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Gruber Geht

Gruber Geht

Titel: Gruber Geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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wollte ihn sehen, und ich wollte dass das, was und wie es am Schluss war, wieder ausgeglichen und aufgehoben und kompensiert wird. Das Auflegen war superanstrengend, der Club war voll und ein paar Kerle waren ziemlich lästig. Ich hatte gedacht, die Schweizer wären höflich und zurückhaltend, aber gib denen ein paar Schnäpse und sie drehen schlimmer auf als die Engländer. Einmal musste sogar der Geschäftsführer eingreifen, weil einer richtig ungut geworden ist. Und John kam nicht. Ich legte bis fünf auf und ich hoffte bis fünf, und drei- oder viermal habe ich gedacht, das isser jetzt, aber er war’s nicht und er kam nicht. Als ich wieder im Hotel zurück war, sah ich Licht in seinem Zimmer, aber ich habe nicht angeklopft. Unmöglich, nach dem, was zuletzt war. Ich habe im Bett noch ein Bier getrunken, ich konnte überhaupt nicht einschlafen, ich war total aufgewühlt, und nach der Auflegerei ist es immer schwer, wieder runter zu kommen, da ist man immer so aufgepusht. Dann habe ich bis Mittag geschlafen – ich hatte den Rückflug extra für den Nachmittag gebucht – und als ich in die Lobby ging, um zu sehen, ob es noch Frühstück gibt, gab mir der Kerl an der Rezeption einen Zettel. Eine Nachricht von John. Er war weg, zurück nach Wien geflogen. Er schrieb, es sei schön mit mir gewesen, dazu seine Handynummer. Nichts über die Sache. Und nichts in der Art, dass er hofft, wir sehen uns wieder oder dass ich mich melden soll oder so, obwohl seine Nummer ja vielleicht genau das bedeutet, oder was sonst? Und darunter: X X , John. Nicht, XX X , nur X X . Hm. Weiß nicht, ob ich mich melde. Ich meine, der hat jetzt andere Sorgen. Und außerdem war es am Ende dann schon sehr merkwürdig.
    Weil, der erste Sex war toll, überraschend gut für ein erstes Mal, aber dann hab ich Idiotin diesen Brief gefunden und aufgemacht, mit dieser Krebs-Nachricht, was ich dir erzählt habe. Und beim zweiten Mal war er ... Er war ziemlich grob und ... hm ..., und weißt du, das passt nicht zu mir, aber ich fand es okay. Ich neige nicht zum Masochismus, aber ich habe mich irgendwie schuldig gefühlt, weil ich ihm ja die Nachricht überbracht hab. Ich habe ihm diesen schrecklichen Brief vorgelesen. Ich habe ihm gesagt, dass er vielleicht sterben wird. Und danach lagen wir erst einfach mal da und tranken und rauchten, er hat nichts mehr gesagt, ich habe nichts mehr gesagt, ich meine, was hätte ich sagen sollen? Dass schon alles irgendwie gut wird? Dass er das schon schaffen wird? Dann lieber gar nichts. Das Schweigen war furchtbar. Da habe ich ihm einen geblasen, und zuerst lag er einfach nur so da und starrte in die Luft, aber sein Schwanz hat ziemlich schnell reagiert. Und auf einmal hat er mich gepackt und auf den Bauch gedreht und sich auf meine Beine gesetzt und ich hörte ihn mit dem Gummi herumnesteln. Dann hat er mich ... äh ..., nein, das erzähle ich jetzt nicht. Aber normalerweise macht das beim ersten Mal keiner mit mir, keiner. Absolutes NoGo beim ersten Mal. Und beim zweiten und beim dritten Mal eigentlich auch, dafür möchte ich einen schon besser kennen.
    Aber andererseits ist einem einer, dem man möglicherweise gerade das Todesurteil verkündet hat, auch nicht mehr ganz fremd. Und er tat mir scheißleid. Was er vermutlich gemerkt hat. Und ich wusste irgendwie auch, dass er das jetzt macht, damit ich eben kein Scheißmitleid mit ihm habe, der wollte mir wahrscheinlich beweisen, dass er noch lebt, und zwar vollumfänglich von oben bis unten, und dass er handlungsfähig ist und seinen Willen hat, einen sehr starken, unbeugsamen Willen, so irgendwie. Dass der Tumor ihn nicht unter Kontrolle hat, dass er noch viel Kraft hat, oder was weiß ich. Danach lag ich so eingerollt in seinem Arm und fühlte mich klein und erledigt und aufgerieben. Aber irgendwie fand ich es selbst, na ja, eigentlich auch geil. Ich glaube, er hat das gebraucht. Und ich hätte ja nein sagen können, habe aber nicht. Ich habe ihn machen lassen. Und es war auch schon deshalb okay, weil ich ja wusste, dass er auch anders kann, netter, wie davor. Aber ich weiß jetzt eben auch, wie er noch kann, und sowas sollte man auf keinen Fall vergessen, so viel weiß ich jetzt doch schon über das Leben, dass ein Kerl, der einmal rücksichtslos ist, immer wieder rücksichtslos sein kann. Siehe Jürgen, aber der war ja eigentlich nur rücksichtslos, ausschließlich.
    Aber John, der kann eben nicht bloß rücksichtslos. Davor, das war toller, geiler,

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