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Grounded (German Edition)

Grounded (German Edition)

Titel: Grounded (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy A. Luvers
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sie in ihr Zimmer laufen konnte.
    „Bleib du hier. Lass mich das allein machen“, sagte ich, während ich sie näher an mich zog.
    Nathalie berührte meine Hand. „Du musst da nicht alleine durch. Wir bleiben zusammen. Ich komme mit.“
    Sie strich mir über die Wange, aber ich sah, dass ihre Lippen bebten. Seufzend entzog ich ihr meine Hand und schlüpfte in  den zweiten Schuh und schließlich in meine Jacke. „Ich möchte heute lieber erstmal mit Ell alleine sein und sehen, wie es ihr geht. Ich rufe dich morgen an und erzähle dir alles, in Ordnung?“
    Nathalie sah alles andere als glücklich aus und ihre Hände ballten sich zu Fäusten, dann aber sagte sie: „Okay. Machen wir’s so.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen um mich zu umarmen und ich küsste sie ein letztes Mal auf die Stirn, bevor ich die Wohnung verließ.
    Als ich den Wagen startete, blitzte einen A ugenblick lang das schlechte Gewissen in mir auf. Ich hätte Nathalie erzählen müssen, dass Dad gestorben war, anstatt zu flüchten und diese Aufgabe ihren Eltern zu überlassen. Dann verloschen meine Schuldgefühle wieder. Für so etwas hatte ich jetzt keine Zeit.
    Meine Schwester brauchte mich.
     
    *
     
    Ell wartete bereits vor dem Krankenhaus. Sie saß auf einer kleinen Bank, die von einer Laterne in ein blasses Licht getaucht wurde. Ihre Hände lagen kraftlos in ihrem Schoß, die Schultern hingen hinunter. Sie wirkte abgeschlafft und sehr müde. Als sie mich bemerkte, stand sie auf und schwankte auf mich zu. Blickkontakt vermied sie.
    Ich wollte die Arme um meine Schwester l egen, doch sie gestikulierte abwehrend und schüttelte den Kopf.
    „Bitte, nicht hier. Sonst muss ich auf der Stelle wieder heulen“, setzte sie mit einem matten Lächeln hinzu. Ihre roten, geschwollenen Augen verrieten, dass sie in den letzten beiden Tagen wahrscheinlich ohne nennenswerte Unterbrechungen geweint hatte.
    Ich fühlte mich miserabel und wünschte mir sehnlichst, schreiend in meinem Bett aufwachen.
    Nathalie würde neben mir liegen, verwirrt blinzeln und sich dann an mich schmiegen. Ihre Hand würde verschlafen-unkoordiniert, aber sanft, über meine Wange streicheln, während sie mir versicherte, dass ich nur geträumt hatte und dass alles gut sei. Mein Herzrasen würde sich beruhigen, ich würde allmählich wieder frei atmen können und in weniger als ein paar Minuten hätte ich all diese schrecklichen Dinge vergessen.
    Allerdings wachte ich nicht auf, sondern schnallte mich stattdessen an und drehte den Zündschlüssel herum. War es nicht Ironie des Schicksals, dass ich meine Schwester gerade nach Hause fuhr? Immerhin war auch Dad bei einem Autounfall, der eigentlich nach Hause führen sollte, verletzt worden. Aber gut, noch waren wir nicht zuhause, wir konnten ja immer noch verunglücken, dachte ich zynisch. Ich warf Ell einen prüfenden Blick zu, doch im Gegensatz zu mir schien sie nicht über diese bizarre Thematik nachzudenken. Mit glasigen Augen starrte sie auf das Handschuhfach und bemerkte nur wenig von dem, was um sie herum vorging. Den Versuch mit ihr zu sprechen, unternahm ich gar nicht erst. Nach all den Jahren kannte ich meine Schwester gut genug um zu wissen, wann man sie am besten nicht belästigte, also überließ ich sie ihrem katatonischen Trübsinn.
    Nachdem ich das Radio eingeschaltet hatte, fuhr ich los. Eine Akustik-Gitarre gab zarte, klare Klänge von sich, während eine markante Männerstimme dazu sang.
    Es war ein trauriges Lied, das dumpf in me inem Körper nachhallte, so wie ein Kater.
    Nach dem Parken musste ich Ell an der Schu lter rütteln, um sie aus ihrer Teilnahmslosigkeit zu reißen.
    Sie schenkte mir ein entschuldigendes Lächeln, ihre Augen blieben jedoch glasig. Sobald wir unsere Wohnung betreten hatten, verschwand meine Schwester in ihrem Zimmer, nachdem sie etwas von „müde“ und „dringend ein wenig schlafen“ gemurmelt hatte. Keine Minute später ertönten Schlagzeug, Gebrüll und quietschende E-Gitarren hinter ihrer Tür.
    Eine Weile blieb ich noch wach, setzte mich vor den Fernseher und schaltete ziellos durch das Programm, aber mein Kopf war wie leer gefegt. Ich spürte keine Trauer oder Verzweiflung. Ich empfand überhaupt nichts.
    Als ich zum wohl einhundertsten Male wieder bei Sender eins angelangt war – was mich nicht davon abhielt stoisch weiterzuzappen – öffnete sich die Wohnzimmertür. Ohne ein Wort zu sprechen legte Elena sich zu mir auf die Couch. Ihre Arme legten sich auf meinen Schoß

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