Grün war die Hoffnung
ein bißchen Laub davorlegen. Sobald das Wasser fließt, Straße ade!«
»Perfekt für Rohre mit Durchmesser zwischen fünfundzwanzig und dreißig Zentimeter«, setzte Andrea hinzu. Sie trug Khakishorts und ein T-Shirt, Arme und Beine waren braun wie Eistee, dazu eine Plastiksonnenbrille, die Hell’s-Angels-Kappe mit Totenkopfemblem schief auf dem Haar. Es war ihre Freizeitverkleidung – dazu gehörte auch die Wanderkarte in der Hand –, und sie stand am Rand der Forststraße, scharrte mit den Füßen im Sand und grinste, als Teo eine Fahrradpumpe ansetzte und an die Arbeit ging. »Für größere Abflußrohre«, fuhr sie fort, »nehmen wir natürlich einen Bohrer und diese kleinen Ringschrauben. Du weißt schon, Ty – wie man sie zum Aufhängen von Blumentöpfen nimmt. Vier davon, oder auch sechs, werden ins Rohr gedreht, und dann spannt man Hühnerdraht kreuz und quer.«
»Genau, und für die wirklich großen Rohre, in denen man aufrecht stehen kann« – Teo kniete jetzt im Straßengraben und drückte den Ball tief in den Durchlaß hinein –, »da nimmt man eine Spitzhacke. Einfach Löcher in die Unterseite schlagen, die Wandung richtig kaputthauen, dann sickert allmählich das Wasser durch und die Konstruktion wird unterminiert.«
»Alles total einfach«, sagte Andrea. Sie genoß diesen Ausflug ins Grüne, sie die Lehrerin, Tierwater der Schüler. Ihr persönliches Umweltschutz-Propädeutikum oder Sabotage für Anfänger.
Teo sah aus dem Graben hoch, erwiderte ihr Grinsen, die Sonne blitzte auf der kahlgeschorenen Kugel seines Kopfes. »Ganz zu schweigen vom Spaß. Es macht dir doch Spaß, oder, Ty?«
»Ich weiß nicht so recht. Was ist, wenn einer kommt, was dann?«
»Wir unternehmen einen Ausflug, Ty, sonst nichts«, sagte Andrea. »Hier, sieh mal, meine Wanderkarte. Und außerdem ist hier kilometerweit kein Mensch außer uns, und die Holzfäller hocken alle vor der Glotze und sehen sich das Spiel an...«
»Welches Spiel?« fragte Tierwater. »Läuft heute ein Spiel?«
»Es läuft immer irgendein Spiel: Football, Basketball, Eishockey, Bowlingturnier, egal was – und die sehen sich das an und lassen sich vollaufen, um dann herumzuziehen und irgendwo eine Schlägerei anzufangen. Wir existieren nicht mal. Und von dem hier erfährt niemand bis zum Tauwetter im Frühjahr.«
Schön. Aber würde es den Wald retten? Und mehr noch: würde es die Welt retten? Oder würde es nur die Holzfirma noch weiter provozieren, so wie bei dem Fiasko in Oregon? Was hatte ihnen das gebracht? Was hatten sie damit gerettet? Sogar das Presseecho war mies gewesen: man hatte Tierwater als irren Gewalttäter hingestellt (dem Halbstarken mit dem Flattop wackelten zwei Vorderzähne, und der Bauinspektor behauptete, eine Prellung der Luftröhre erlitten zu haben), und Earth Forever! als ein Sammelbecken von durchgedrehten Radikalen, die nur Arbeitsplätze vernichten und die Wirtschaft ruinieren wollten. Trotzdem, als Tierwater jetzt den Rucksack aufnahm und weitermarschierte, begriff er, daß ihm das egal war, die Presse ebenso wie die Organisation und die Bäume und alles andere: er wollte nichts weiter als Zerstörung.
»Hör mal, Ty, was ich dir sagen wollte: du hast im Grunde einmalige Voraussetzungen.« Teo rückte seinen eigenen Rucksack mit einem Schulterzucken zurecht und schloß mit zwei raschen Schritten zu ihm auf. »Mir sind die Hände gebunden – ich meine, die beobachten mich Tag und Nacht, hören mein Telefon ab, das volle Programm –, aber du bist jetzt Tom Drinkwater, du bist ein Niemand, und du kannst Spaß haben, soviel du willst. Da vorn zum Beispiel, wo die Straße sich in der Kurve verengt, siehst du das? Idealer Platz für ein Nagelbrett.«
»Was ist denn ein Nagelbrett?«
»Na ja, eine anderthalb Meter lange Bohle, die mit angespitzten Armierungseisen gespickt ist, alle im spitzen Winkel eingetrieben. Das Teil wird im Boden verankert, noch mal mit zwei L-förmig gebogenen Armierungseisen – echt brauchbar übrigens, diese Dinger –, damit sich das Brett nicht bewegt, wenn einer drüberfährt. Danach schmeißt du einfach ein bißchen Erde drauf, dann ist es praktisch unsichtbar.«
Andrea geht neben ihnen, schreitet aus, der ganze Körper in Bewegung, ihre Hände arbeiten, und in ihren Augen blitzt elektrisierte Erregung. »Das stoppt sie bestimmt.« Sie stieß ein kaum beherrschtes wieherndes Lachen aus, das in die Bäume emporstieg und die ganze Welt zum Schweigen brachte. Und dann fiel Teo in ihr
Weitere Kostenlose Bücher