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Gruber Geht

Gruber Geht

Titel: Gruber Geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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Schritt zur Seite gemacht (ach nä, jetzt hat doch der fiese Pius ein Tor geschossen, das ist doch!). Und einmal hat er ihnen am Abend, weil Kathi mit dem Einkochen Dutzender Flaschen Holunderblütensaft nicht fertig geworden war, tatsächlich eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen, etwas sehr modernes, feministisch und pädagogisch Wertvolles von einer, wie Gruber fand, ziemlich brutalen und sehr ungepflegten Prinzessin, die Hexen vermöbelte und einen Prinzen nach dem anderen zum Teufel schickt. Er hatte in der Kinderschlafkiste auf der Matratze der Kinder gesessen, Pius auf seinem Schoß, und der war dann auch prompt an Grubers Brust gelehnt eingeschlafen, na bravo. Gruber hatte nach Kathi brüllen wollen (Kathi! Dein Kind ist auf meinen Knien eingeschlafen! Mach was!), hatte sich dann aber besonnen, sich mit dem Kurzen über der Schulter ächzend hochgestemmt und ihn in sein Gitterbett gelegt. Und gut zugedeckt. Und ihm sein Lieblingskuscheltier vorsichtig neben den Kopf gebettet. Und Kathi hatte genau in diesem Moment gutenachtkussbedingt das Kinderzimmer betreten. Und ihn dabei ertappt. Und jetzt war sie deswegen offensichtlich auf dumme Gedanken gekommen, auf sehr dumme, sehr sauverdammtscheißverfluchtdumme Gedanken.
    Also, sagt Kathi, rundheraus, ob sie und Tom also morgen auf diese Hochzeit gehen könnten.
    Hm. Wo die denn sei.
    Na, in Wien, in einem Wirtshaus, sie würden dann einfach (nein, brüllen Grubers Gedanken, nein, sag es nicht! Bitte verlang das nicht auch noch von mir! Nein! Nein! Nein!), sie würden dann einfach in der Wiener Wohnung übernachten, weil nach einer Hochzeit mit Gesaufe und so noch weit fahren, das wäre ja ein Blödsinn.
    Stimmt, das wäre echt ein Blödsinn, sagt Gruber, aber er sei sich wirklich nicht sicher, ob er das könne. Er meine, sie kenne ihn doch! Hallo? Er, Johnny? Der depperte, unzuverlässige kleine Bruder? Habe sie wirklich so viel Vertrauen in ihn, dass sie ihm ihre kostbare Brut anvertraue?
    Habe sie.
    Aber Tom habe so ein Vertrauen doch ganz gewiss nicht!
    Habe er.
    Ach so?, Tom? Jetzt ernstlich? Wie jetzt das? Nun, vor allem aber: Die Kinder, ob denn die Kinder, die Kinder, die würden ihn doch nicht so gut kennen, ob denn die damit einverstanden wären, also er glaube nicht, dass denen das gefallen würde.
    Würde es, sagt Kathi.
    Was, sie habe schon mit den Kindern geredet??
    Habe sie. Die Kinder fänden das eine tolle Idee.
    Im Ernst? (Erpressung, denkt Gruber, miese, fiese Erpressung.)
    Im Ernst, er schaffe das schon, das sei gar nicht so schwierig, sie und Tom würden auch sofort am nächsten Tag in aller Herrgottsfrühe zurückrasen, spätestens um zehn oder elf seien sie wieder da. Ganz bestimmt. Und sie sei sicher, dass er das super checke, mit den Kindern, sie habe in den letzten Tagen das Gefühl, dass er tatsächlich ein bisschen erwachsener geworden sei, auch wenn sie daran eigentlich nicht mehr geglaubt habe. Aber. Aber er könne natürlich nein sagen, es sei überhaupt kein Problem, wenn Gruber sich entschlösse, nein zu sagen, sie wäre ihm nicht böse, wenn er nein sagte, wirklich, ganz ehrlich, überhaupt nicht, sicher nicht, er könne ruhig nein sagen.
    Gruber lacht sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Hahaha. Na klar. Überhaupt kein Problem. Einfach nein sagen? Für wie bescheuert hält Kathi ihn? Für wie eingeschränkt hält sie sein Erinnerungsvermögen? Glaubt sie, der Non-Hodgkin hätte auch in seinem Gedächtnis Metastasen gebildet, oder was? Er hat sie damals, vor hundert Jahren, einmal, ein einziges Mal nicht zu ihrem Dealer gefahren. Nein, stimmt nicht, er hatte nur einmal versucht, sie nicht zu ihrem Dealer zu fahren. Er wird das nie vergessen. Meine Herren.
    «Nein», sagt Gruber ernst und betrachtet aufmerksam Kathis Gesicht. Ihre Augen bewölken sich. Die Lider werden grau. An ihren Mundwinkeln zeigen sich Gräben. «Nein», sagt Gruber noch einmal und grinst Kathi nieder, bevor es nicht mehr aufzuhalten ist, «nein, ich mach’s eh. Mach ich’s halt. Sie werden mich schon nicht killen. Sie werden mich nicht killen, oder?» Und Kathi fällt ihm tatsächlich, was Gruber hochunnötig und radikal overacted findet, um den Hals, sodass der Rest des Kaffees aus Grubers
Mutti
-Tasse direkt auf seine Jeans schwappt. Auf seine Acne-Jeans, Himmelherrgott.
    «Ich wasche heute eh Dunkles», sagt Kathi.
    «Das ist gut», sagt Gruber.
    Und dann fahren sie tatsächlich weg, Kathi und der Spießer. Sie fahren, während Gruber mit den Kindern

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