Grounded (German Edition)
schon, wie du es nennen wirst? Es ist ein Männchen.“ Nathalie beugte sich neugierig über das kleine Tier, bevor sie sich eine Strähne ihres langen Haares hinters Ohr strich.
„Es ist schwarz. Ich finde es offensichtlich, dass es der Fürst der Finsternis ist. Von daher – Satan.“
„Es hat weiße Punkte.“
„Auch wahr.“ Ell überlegte und wendete das Kaninchen auf ihrem Schoß hin und her um es eingehend zu studieren. „Nun gut. Es hat wirklich zu viele weiße Flecken, Satan kauft ihm keiner ab. Ich nenne dich Luzifer. Der Lichtbringer.“ Sie drückte dem zitternden Tier, das panisch nach Luft schnappte, einen Kuss auf die befellte, kleine Stirn.
„Es ist ein winzig kleines Kaninchen. Kannst du dir keinen schöneren Namen ausdenken?“, warf Danny ein.
„Luzifer passt perfekt.“
„Bitte, wenn du meinst.“
„Komm, Ell, wir suchen einen schönen Platz für Luzifer in deinem Zimmer.“ Luzifer wurde wieder in seinen Käfig gesetzt und von den Mädchen in Ells Zimmer geschleppt.
Danny machte sich in der Zwischenzeit daran, seine Geschenke zu öffnen. Seit jeher packte er Präsente eigentlich am liebsten allein aus, ohne dass jemand daneben stand und seine Reaktion beäugte. In Ells Päckchen fand er einen Fahrplan und eine Stadtkarte. Dazu eine kleine Broschüre „10 kleine Übungen zum Steigern der Konzentration“. „So ein Luder“, murmelte er einerseits verärgert, andererseits bereits wieder mit einem Lächeln auf den Lippen.
Sein Herz begann schneller zu schlagen, als er nach Nathalies Geschenk griff. Er wusste, dass sie kaum Geld hatte. Hoffentlich hat sie nicht so viel ausgegeben , dachte er, während er geduldig einen Klebestreifen nach dem anderen von dem Geschenkpapier abpulte, um es nicht zu beschädigen.
Zum Vorschein kam zuoberst ein selbst geba steltes Gutscheinheftchen. Auf liebevoll gestalteten, kleinen Kärtchen versprach Nathalie ein leckeres von ihr gekochtes Abendessen, eine ausgiebige Massage und geduldige, nörgelfreie Begleitung zu einem Action-Film.
Zu den Gutscheinen gab es eine CD, die N athalie für ihn zusammengestellt hatte. Später fand Danny heraus, dass Ell ihr viele Tipps für das Design des Covers gegeben hatte, auch wenn sie sich geweigert hatte, in irgendeiner Form zeichnerisch tätig zu werden. Auf der CD befanden sich zwanzig Tracks. Abwechselnd je ein Lieblingssong von Danny und einer von Nathalie.
„Neeeeeein! Du hast ja schon ausgepackt! Danny, warum wartest du denn nicht? Ich wollte doch dein Gesicht sehen.“ Nathalie stemmte die Hände in die Hüften und machte ein vorwurfsvolles Gesicht. Das breite Grinsen auf ihren Lippen ruinierte den Tadel ein wenig.
„Zu schade. Bis eben habe ich geweint. Wie ein kleines Baby. Nun ist der Moment vorbei.“
„Blödmann.“ Nathalie setzte sich zu ihm und ließ sich in den Arm nehmen.
„Wundervolle Idee, Engelchen. Besonders freue ich mich auf das Essen. Darf ich mir was wünschen?“
„Äh. Prinzipiell ja.“
„Gut. Ich bestehe auf ein Vier-Gänge-Menü. Mit Putenbraten. Und Rosenkohl. Und einer Suppe als Vorspeise. So mit kleinen Klößchen drin, du weißt schon. Als Nachtisch bitte Schokoladenpudding. Alles selbst gemacht, versteht sich. Und einen guten Wein. Der kann gerne gekauft sein, ich glaube deine Eltern wären nicht begeistert, wenn du ihre Badewanne für Winzer-Zwecke missbrauchst.“
„Och, du spinnst doch.“
„Los, Leute, wir brauchen Karotten. Luzifer hat Hunger!“, platzte Ell dazwischen.
„Luzifer ist doch nicht Bugs Bunny.“
„Na und? Hunger hat er trotzdem.“
Es war in genau diesem Moment.
In diesem Moment, als Danny, Ell und Nathalie gemeinsam um den Käfig herumsaßen und beobachteten, wie Luzifer, das Kaninchen, vorsichtig begann, an seiner Mohrrübe zu knabbern. In diesem Augenblick hatte Danny zum ersten Mal das Gefühl, dass es vielleicht doch gehen würde.
Vielleicht war der Verlust seiner Mutter doch nicht das Ende der Welt; etwas, das ihn für immer in jeder Minute für den Rest seines Lebens belasten würde.
Möglicherweise würde die Wunde tatsächlich heilen, das Loch sich allmählich schließen. Vielleicht würde er eines Tages wieder dauerhaft unbeschwert und glücklich leben können, ohne dass der Gedanke an sie alle Dinge überschattete und trübte. Und vielleicht wäre seine Mum dann nichts weiter, als eine seiner schönsten Erinnerungen, die, wie eine Narbe, manchmal ein wenig juckte.
*
Track sieben war einer ihrer
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