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Grün. Le vert de la Provence

Grün. Le vert de la Provence

Titel: Grün. Le vert de la Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Burger
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dreiundvierzig konnten die doch auch auf
die Milice
française zurückgreifen?“
    „Taten sie auch. Aber die Milice ist zunächst nur sehr
zurückhaltend bewaffnet worden. In der Nordzone operierten die auch erst ab
Januar vierundvierzig. Allerdings diente die Milice der Waffen-SS zum Aufspüren
versteckter Juden, und tatsächlich auch als ein nützliches Instrument im Kampf
gegen die Résistance.“
    Guillaume hatte einen dicken Band aus einem Bücherregal
genommen und nach einer Detailinformation gesuchte. „Die Résistance agierte
bereits seit der De-facto-Zweiteilung Frankreichs im Juli vierzig. Im Frühjahr
dreiundvierzig begann dann der Pflichtarbeitsdienst in der deutschen
Kriegswirtschaft. Vichy hatte die gesetzliche Grundlage für den Service
du Travail obligatoire geschaffen, durch den mehr als eine Million
Franzosen zum Einsatz in der deutschen Kriegswirtschaft gezwungen wurden.
Eigentlich sollte der gesamte Jahrgang vierundzwanzig zur Zwangsarbeit nach
Deutschland gebracht werden, aber viele junge Franzosen sind stattdessen in den
Untergrund gegangen. Das war in den dünn besiedelten Gebieten das
unübersichtliche Buschland, die Macchia, daher der Name Maquis für die
Widerstandskämpfer, denen sich dort dann viele angeschlossen haben. Auf diese
Weise wuchsen die Zahl der Widerstandskämpfer und ihre Aktivität. Womit dann
wiederum die Einsätze der Deutschen gegen die Widerstandsbewegung zunahmen und sich
dabei immer deutlicher auch gegen die Bevölkerung richteten. Vor allem, wenn
man annahm, dass diese den Widerstand unterstützte.“
    „Und das waren dann Aktionen, wie die in Valreas?“
    „Es gab Unterschiede im Vorgehen bei diesen Aktionen, das
variierte auch nach Verbänden. Die Panzerdivisionen haben häufig besonders hart
reagiert. Am mörderischsten wurde die NS-Ideologie allerdings von der Waffen-SS
umgesetzt.“ Er klappte den Band zu und setzte sich wieder zu Vidal. „Nun aber
konkret zur Landung der Alliierten. Die Widerstandsbewegung hatte damals
beständig auf diesen Zeitpunkt hingearbeitet. Die Deutschen waren sich dessen
durchaus bewusst. Überall gab es eine deutliche Zunahme der Sabotageaktivitäten
und offenen Kämpfe. Dabei wurden zahlreiche Truppenverbände und Dienststellen
der Deutschen vollständig abgeschnitten und deren Kommunikation unterbrochen.
    Ab April wurden vom Widerstand dann auch Stellungen der
Deutschen zerstört, die von den Bombardements der alliierten Luftwaffe nicht
erreicht werden konnten. Und schließlich kamen dann die langersehnten
verschlüsselten Nachrichten der BBC. Sätze wie ,Gabi schläft im Gras‘ und ,Der
Jäger ist hungrig‘ signalisierten, dass die Landung an der Südküste innerhalb
von vierundzwanzig Stunden bevorstand. Die Résistance sprengte daraufhin
Brücken, unterbrach Telefon- und Stromleitungen, griff Fabriken und deutsche
Lager an und begrenzte damit die Handlungsmöglichkeiten der Deutschen.
    Bereits am ersten Tag der Landung der Alliierten konnten
so fast hunderttausend Mann und mehr als zehntausend Fahrzeuge an Land gebracht
werden. Schließlich standen innerhalb kürzester Zeit fast fünfhunderttausend
alliierte Soldaten knapp zweihundertfünfzigtausend Deutschen gegenüber. Hitler
hat dann übrigens selbst den Befehl zur Räumung Südfrankreichs gegeben. Und das
bereits am siebzehnten August, also am dritten Tag der Kampfhandlungen.“
     
    „Mhm, einen Zusammenhang mit den Morden kann ich aus
deiner Darstellung bislang nicht erkennen.“ Vidal war aufgestanden und hatte
aus dem Fenster sehend Guillaumes letzten Ausführungen zugehört. Den Vormittag
über hatte die Sommerhitze beständig zugenommen. An das Unwetter und den
sintflutartigen Regen des vergangenen Tages erinnerten nur noch ockerfarbene
Spuren, die schlammdurchsetztes Ablaufwasser vereinzelt auf dem Pflaster
gezeichnet hatte. Der Wind würde diese fragilen Zeugnisse der Naturgewalt in
wenigen Tagen zu feinem Staub zerstreut haben.
    Auf der gegenüberliegenden Straßenseite beobachtete er
eine Katze, die sich auf dem niederen Ast eines dürren Baumes vor einem
kläffenden Gassenhund in Sicherheit gebracht hatte. Sie saß regungslos auf
ihrem Platz oberhalb des aufgeregten Kläffers. Lediglich das leicht gesträubte
Rückenfell und der gelegentlich blitzartig hin und her zuckende Schwanz
verrieten ihre Konzentration auf den Gegner unter sich. Der Hund unterbrach das
Gekläffe immer wieder für kurze Momente, in denen er mit den Zähnen sein struppiges
Fell nach

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