Grounded (German Edition)
gesoffen gestern?“
„Kann man so sagen.“
„Seit wann säufst du dich alleine auf der Couch ins Koma? Und wo sind die Beweisstücke?“
Luzifer gähnte und streckte seinen plüschigen Kaninchenkörper aus. Ell kraulte ihn zwischen den Ohren. „Jaaa. Du bist ja mein Süßer.“
„Äh. Naja, alleine kann man nicht sagen. Ich war gestern auf der WG-Einweihungsparty von Vera und Lukas. Hatte ich eigentlich vergessen, aber Lukas hat mich, kurz nachdem du weg bist, angerufen und dran erinnert.“
„Aha.“ Sie widmete sich wieder dem TV-Bildschirm, ich ging in die Küche und schmierte mir ein paar Brote. Dann gesellte ich mich zu Ell und dem Kaninchen. Die Folge, die bis eben über den Bildschirm geflimmert war, endete gerade mit einem wenig originellen Cliffhanger-Kuss.
„Boah, dieser Alex“, fing meine Schwester umstandslos an zu zetern, kaum, dass ich einige Bissen heruntergebracht hatte, „der will allen Ernstes, dass ich die Woche mal bei ihm zuhause vorbeikomme.“
„Gab es Probleme mit dem Referat?“
„Nee. Damit sind wir so gut wie fertig. Aber er hat ein paar von meinen Bildern gesehen. Und welch Überraschung, zufällig zeichnet er auch. Er will, dass ich mir das mal angucke und ihm meine Meinung sage. In die Schule mitbringen will er den Kram natürlich nicht, das sei ihm zu peinlich.“ Sie gestikulierte gereizt herum. „Meine Meinung kann er kriegen, darauf kannst du wetten. Wahrscheinlich kann der bloß so ein paar hässliche Sprayer-Tags, oder wie der Schmutz heißt, und hält sich jetzt für nen großartigen Künstler. Oder, noch besser, er zeichnet komplett langweilige und unoriginelle Stillleben. Boah, ich hab keinen Bock da drauf, ehrlich.“
„Meine Güte. Hat dir der Kerl irgendwas g etan?“
„Er ist ätzend, das reicht doch“, knurrte sie. „Wie er immer auf unnahbar und cool macht, total albern. Hauptsache mit niemandem sprechen und sich nicht mit dem Pöbel abgeben. Voll der Schnösel.“
„Offenbar gibt er sich ja mit dir ab. Wenn du von ihm sogar ne Einladung nach Hause gekriegt hast.“
„Der will doch nur angeben. Bestimmt wohnt der in übelst der schönen Luxus-Wohnung und will sich nur aufspielen. Uuh, guck mal mein schönes Haus und hiiiiier, guck mal meine hässlichen Bilder, wie super die sind.“ Sie verschränkte genervt die Arme vor der Brust.
„Geh halt nicht hin, wenn du keine Lust drauf hast.“
„Oh doch, und ob ich hingehe. Der hat ne Le ktion verdient und ich bin genau die Richtige, um ihm die zu verpassen.“
„Wenn du meinst. Ich muss grade noch mal für ein, zwei Stunden weg. Kommst du allein zurecht?“
„Wo gehst du denn jetzt noch hin?“
„Äh. Ach. Ich hab noch was bei Lukas liegen lassen. Das hol ich noch schnell“, log ich.
„Was hast du denn vergessen?“
Mir fiel auf die Schnelle nichts Glaubhaftes ein. „Sei nicht so neugierig.“ Ich begab mich in den Flur und zog Jacke und Schuhe an.
„Man wird ja wohl noch fragen dürfen“, hörte ich Ell noch maulen, bevor ich die Tür hinter mir zuschlug.
Als ich das Haus verließ, stellte ich fest, dass es regnete. Natürlich. Es musste regnen. Und natürlich hatte ich keinen Schirm dabei.
Egal.
Ich rannte zur Bushaltestelle. Ein Blick auf die Fahrtentafel verriet mir, dass der Bus gerade vor zwei Minuten abgefahren sein musste, der nächste kam in zwanzig Minuten. Natürlich.
Egal.
Dann würde ich halt laufen. Rennen. Was waren schon neun Busstationen? Das Wetter war glücklicherweise nicht ganz so miserabel, wie es in einem schlechten Drama der Fall gewesen wäre. Es gewitterte und blitzte nicht und es goss auch nicht in pathetischer Menge aus Eimern, im Gegenteil schraubte sich der Niederschlag sogar zu einem erträglichen Nieseln herunter. Die Straßen waren trotzdem nass und pfützig.
Ich war keine zwei Minuten gerannt, da fuhr der Bus an mir vorbei. Vor Wut gelang es mir, schneller zu laufen, ich holte ihn aber dennoch nicht bis zur nächsten Haltestelle ein. Fluchend verlangsamte ich mein Tempo, denn allmählich bekam ich Seitenstechen.
Keine Zeit zum Schwächeln. Ich musste zu N athalie.
Möglicherweise war sie gar nicht zuhause.
Möglicherweise würde ich gar nicht bis zu ihr durchkommen, weil ihre Eltern mir im Vorfeld die Tür vor der Nase zuschlugen. Oder aber sie würden mir sagen, dass ich das Letzte war und nie wieder vorbeikommen sollte, dass Nathalie mich nicht mehr sehen wollte.
Ich verdrängte diesen Gedanken. Es war nicht der richtige Moment um
Weitere Kostenlose Bücher