Grün. Le vert de la Provence
er und fügte hinzu: „Anselm Bernhard, ich schreibe
für den Verlag des verstorbenen Monsieur Baumann. Seinetwegen sind Sie doch
wohl hier. Oder?“
„Erscheint Ihnen das so selbstverständlich?“
„Nein!“ Anselm trat einen kurzen Schritt zurück und
deutete mit einer vagen Geste an, Vidal möge eintreten. „Es ist eine reine
Annahme.“
Der Kommissar ging an ihm vorbei in die Mitte der zweigeschossigen
Eingangshalle, hob den Kopf und sah hinauf zur Galerie in der ersten Etage, an
deren Wänden moderne Gemälde hingen. „Madam Baumann ist auch im Haus?“ Er
drehte sich nach der Frage wieder zu Anselm um, der am Eingang stehen geblieben
war.
„Ist sie!“, sagte der und deutete auf eine Gruppe hoher
Sessel, die in der Halle für Besucher aufgestellt waren. „Es wird vielleicht
einige Minuten dauern. Machen Sie es sich bequem.“ Während Anselm ging, um
Valerie zu suchen, stützte Vidal sich auf eine der hohen Sessellehnen und sah
hinaus auf die Zufahrt, die zwischen Zypressen in einer sanften Biegung von der
Straße herabführte und in eine weite Kiesfläche mündete. Vor dem Eingang der
Bastide standen große glasierte Blumentöpfe mit sorgsam beschnittenen Lorbeer-
und Buchsstämmen. Um die Kiesfläche herum zogen sich ebenso sorgfältig
gepflegte und geschmackvoll arrangierte Pflanzungen, die nach und nach in eine
weitläufige Parklandschaft übergingen. Alles war regelmäßig bewässert worden
und wirkte auch in der derzeitigen Hitze üppig und frisch. Die Baumanns
beschäftigten einen talentierten und fleißigen Gärtner.
Ein warmer Lufthauch verbreitete sich in der Halle. Vidal
drehte sich um und sah Valerie, die lautlos auf ihn zuging, neugierig an. „Ich
bin Valerie Baumann“, sagte sie, „gibt es Probleme?“
Vidal schüttelte den Kopf. „Reine Routinefragen.“
„Welche? Alles lässt sich erklären. Sie haben doch nichts
dagegen, dass Monsieur Bernhard bei unserem Gespräch dabei ist?“
„Ganz im Gegenteil.“ Vidal lächelte. „Vielleicht hat er
ja eine Erklärung dafür, warum Monsieur Baumann in den Swimmingpool befördert
wurde, als er schon tot war.“ Er setzte sich in einen der Sessel und hob
fragend die Augenbrauen. Anselm erwiderte seinen Blick, blieb aber
unbeeindruckt.
Valerie antwortete, ohne Vidal anzusehen. „Ich weiß
nicht, was Sie damit meinen, Monsieur Vidal. Ich verstehe das nicht. Wieso war
mein Mann schon vorher tot?“
Anselm beobachtete, dass ihre Hände bei der Ausführung
des Kommissars ruhig blieben. Er hatte zumindest ein leichtes Zittern erwartet.
„Er starb, bevor er in den Pool fiel.“ Vidal lächelte
sanft. „Es wurde also eine Leiche ins Wasser befördert. Und wir möchten gerne
wissen, warum, und wer die Leiche in den Pool beförderte. Wir sind einfach
etwas irritiert, Madame, und hatten gehofft, Sie könnten uns vielleicht
helfen.“
„Kann ich nicht! Das ist alles sehr verwirrend für mich.“
Valerie schüttelte energisch den Kopf, Anselm betrachtete
nachdenklich die zerschlissenen Flip-Flops an seinen Füßen, während Vidal einen
zusammengefalteten Computerausdruck aus der Tasche zog, den er dann umständlich
auf seinem Oberschenkel glättete.
„Sie haben bei den Kollegen angegeben, dass Sie mittags
gegen ein Uhr nach Hause gekommen sind. Aus Aix , nicht wahr?“ Valerie
nickte stumm. „Gibt es jemanden in Aix, der uns bestätigen könnte, dass Sie
dort so, sagen wir mal, gegen elf Uhr, elf Uhr dreißig noch gewesen sind?“
„Ja, warum? Muss ich mich rechtfertigen? Weil mein Mann
gestorben ist?“ Sie klang ärgerlich.
Vidal blieb unbeeindruckt. „Ihr Mann, Madame Baumann, ist
mit großer Wahrscheinlichkeit beim Geschlechtsverkehr gestorben. Nachdem er
zuvor eine sehr hohe Dosis Clardonafil eingenommen hatte, eine Erektionshilfe.
Wenn Sie in Aix waren, so stellt sich für mich die Frage, mit wem er Geschlechtsverkehr
gehabt und wer den Toten in den Pool geworfen hat. Woraus die weitere Frage
resultiert, warum? Das sind unappetitliche Details. Aber ich muss trotzdem
herausfinden, was passiert ist – es ist schließlich ein etwas ungewöhnlicher
Vorgang.“
Valerie starrte Vidal ungläubig an und sank schließlich
in den Sessel ihm gegenüber, zog die Beine an den Körper und umschlang sie mit
den Armen. Anselm fand, dass es eine gute Inszenierung von Betroffenheit war.
Er begutachtete noch einmal seine Flip-Flops, hob dann plötzlich den Kopf und
zeigte ein bemühtes Lächeln. „Benzanafil!“, sagte er.
„Wie bitte?“,
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