Grrrimm (German Edition)
Mal sagte, füllten sich ihre Wangen mit Blut, der Brustkorb hob und senkte sich, und dann schlug die Bauerntochter die Augen auf und fragte: »Wer seid ihr?«
»Geschafft! Was bist du nur für ein Teufelskerl, Bruder Gemach!«, rief Bruder Lustig. Er stieß die Fensterläden auf, dass die Sonne hereinschien, sah noch einmal in den umgestürzten Kessel, aber darin war nur ein Rest klarsten Wassers, und auch der Herr Jesus hatte nicht einen einzigen Blutspritzer mehr im Gesicht.
Nun kamen die Bauern herein, das Wunder zu bestaunen, und der Vater schloss unter Tränen seine Tochter in die Arme. Er holte einen Packen Geldscheine aus der Hosentasche.
»Das ist alles, was ich habe.«
Aber der Herrgott wollte das Geld nicht nehmen.
»Sei nicht blöd, wir können es doch gebrauchen«, zischte ihm Bruder Lustig zu. »Außerdem gehört die Hälfte davon mir. Du kannst es nicht einfach ausschlagen.«
Der Herr Jesus aber wollte nichts nehmen, so sehr ihn der Bauer auch drängte. Da ging der Bauer hinaus und kam mit einem Lamm wieder und sagte, das dürfe der Meister nicht ablehnen, und als der Herr Jesus abermals den Kopf schüttelte, drückte der Bauer das Lamm einfach dem Bruder Lustig in die Arme, der es sich auch sofort über die Schultern legte.
Als sie weiterzogen, wurde es dem Bruder Lustig aber bald schon beschwerlich, das Lamm zu tragen. Er setzte es auf den Boden, schnitt ihm die Kehle durch, zog das Fell ab und machte ein Feuer zwischen zwei großen Steinen.
»Ich gehe mir ein wenig die Füße vertreten«, sagte der Herr Jesus, »vom Kochen verstehe ich sowieso nichts. Aber warte mit dem Essen, bis ich wieder da bin. Versprichst du mir das?«
»Ja, ja«, sagte Bruder Lustig, nahm die Eingeweide aus dem Lamm, spießte den Braten auf einen dicken Ast und hängte ihn über das Feuer. Herz, Leber und Nieren aber legte er auf die Steine, dorthin, wo die bereits heiß geworden waren. Binnen Kurzem kitzelte ihn der Geruch von Gebratenem in der Nase. Warum muss der Bruder Gemach jetzt auch unbedingt spazieren gehen, dachte Bruder Lustig, als wenn wir nicht schon den ganzen Tag gelaufen wären. Er schnitt sich ein Stück vom Herz ab, um zu prüfen, ob es gar war. Eigentlich ist es ja mein Lamm, dachte Bruder Lustig, wenn es nach Bruder Gemach gegangen wäre, könnten wir jetzt Gras kauen. Er schnitt sich ein Stück von der Leber ab. Das Gekröse zählt nicht, dachte Bruder Lustig und verschlang nacheinander das Herz, die Leber und die Nieren.
Endlich kam der Herr Jesus zurück und setzte sich ans Feuer.
»Du musst Hunger haben«, sagte Bruder Lustig, »ich lös dir eine schöne fette Keule aus.«
»Nein danke«, sagte der Herr, »du kannst das ganze Lamm allein essen. Ich möchte bloß die Leber.«
Bruder Lustig stand auf, nahm sein Messer und stocherte lange und tief in dem Lamm herum.
»Ach wie dumm wir sind«, rief er plötzlich und lachte, »ein Lamm hat ja gar keine Leber. Da können wir lange suchen.«
»Aber gewiss doch«, sagte der Herrgott, »ein jedes Tier hat eine Leber.«
»Aber gewiss doch nicht«, rief Bruder Lustig erbost. »Ein Lamm hat keine Leber, ein Pferd kann nicht kotzen, auch nicht direkt vor der Apotheke, und wenn du mir nicht glaubst, such doch selbst. Es ist keine Leber da.«
»Wo mag sie wohl hingekommen sein«, fragte Jesus.
»Von deinen Fragen wirst du nicht satt«, erwiderte Bruder Lustig versöhnlich. »Hier nimm eines von den knusprigen Rippchen.«
Aber der Herrgott weigerte sich, auch nur einen Bissen von dem Lamm anzurühren, solange er nicht erführe, wohin die Leber gekommen sei. Bruder Lustig musste es sich allein schmecken lassen und am Ende das restliche Fleisch in seinen Tornister packen. Dann wanderten sie weiter, bis ihnen ein Fluss den Weg abschnitt.
»Geh du voran«, sagte Bruder Lustig zum Herrn, »wer weiß, wie tief das hier ist, und ich kann nicht schwimmen.«
Der Herr Jesus schritt ohne zu zögern durch die Furt, und das Wasser reichte ihm nur bis zum Knie. Bruder Lustig ging ihm nach, aber kurz bevor er das Ufer erreichte, versank er bis zu den Schultern. Die Strömung war stark und drohte, ihm die Beine wegzureißen.
»Reich mir deine Hand und hilf mir heraus«, rief Bruder Lustig.
»Erst will ich wissen, wohin die Leber gekommen ist«, sagte der Herr.
»Was für eine Leber? Es gab keine«, rief Bruder Lustig und versuchte sich allein aus dem Fluss zu kämpfen, geriet aber bloß in eine noch größere Untiefe. Das Wasser reichte ihm nun bis zur
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