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Gruber Geht

Gruber Geht

Titel: Gruber Geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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glaube ja eigentlich nicht an so Dreck. Aber bei dem hatte ich so ein Gefühl, das Gefühl hat mich gepackt und verschwand nicht, gegen alle Wahrscheinlichkeit. Obwohl er sich so lange nicht gemeldet hat und obwohl sich danach immer mehr zeigte, dass der ganz anders ist als ich. Zum Beispiel, als der mir beim Essen, ich weiß gar nicht mehr in welchem Kontext, erzählt hat, dass er einen Porsche fährt. Ich meine, einen Porsche! John, der John, in den ich so verschossen bin, fährt Porsche. Und Porsche-Fahrer gehen natürlich gar nicht, alle Männer, die Wert auf ihr Auto legen, gehen eigentlich nicht, und dann auch noch ein Porsche ... Meine Güte. Allenfalls vielleicht Männer, die Volvos fahren, eckige Volvos aus den achtziger Jahren, sowas gefällt mir, moosgrün am besten, weiß auch nicht warum. Vielleicht weil meine Mutter mich einmal aus so einem herausgezerrt hat, als ich sechzehn war. Während ich mit dem Volvobesitzer geknutscht habe. Sie hat mich abgepasst, war saupeinlich. Damals wollte man ja immer älter sein, und das zeigte, wie jung man noch war, wenn die Mutter einen aus dem Wagen holen konnte, während der Kerl schon fahren durfte. Peinlich, peinlich. Der war aber orange, der Volvo, das weiß ich noch, aber ich habe keine Ahnung mehr, wie der Kerl hieß, war ein Idiot, soweit ich mich erinnern kann. Jedenfalls habe ich danach nicht mehr mit ihm geknutscht, oder er nicht mehr mit mir, weiß ich nicht mehr. Aber Volvos mag ich seitdem. Felix hat einen Volvo, einen schwarzen, so ein langes Teil, Familienauto. Mag ich auch, hat mir gleich gefallen. Sogar in der Familienversion. Obwohl mir Autos sonst genauso wurscht sind wie Männer, denen Autos nicht wurscht sind. Normalerweise. Ich finde, ein Mann, ein richtiger Mann, sollte seine Energien für etwas Wichtigeres verwenden als ein Auto. Ein Mann, der seine Energien auf ein Auto und die Wahl eines Autos verwendet, kommt mir immer irgendwie, ehrlich gesagt, minderbemittelt vor. Und ein richtiger Mann fährt auch keinen Porsche, nur halbe Männer fahren Porsche, wenn du mich fragst, dann wurde der Porsche überhaupt nur deshalb erfunden, um halbe und viertel Männer zu vervollständigen, ein Porsche ist ... Jaja. Ich weiß schon, ich steigere mich da rein. Kennst du schon, den Sermon. Ich weiß. Aber der Porsche hat mich wirklich schockiert, also zuerst. Dabei hat er mich gar nicht überrascht, ich meine, John, seine Schuhe, seine Hemden, seine Haare, das sah alles einwandfrei Porsche-kompatibel aus. Aber dass er dann tatsächlich einen fährt, das war nun irgendwie echt zu viel Klischee. Dass ich das nicht gespürt hatte ... Normalerweise spüre ich so was und bin auch schon wieder weg. Bei dem nicht, vielleicht, weil bei dem alles so offensichtlich und da schon wieder echt war. Ganz offensichtlich inkompatibel zu mir, nur dass ich das dann auf einmal interessant fand. Auf so eine Schicksalsdingsweise, blöd, ich weiß schon. Ist jetzt wirklich nicht so, dass ich heimlich auch auf Porsches stehe und sie nur deshalb ablehne, weil ich mir nie einen leisten werde können oder weil sich die Porschefahrer für eine wie mich nie interessiert haben ... nein! Sondern weil es für mich ein Signal war, dass diesmal vielleicht alles anders ist. Sogar das scheiß Auto. Wirklich alles ganz anders. So anders, dass es vielleicht, im Unterschied zu allem Bisherigen, wo alles stilmäßig korrekt und porschefrei und ideologisch kompatibel war und trotzdem nicht funktioniert hat, richtig wirkt und eine Zukunft hat. Dass unsere Harmonie vielleicht genau in der Dissonanz liegt, darin, dass wir eben nicht gleich sind. Keine Spiegel, in denen man nur immer sich selber sieht und sehen will. Sondern er. Und ich. Er so und ich so, nicht zu vergleichen. Und, ja, mir ist klar, dass ein Porsche dafür ein sehr, sehr eigenartiges Symbol ist, ich weiß das. Aber es war ja nicht nur das. Es waren auch seine Augen. Er hat diese hellgrauen Augen. So Fenster-Augen. Durch braune Augen sieht man nie durch, man planscht so ein bisschen drin herum, es ist warm und angenehm, aber man kommt nicht durch. Bei John habe ich manchmal das Gefühl, ich sehe durch seine Augen mitten hinein in ihn. Ja, das klingt trivial. Aber er macht sich so auf mit diesen Augen, er schaut dich an mit diesen Augen, und du hast plötzlich das Gefühl einer derartigen Ehrlichkeit, einer totalen Preisgabe, es ist wie ... Ich weiß nicht, man hat plötzlich das Gefühl, als habe man Verantwortung für ihn. Es ist

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