt. Stattdessen hielt ich Nathalies Hand, bis ich auf dem Krankenhausgelände geparkt und den Motor abgeschaltet hatte.
*
„Was soll das werden?“
Danny beäugte, mit vor der Brust verschrän kten Armen, was seine Schwester mit angestrengter Miene zu Papier brachte.
„Wonach sieht’s denn aus? Ein Bild wird es. Idiot.“
„Sehr witzig. Dass es ein Bild wird, sehe ich selber, danke. Was hast du damit vor?“
„Man, sei doch nicht so neugierig. Und jetzt geh bitte mal weg, du lenkst mich ab.“ Sie fuhr fort, die Linien auf ihrem Blatt Papier mit dem Bleistift wieder und wieder nachzuziehen und zu verdeutlichen. Neben ihr lagen bereits diverse Tuben Acrylfarbe und eine Mischpalette bereit, mit deren Hilfe sie ihr Werk im Anschluss offenbar kolorieren wollte.
Genervt trollte Danny sich ins Wohnzimmer, wo sein Vater eine medizinische Fachzeitschrift durchblätterte.
„Hey.“
„Hallo.“ Rupert registrierte über den Rand seines Magazins die wenig begeisterte Miene seines Sohnes. „Du bist wohl aus dem Atelier der großen Künstlerin vertrieben worden.“
„Ja. Kann man so sagen.“
„Wunderschönes Bild, findest du nicht? Ich frage mich immer, von wem sie dieses Talent hat. Von mir sicherlich nicht.“
„Ja. Sieht schon ganz gut aus. Und was soll das mal werden, weißt du das? Hat sie damit irgendwas Bestimmtes vor, oder warum das Theater?“
„Es ist eine Urlaubsszene. Strand, Sandburg. Und wir vier alle um die Burg drumrum. Das sieht man doch.“
„Was heißt hier, ‚das sieht man doch‘? Die F iguren haben noch nicht mal Gesichter.“
„Ich finde, man erkennt es trotzdem.“ Er legte seine Zeitschrift zur Seite. „Andererseits habe ich auch die Farben bezahlt, von daher war deine Schwester gezwungen, mich in ihre Pläne einzuweihen. Sonst hätte ich vermutlich ebenfalls keinen Schimmer, was es damit auf sich hat. Es ist ein Geschenk für Mama, zu Weihnachten, weil doch die Fotos vom Urlaub nichts geworden sind. Hat Ell dir nichts davon gesagt? Sie erzählt dir doch sonst immer alles.“
„Was? Das hat sie gemacht, bis sie in die vierte Klasse kam. Mittlerweile erzählt sie mir gar nichts mehr.“
„Ach. Und ich dachte, ich wäre der Einzige, der nie etwas erfährt. Na, dann sitzen wir ja wenigstens im selben Boot. Habe ich dir schon mal dafür gedankt, dass du so ein unkomplizierter Teenager bist?“ Rupert ließ seine Zeitschrift sinken. „Bevor ich es vergesse. Die paar Wochen bis Weihnachten müssen wir noch vorsichtig sein. Nicht, dass wir uns Mama gegenüber verplappern und Ells Überraschung kaputt machen.“
„Kommt das Bild denn eigentlich ins Woh nzimmer? Was meinst du? Über der Couch würde es sich vielleicht ganz gut machen.“
„Das muss Mama entscheiden. Da haben wir beide nichts zu melden, mein Sohn.“
Danny und sein Vater hielten das Schweigeg elübde tatsächlich durch, wenn auch nur mühsam, und bewahrten Elenas
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