Grounded (German Edition)
du kannst dich demnächst mit einem Verweis anfreunden. Tolles Vorbild gibst du ab, großer Bruder .“ Ell rollte mit den Augen. Brummend räumte Danny den Tisch ab. Rupert war gezwungen Überstunden zu schieben, sodass Danny das abendliche Kochen übernommen hatte.
„Gewöhn dich dran, dass uns nicht mehr stä ndig jemand durch die Gegend fahren kann.“ Ells Worte waren wie eine Ohrfeige. Überhaupt schien ihr Emmelines Tod weniger zu schaffen zu machen als Danny. Sie richtete verhältnismäßig elanvoll ihr Zimmer in der neuen Wohnung ein, knüpfte bereits am ersten Tag an der fremden Schule Kontakte und verschmolz beinahe mühelos mit der für sie alle noch völlig fremden Umgebung. Danny hingegen hatte Schwierigkeiten, sich selbst in Gang zu bringen. Morgens aufzustehen fiel ihm unglaublich schwer, in seinem Zimmer stapelten sich unausgepackte Kisten und das ganze Großstadt- Szenario wirkte auf ihn nicht erfrischend, sondern eher befremdlich und abstoßend.
Eine Zeit lang hatte die Möglichkeit im Raum gestanden, wieder zurück nach Neuseeland zu gehen, zur Familie. Im Endeffekt hatte Rupert sich aber dagegen entschieden. Zu kompliziert, zu viel zu organisieren. Seine Belastbarkeitsgrenze war nach dem Tod seiner Frau verständlicherweise äußerst niedrig. Als ihm gerade in diesen verwirrenden Wochen ein lukratives Jobangebot eines renommierten Krankenhauses, auch wenn es am anderen Ende von Deutschland lag, zuging, fiel die Entscheidung. Der neue Job nahm Rupert von Anfang an stark in Anspruch, sodass Ell und Danny den Großteil der Zeit auf sich allein gestellt waren.
Nach wie vor schlecht gelaunt aufgrund der Standpauke verzog Danny sich in sein unwohnliches Zimmer. Er ließ sich aufs Bett fallen und starrte einige Minuten an die Decke. Dann kramte er die Unterlagen hervor, die ihm einige der Lehrer netterweise als Einstiegshilfe und zur Orientierung zusammengestellt hatten. Der Lehrplan unterschied sich doch merklich von dem seines Heimatörtchens. Geduldig überflog er die Arbeitsblätter. Nichts davon sah sonderlich schwierig aus, das Meiste fand Danny einleuchtend.
Den Stoff würde er sich mit großer Wah rscheinlichkeit ohne nennenswerte Probleme erarbeiten können.
Vollständig drangen jedoch weder die Texte noch die Abbildungen zu ihm durch; er streifte sie mit einem Bruchteil seiner Aufmerksamkeit, die restlichen Kapazitäten seines Gehirns blieben starr und unflexibel wie ein Block Eis.
Er fühlte sich insgesamt nicht aufnahmefähig. Für nichts. Die Tage plätscherten um ihn herum und an ihm vorbei, wie das Wasser eines Flusses um einen glattgeschmirgelten, kalten Felsen. Physisch war Danny zwar da, anwesend fühlte er sich dennoch nicht.
Stattdessen war er bei Emmeline, seiner Mu tter. Hielt ihre Hand während seiner Tagträume, hörte sie wieder und wieder Worte sagen, die in lange vergangenen Gesprächen gefallen waren. Sah ihr Gesicht vor Augen.
Lächelnd. Schweißüberzogen und mit bleicher Haut.
Wächsern und gepudert, umgeben von dunklem Holz und blassrosa Satin.
Ell trampelte polternd ins Zimmer. „Danny. Komm mal kurz.“
Ihr Tonfall war alarmierend und riss Danny, zumindest für ein mikroskopisch kleines Stück weit, aus seiner Lethargie. Er folgte seiner Schwester in ihr Zimmer. Die Regale waren ordentlich eingeräumt, ihr Rechner und Schreibtisch standen an einem hellen Platz am Fenster, Bett und Fernseher waren aufeinander ausgerichtet. Ihre Poster gestalteten den Raum zwar nicht unbedingt freundlicher, aber durchdachter.
Wohnlicher. Der Unterschied zwischen ihrem behaglichen kleinen Raum und seinen leblosen vier Wänden war frappierend.
Elena kniete sich auf den Teppich und zeigte auf eine seltsam nass-verklebt aussehende Stelle.
„Ich wollte nur ein paar Kerzen anmachen, aber dann hab ich gewackelt und nun ist Wachs im Teppich. Ich krieg das mit Wasser nicht raus. Oh Gott, jetzt ist er ruiniert, guck doch mal, wie das aussieht. Dad wird mich umbringen.“ Ell war außer sich. Der Teppich, auf den sie entgegen jeder Vernunft bestanden hatte – Danny erinnerte sich noch gut an das Theater, „Dad, diese Farbe ! Der würde so toll zu meiner Bettwäsche passen! Den anderen können wir doch auch wegschmeißen. Oder in den Keller tun. Oder verschenken, oder so. Aber dieser Teppich, er wäre perfekt ! Sag doch mal ehrlich, Dad, ist der nicht superhübsch? Bitte!“ – war wahnsinnig teuer gewesen.
„Bewahren Sie Ruhe. Das kriegen wir schon wieder hin. Hast du
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