Grounded (German Edition)
Löschpapier?“
„Äh, ja.“
„Leg mal ein, zwei Blatt raus. Ich bin gleich wieder da.“
Danny verschwand in der Rumpelkammer und kramte das Bügeleisen hervor. Damit bewaffnet begab er sich zurück zur Unfallstelle, stöpselte das Eisen an den Strom und legte ein Blatt Löschpapier über den unattraktiven Wachsfleck. Das Bügeleisen erhitzte sich recht zügig. Das Wachs verflüssigte sich unter dem heißen Haushaltsgerät und wurde vom Löschpapier aufgesogen. Danny wiederholte den Bügelvorgang einige Male, musterte das Resultat und bügelte dann wieder ein paar Mal hin und her, bis auf dem Teppich keine Rückstände mehr zu sehen waren.
Ungläubig betrachtete Ell das Geschehen und befühlte anschließend den Boden. „Ein Glück“, sagte sie erleichtert. Sie kratzte sich am Kopf, stemmte die Hände in die Hüften und starrte noch einige Sekunden verliebt auf ihren Teppich. Dann wandte sie sich an ihren Bruder. „Sehr schön. Und jetzt packen wir mal deine ollen Kartons aus. Am Ende hast du was von meinen Sachen geklaut und bei dir in die Kisten gepackt, das sähe dir ähnlich.“ Mit diesen Worten marschierte sie an Danny vorbei in sein Zimmer und begann allen Ernstes, die dort herumstehenden Umzugskisten auszupacken.
Danny nölte ein wenig herum, müsse das jetzt sein, das ginge doch auch noch später, was solle der ganze Unsinn. Sein Protest fiel aber verhältnismäßig schwach aus.
„Danny, ehrlich jetzt. Reiß dich mal zusammen und gib dir ein bisschen Mühe, okay? Mum fehlt uns allen. Kein Grund, sich derart hängen zu lassen.“
„Was weißt du schon“, grummelte er ve rstimmt.
Ell seufzte erschöpft. „Ich kann mich nicht a lleine um alles kümmern.“
Daraufhin fiel ihm kein passender Konter ein. Im Gegenteil. Sie hatte ja Recht.
Damit stellte er seine obligatorischen B eschwerden ein und ging ihr zur Hand. Es kostete ein paar Stunden sowie viel Schweiß und Nerven, aber sie schafften es tatsächlich noch am gleichen Abend, alle Kisten vollständig auszuräumen und deren Inhalte sinnvoll im Zimmer zu verteilen.
Im Anschluss legten sie sich zusammen im Wohnzimmer vor den Fernseher. Eine Reportage über Serienkiller flimmerte über den Bildschirm. Ell legte ihren Kopf müde auf der Brust ihres Bruders ab. Der Bericht lief noch keine halbe Stunde, als die beiden eingeschlafen waren.
*
Das schrille Läuten des Telefons riss Elena und mich erbarmungslos aus dem schläfrigen Dämmerzustand, in den wir verfallen waren.
Schlaftrunken griff ich nach dem Gerät und registrierte gleichzeitig ein unangenehmes Stechen in meinem Rücken. Wir mussten unbedingt aufhören, ständig auf der Couch einzuschlafen, das war Gift für mein Kreuz.
„Hallo?“
Ell blinzelte desorientiert. Es dauerte einige Augenblicke, bis sie erkannte, wo sie war. Sie beobachtete schläfrig, wie ich telefonierte.
„I’m good. – Yeah, I was thinking about that, but with school and everything, it’s just-- – I know.”
Unsere Großmutter war am Apparat. Ell hatte kaum einen Bezug zu unserer Familie in Neuseeland, denn sie war bereits hier in Deutschland zur Welt gekommen.
Unsere Großeltern kamen zwar alle ein oder zwei Jahre zu Besuch und einige Male waren wir auch schon gemeinsam nach Neuseeland geflogen, aber trotzdem.
Elenas und mein Zuhause war Deutschland und die englischsprachigen Verwandten waren und blieben eher fremde Figuren, von denen wir uns gelegentlich erzählten. Der Anruf aus Übersee – eher ungewöhnlich, wir telefonierten sonst selten miteinander – erinnerte mich und, wie ich an ihrem Gesicht erkannte, auch meine Schwester schmerzhaft an die jüngsten Geschehnisse.
„I’m not so sure. I guess we’re not going. Or maybe we will. I wish I wouldn’t have to, though. – Next week. – Yes, uh-huh. No, no. That won’t be necessary.” Meine Stirn legte sich in Falten, während ich meine Knie musterte. „To be honest, I’m not up for much company these days and I think the same goes for– Yeah, I know. And thank you. But you don’t have to worry about us, we will be fine, as-- – yeah, she’s with me. Okay. Hold on a second.” Ich hielt Ell den Hörer entgegen. Aus einem Reflex heraus griff sie danach.
„Hey. What’s up?“
Ich atmete tief durch. Nein, es stand ganz außer Frage, ich und Elena würden nicht nach Neuseeland gehen. Und nein, der Gedanke, dass mein Onkel oder unsere Großeltern für einige Zeit nach Deutschland kamen um uns unter die Arme zu greifen,
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