Grounded (German Edition)
auch ei nfach nur verkrochen. Zumindest für ein paar Tage. Wenn die Beerdigung nur schon endlich hinter uns läge. Nun, wo Oma angekündigt hatte, dass sie am Vortag der Beerdigung anreisen und für zwei Tage bleiben würde, sehnte ich mich erst recht danach, all das bereits überstanden zu haben.
Ich musste wieder an meinen Wäschekorb denken.
Dann beschloss ich, gleich am nächsten Morgen zum Arzt zu gehen und für mich und Ell eine Krankschreibung für die nächsten Wochen zu besorgen.
Elena würde sich sowieso nicht auf den Unte rricht konzentrieren können und wahrscheinlich alle halbe Stunde in Tränen ausbrechen. Damit war nun auch niemandem geholfen, von der Peinlichkeit, die ein Heulanfall im Klassenzimmer mit sich brachte, einmal ganz abgesehen.
In diesem Zustand würde ich auf Arbeit a ußerdem wohl nicht nur die halbe Kundschaft vergraulen, sondern auch noch in meiner Geistesabwesenheit alle Regale umreißen. Zumal es uns doch zustehen musste, eine Weile in Ruhe zu trauern! Schule und Arbeit konnten doch wohl nicht alles sein, zumindest nicht in so einer Situation.
„Gehst du bitte weg?“
Ells Worte rissen mich aus meinen Gedanken.
Nachdem ich Elena noch einmal wortlos g emustert hatte – sie wirkte erschöpft, wütend und unglücklich, aber ansonsten soweit stabil – ging ich zurück ins Wohnzimmer und starrte motivationslos für mehrere Minuten an die weiße Wand. Dann fiel mir plötzlich Nathalie ein. Ich nahm das Telefon in die Hand und wählte ihre Nummer.
„Danny!! Gott sei Dank, dass du dich meldest. Ich bin fast umgekommen vor Sorge. Dein Handy ist seit Tagen ausgeschaltet, Ell geht auch nicht an ihres und auf dem Festnetz erreiche ich euch partout nicht.“
„Entschuldige. Ich hatte eine Menge um die Ohren. Die Beerdigung ist in ein paar Tagen und es gibt gerade eine Menge zu regeln.“ Mal davon abgesehen, dass ich und meine Schwester einen Großteil der Zeit damit verbracht hatten, uns totzustellen und lethargisch auf dem Sofa zu sitzen, unterbrochen lediglich von kurzen Phasen der Nahrungsaufnahme.
„Wann genau?“
„Am Mittwoch. Um zwölf.“
„In Ordnung. Meine Eltern werden wohl nicht mitkönnen, aber Anna und Jan kommen.“
„Okay.“
„Kann ich dir noch irgendwas abnehmen? Brauchst du Hilfe bei irgendwelchen Telefonaten oder gibt es noch andere Dinge zu klären? Du kannst es mir auf jeden Fall sagen, ich würde mich freuen, wenn ich dich irgendwie entlasten könnte.“
„Nein, ist schon gut. Ich hab soweit alles im Griff.“
„Okay. Wie geht es Ell?“
„Beschissen geht’s ihr.“ Dämliche Frage. „Und bei dir, soweit alles okay?“
Zögern am anderen Ende der Leitung. Dann die Antwort: „Ich kann es immer noch nicht fassen, dass Rupert einfach nicht mehr da ist. Ich habe irgendwie trotzdem noch das Gefühl, wir frühstücken nächsten Sonntag nach dem Aufstehen wieder zusammen. So wie immer.“ Sie klang ein bisschen wie meine Großmutter.
Dennoch. Glückliches Mädchen, dachte ich. Sie hatte noch nie jemanden verloren. Bis auf meinen Dad jetzt.
„Du fehlst mir, Danny.“ Ein Seufzen stahl sich unwillkürlich aus meiner Brust. „Ich wünschte, ich könnte jetzt bei dir sein.“ Ich seufzte erneut. „Ist es okay, wenn ich vorbeikomme?“
„Wir sehen uns wohl erst am Mittwoch“, leh nte ich ab. „Ell will zur Zeit einfach niemanden um sich haben und ich denke, das schließt dich mit ein. Gerade hab ich auch schon mit meiner Oma telefoniert, sie hatte auch angeboten, uns ein paar Monate aufzunehmen. Aber Ell kann Leute zur Zeit nicht ertragen. Ich glaube, sie ist ganz froh, dass Oma nach der Beerdigung relativ bald wieder fährt und nicht noch länger hier bleiben kann.“
Wäre ich ehrlich gewesen, hätte ich nicht alles auf Ell geschoben, sondern gesagt, dass ich derjenige war, der niemanden sehen wollte . Der mit niemandem sprechen wollte. Der froh war, wenn Oma wieder abgereist war.
„Und ich kann Ell ja auch schlecht einfach a llein lassen.“
„Du hast Recht. Verständlich. Dann sehen wir uns am Mittwoch. Ich soll dich übrigens von Jule und Lukas grüßen. Und Vera hat auch nach dir gefragt.“
„Grüße zurück. Wir müssen die Tage mal wi eder was zusammen trinken gehen.“
„Ja, das wäre wirklich schön.“
Ich tauschte noch ein paar Artigkeiten mit meiner Freundin aus, wie es wem so ging und so weiter, war aber weder mit dem Herzen noch mit dem Kopf dabei.
Das schwarze Loch in meinem Bauch wurde wieder stärker, so stark,
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