Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grün. Le vert de la Provence

Grün. Le vert de la Provence

Titel: Grün. Le vert de la Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Burger
Vom Netzwerk:
zuvor
aufgefallen. Er riet einigen von ihnen, es in einer der Apotheken der
umliegenden Orte zu versuchen. Er wusste, dass sie manche Apotheken in der
Region direkt belieferte. Kurz vor elf Uhr kam ein Deutscher, der nach ihr
fragte und der ein Foto von Pauline hatte, das sie an ihrem Marktstand zeigte.
Es sei der Freund eines Freundes von ihr, sagte er, der ebenfalls Deutscher
sei. Jean-Noël wusste, wen er meinte. Er versprach, ihr eine Nachricht zukommen
zu lassen. Der Deutsche gab ihm seine Telefonnummer und kaufte mit
erstaunlichem Sachverstand etwas Käse.
     
    Gegen ein Uhr verließ er Montigny. Die Fahrt zu Paulines
Hof bedeutete für ihn einen Umweg von gut einer Stunde. Mehrere Kilometer
führten beständig bergan über einen schlecht zu befahrenden Schotterweg. Hinter
Paulines Hof ging dieser Weg in eine Piste über, die lediglich noch von
Allradfahrzeugen, Wanderern oder Mountainbike-Fahrern benutzt werden konnte.
Sein Lieferwagen wirbelte von der ausgetrockneten Fahrspur derart viel Staub
auf, dass nachfolgende Fahrzeuge den Weg nicht mehr hätten ausmachen können.
Aber es folgte ihm kein Fahrzeug. Vermutlich fuhren hier ausschließlich Pauline
und die wenigen, weit verstreut lebenden Nachbarn. Die Staubwolke war über
Minuten lang erkennbar. Es wäre unmöglich, zu einem der Höfe zu gelangen, ohne
sich weithin bemerkbar zu machen.
    Einem Impuls folgend hielt er an, drehte das Fenster
hinunter und lauschte hinaus in die karge Landschaft. Entlang der Strecke hatten,
wie er es erwartet hatte, Hunde auf einsamen Höfen angeschlagen. Sie würden
lange kläffen. Manche dieser Biester konnten, wenn sie frei herumliefen, für
einen Wanderer zur Gefahr werden. Der Gedanke beruhigte ihn. Pauline, die
selbst keine Hunde hatte, war durch eine gut funktionierende Alarmanlage aus
Vierbeinern geschützt.
    Er durchquerte einen ausgetrockneten Bachlauf. Links lag
ein nicht mehr bewirtschafteter Olivenhain. Wildwuchs hatte die Bäume zu
unansehnlichem Gestrüpp werden lassen. Der Pfad stieg von dort in zwei Kehren
bergan zu Paulines Hof. Sein eigener Hof lag noch abgelegener und deutlich
höher, mit Weitsicht über das tiefer liegende Tal, auf entfernte Höhenzüge und
kontrastierende Landschaftsformen. Von dort aus, wo er jetzt hielt, war die
Sicht auf das zurückliegende Tal begrenzt. Zwei Stallungen, die nicht viel mehr
als Ruinen waren, und das nur wenig solidere Haupthaus rahmten eine kleine
Hoffläche ein. Eine scharf konturierte Fahrspur zeichnete sich in dem
verdorrten Gras ab, das aus dem Kies ragte. Sie verlor sich in der tiefen
Schwärze, die hinter der Maueröffnung einer der Stallungen lag.
    Pauline hätte sein Kommen bemerken müssen. Die
Staubwolke, die sein Lieferwagen während der Fahrt durch die einsame Landschaft
gezeichnet hatte, und die kläffenden Hunde waren ein deutliches Zeichen
gewesen. Sie war aber nicht aus dem Haus getreten, wie es zu erwarten gewesen
wäre. Er rief mehrfach ihren Namen und versuchte, in der Dunkelheit hinter den
Fensterhöhlen und der geöffneten Tür etwas zu erkennen. Es herrschte absolute
Stille auf dem Hof, ganz entfernt war noch vereinzeltes Bellen der Hunde zu
hören.
    Als er durch die Tür trat, empfing ihn der anheimelnde
Duft von Bienenwachs und Leinöl, den die gewachsten Fußbodenfliesen, Möbel und
Türen ausströmten. Es war wohltuend kühl hinter dem alten Mauerwerk und er
genoss es, eine Weile einfach nur in dem Raum zu stehen und diese Eindrücke auf
sich wirken zu lassen, während sich seine Augen nur ganz allmählich an das
gedämpfte Licht im Haus gewöhnten. Er befand sich in der Küche. Das Licht, das
durch die geöffnete Tür fiel, erhellte links von ihm eine steinerne Spüle.
Daneben standen im Halbdunkel ein Gasherd und der Kühlschrank, rechts von ihm
ein großer, quadratischer Holztisch, dahinter ein alter Küchenschrank und ein
Regal, das wusste er noch von seinen vorangegangenen Besuchen. In dem Lichtkeil
flirrten winzige Staubpartikel und auf dem Abtropfständer in der Spüle erkannte
er eine Tasse und mehrere Teller. Alles wirkte beruhigend normal, als hätte
Pauline eben erst diesen Raum verlassen. Wenn sie nicht in einem der Schuppen
war und ihn dort vielleicht nicht hatte kommen hören, würde sie vermutlich sehr
beschäftigt ihre Abrechnungen bearbeiten oder vielleicht in einem neuen
Pflanzenbuch studieren. Ihr Arbeits- und Wohnraum lag am Ende der Diele, die
weitere kleine, ebenerdige Räume miteinander verband und von der sich eine

Weitere Kostenlose Bücher