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Gruber Geht

Gruber Geht

Titel: Gruber Geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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ich im Wartezimmer saß, wie ich die Narkose bekam und dachte: Wenn ich aufwache, ist alles wieder wie vorher, ist alles wieder normal, ist alles gut. Ruth, mit der ich damals in einer W G mit noch drei anderen wohnte, holte mich ab. Es ging mir derart prima danach, dass wir uns sogar noch in ein Café in der Nähe setzten. Ich weiß noch, dass ich zwei Becher Kakao trank und zwei große Tortenstücke aß, zur Belohnung und weil ich so hungrig war. Ich blutete sechs Wochen und hatte nicht eine Sekunde ein schlechtes Gewissen oder das Gefühl, nicht das Richtige gemacht zu haben. Niemals, bis heute nicht. Ich habe es nie bedauert, dieses Kind nicht gekriegt zu haben und bedauere es auch jetzt nicht.
    Doch nun. Nun war alles ungewiss. Ich kriegte die Wochen irgendwie rum. Ich erzählte Juli nichts, obwohl sie öfter anrief als sonst und ständig fragte, wie es mir gehe, das ist diese Zwillingssache, man merkt einfach, wenn mit der anderen etwas nicht stimmt. Ich machte meine Sendungen. Ich legte auf, fuhr mit dem Rad herum und ging viel aus, mit Ruth, mit Prinzessin Florian, der gerade schrecklichen Liebeskummer hatte wegen eines Kerls aus München, mit Leuten aus dem Sender, einmal traf ich Felix auf einen Kaffee und erzählte ihm natürlich nichts. Ich rauchte. Ich trank Wein und Bier und Gin Tonics, und jedes Mal, wenn ich trank, dachte ich an die Sache in mir und sagte mir ausdrücklich, dass es der Sache ganz egal war, was ich trank und wieviel und ob ich rauchte, weil in vierzehn, elf, zehn, acht, sieben, sechs, drei, zwei Tagen würde die Sache eh Geschichte sein, verschwunden, weg, also Prost. An dem Donnerstag, als ich um elf Uhr den Termin hatte, war ich um acht wach, aß und trank nichts, weil ich ja wegen der Narkose nüchtern bleiben musste, zog etwas leicht Aus- und Anziehbares aus dem Schrank, eine alte Unterhose, B H , lockere Jeans, ein Shirt, packte mir dicke Binden in meine Tasche, dann sortierte ich ein paar Platten, räumte die Wohnung auf, putzte den Kühlschrank und dachte an nichts. Versuchte jedenfalls an nichts zu denken. Kurz vor halb elf ging ich runter und hinüber zum Taxistand am Rosenthalerplatz, stieg in den ersten Wagen und nannte die Adresse. Der Taxler assoziierte nichts damit, oder er tat zumindest so. Ich setzte mir einen Kopfhörer auf, ich wollte jetzt bestimmt nicht quatschen. Ich hörte Eels, die alte «Souljacker», hatte ich schon die ganze Zeit gehört, ist immer noch fantastisch. «Woman driving, man sleeping». Wir fuhren, es war grausam heiß, ich kurbelte ein Fenster herunter. Der Wind fuhr mir ins Haar. Ich dachte, dass ich siebenunddreißig bin. Ich dachte an John. Ein paar hundert Meter vor der Ambulanz fuhren wir an dem Café vorbei, in dem ich damals, nach dem letzten Mal, mit Ruth gesessen bin, das gab es also immer noch. Der Taxler hielt an der Ambulanz, ich zahlte elf Euro zwanzig und gab achtzig Cent Trinkgeld. Ich stieg aus und ging zum Eingang, ich sah das Messingschild mit der Aufschrift und die Klingelknöpfe der anderen Wohnungen und Arztpraxen. Es gab einen Dr. Vogel, Hals Nasen Ohren, und ich drehte nach rechts und marschierte in das Café, in dem ich damals mit Ruth gewesen war, und aß zwei große Stücke Sachertorte und trank zwei Tassen Kakao dazu. Und rief dann Ruth an und rief Juli an, und war schwanger und gedachte es zu bleiben, noch ungefähr sieben Monate lang.

Das war ich nicht. Das war ich nicht, hatte Gruber gedacht, nachdem ihm Sarah diese SM S geschickt hatte. «lieber john, es ist so: ich kriege ein kind. also wir. also, je nachdem. kuss aus berlin, sarah.» Das war ich nicht! Nachdem er eine halbe Minute nachgedacht hatte, hatte ihm geschwant: Das konnte er allerdings doch gewesen sein, es hatte da doch seinen stürmischen Auftritt in ihrem Hotelzimmer gegeben, seine super Nachmittagsperformance, tja, da war irgendwie keine Zeit gewesen für Gummierung. Also bitte. Einmal. Das war doch, also das war doch gar nicht möglich, nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit. Oder. Sowas kam doch gar nicht vor, praktisch nie. Na, so gut wie nie. Das war jetzt. Hm. Scheiße war das, ne.
    Und jetzt sitzt er mit Sarah in einem Restaurant in Berlin, und sie führen das Gespräch. DA S Gespräch. Er wäre lieber mit ihr in seinem Hotel. Oder bei ihr daheim. Er würde lieber mit ihr im Bett liegen, nackt, sie in seinem Arm, aber sie will das Gespräch offenbar an einem neutralen Ort führen, bekleidet, mit einem Tisch zwischen sich und Gruber.
    «Aber

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