Grün. Le vert de la Provence
würden.“
„Weil sie dann im Falle einer Gefangennahme reguläre
Kriegsgefangene geworden wären?“
„Richtig. Ohne den Kombattantenstatus galten sie als
Freischärler und Terroristen und wurden damit kriminalisiert. In der Regel
wurden Gefangene dann hingerichtet, und das oft sogar ohne ein vorheriges
Kriegsgerichtsverfahren.“
„Hat das Bemühen um den Kombattantenstatus tatsächlich
viel bewirkt?“
„Kann man kaum so sagen. Noch knapp eine Woche nach der
Landung in der Normandie fand oben in Valreas in der Papstenklave ein
Massaker statt. Die Deutschen haben dabei mehr als fünfzig Franzosen
hingerichtet. Gut die Hälfte davon waren gefangene Mitglieder der FFI. Die
anderen waren willkürlich ausgewählte sogenannte Sühnegeiseln. Die Deutschen
haben also nicht nur einen Dreck auf den Kombattantenstatus gegeben, sondern
auch noch unter Missachtung der Genfer Konventionen unbeteiligte Zivilisten
getötet. Ein Kriegsverbrechen.“
„Wurde das jemals gesühnt?“
„Nein! Da war damals eine Kampfgruppe Unger verantwortlich.
Die agierte zusammen mit anderen Einheiten, unter anderem mit bodenständiger
Luftwaffe sowie einer als berüchtigt geltenden Kompanie der Division
Brandenburg, dazu kamen noch Angehörige der Feldgendarmerie und einer Kompanie
fanatisierter Jugendlicher des Reichsarbeitsdienstes. Einige Jahre später gab
es in Marseille ein Militärgerichtsverfahren gegen einen Offizier der
Brandenburger, der an der Aktion beteiligt war. Letztendlich konnte die Frage,
wer den Erschießungsbefehl erteilt hatte, nicht beantwortet werden. Der Mann
wurde für nicht schuldig befunden.“
„Moment mal. Da muss es doch Zeugen gegeben haben?“ Luc
schüttelte ungläubig den Kopf.
„Gab es auch. Aber die Zeugenaussagen waren
widersprüchlich. Das mag an der zeitlichen Distanz zum Geschehen gelegen haben,
es lag aber vor allem an der perfiden Arbeitsteilung der Deutschen. Bei ihren
Verbrechen ließen die Nazis meist mehrere verschiedene Einheiten agieren. So
gab es nicht nur Unklarheiten in Bezug auf die Kompetenzen zwischen SS,
Wehrmacht, Militärverwaltung, Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst, was es
Zeugen später fast unmöglich machte, Verantwortliche zu benennen. Es setzte
sich auch bei Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen Einheiten meist die
brutalste Lösung durch. Zudem konnten in den Gerichtsverfahren die Zeugen
oftmals die handelnden Einheiten nicht konkret benennen. Zum Beispiel wurden
die Panzereinheiten der Wehrmacht wegen ihrer schwarzen Uniformen und dem
Totenkopf auf dem Kragen oft mit der SS verwechselt.“
„Und was war mit dieser Division Brandenburg? Warum war
die so berüchtigt?“
„Es gab die achte, eine Legionärskompanie aus einem
Regiment der Brandenburger, die später in Streifkorps Südfrankreich umbenannt wurde. Die waren für ihr rigoroses Vorgehen gegen Widerstandskämpfer
gefürchtet. Zu denen gehörten auch Kampfdolmetscher, meist Muttersprachler,
aber auch Deutsche mit perfekten Sprachkenntnissen. An dem Einsatz in Valreas
war sogar ein Deutscher dabei, der Provençal sprach. Ursprünglich bestand diese
Kompanie zu großen Teilen aus Russen. Im Mai dreiundvierzig wurden die aber
durch freiwillige Franzosen ersetzt. Ende Mai vierundvierzig kamen noch einige
freiwillige Spanier hinzu.“
„Merkwürdige Konstellation. Mir war gar nicht so
bewusste, dass Franzosen gegen Franzosen gekämpft haben. Haben diese
Brandenburger noch an anderen Ecken in der Provence gewütet?“
„Anfang vierundvierzig. In Séderon. Da wurden
während eines Unternehmens ein Polizist, drei junge Männer aus dem Nachbarort
und alle sechsunddreißig gefangenen Maquisards getötet. Das widersprach
der zu dem Zeitpunkt geltenden Befehlslage. Diese Männer hätten eigentlich vor
ein deutsches Kriegsgericht gestellt werden müssen.“
„Ab welchem Zeitpunkt begannen denn hier eigentlich die
Einsätze gegen den Widerstand? Bis November zweiundvierzig gab es ja im Süden
keine deutsche Besatzung. Und dann waren zumindest doch im Bereich der Provence
zunächst die Italiener hier.“
„Richtig, das italienisch besetzte Gebiet verlief
ungefähr von der Grenze bis zu einer Linie Toulon-Lyon, aber nach der Absetzung
Mussolinis schied Italien im September dreiundvierzig aus dem Zweiten Weltkrieg
aus. Bis zum August vierundvierzig hielten dann die Deutschen auch dieses
Gebiet und damit ganz Frankreich besetzt. Im Grunde reichten deren Truppenkontingente
dafür nicht.“
„Aber ab Anfang
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