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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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erzwungener Sex mit vierzehnjährigen Ausreißerinnen nicht der Rede wert, wie Zähneputzen oder Kacken.
    »Hey, Leute«, sagte Verbie zu ihm, »wie geht’s denn so? Alles klar? Ja? Weil wir nämlich, na ja, mal vorbeischauen wollten und nachsehen, was hier bei euch so abläuft, ja?« Sie war kaum eins fünfzig und hatte kurzgeschnittenes rotes Haar, ein kleines Oval von Gesicht und eine schwarze Lücke dort, wo ihr linker Schneidezahn hätte sein sollen. Die Schminke klebte ihr wie Glitzerstaub am Haaransatz, und sie wirbelte ihr Cape durch die Luft und zappelte herum, als wollte sie gleich mit einem Steptanz quer durchs Zimmer loslegen. »Ich meine, alles cool bei euch?«
    Niemand bestätigte das, aber es fühlte sich uncool an, sehr uncool. Als hätten sie bei irgend etwas gestört. Star zwängte sich hinter Ronnie in den Raum.
    Es gab keinerlei Mobiliar bis auf ein Holzbrett, das auf zwei Mauersteine gelegt war, und alle saßen auf dem Boden – oder nicht direkt auf dem Boden, sondern auf den schrundigen Vinylkissen, die irgendwer von der rostigen Liege draußen beim Pool entwendet hatte, und auf einem khakifarbenen Schlafsack, der aussah, als wäre er meilenweit hinter einem Traktor hergeschleift worden. Jemand hatte den halbherzigen Versuch zum Saubermachen unternommen, denn in der hinteren Ecke erhob sich ein Haufen von zusammengefegten braunen Papiertüten aus dem Schnapsladen, Doughnutschachteln, Zeitungen und Glasscherben. Das einzige Licht kam von zwei Kerzen, die auf beiden Enden des Holzbretts flackerten – wahre Vulkankrater aus Wachs, unstete Schatten, auf einer Schachtel mit Küchenstreichhölzern lag eine Purpfeife –, und während der Rotwein von Hand zu Hand ging, fing die Flasche ein schwaches Schimmern ein, als wäre in der bauchigen Glaswandung eine sterbende Sonne eingesperrt.
    »Aha, und was spielt ihr hier?« fragte Lester und musterte sie mit einem angespannten Lächeln. »Halloween oder was?« Neben ihm senkte Franklin den Kopf und stieß ein abgehacktes Lachen aus. »Süßes, sonst gibt’s Saures, ja?« fragte Lester. »Auf dem Trip seid ihr?«
    »Genau«, schloß sich Franklin an und hob den Weinkrug an die Lippen, mußte ihn aber wieder absetzen, weil er so über den Witz lachen mußte: »Nur haben wir keine Bonbons für euch!«
    Ronnie suchte sich einen Platz auf dem Boden, als ob er dort hingehörte, und womöglich war das ja auch der Fall, aber die anderen blieben stehen und traten von einem Fuß auf den anderen. »Also, wir hatten eben eine Versammlung«, sagte Ronnie, und dann begann Verbie, die einfach nie die Klappe halten konnte, in allen Einzelheiten zu berichten, wer genau was wann debattiert hatte, angefangen von der Scheißerei im Wald über die Wochenendhippies und die Rieselfelder, die endlich angelegt werden mußten, und sie arbeitete sich gerade umständlich zum Knalleffekt vor, als Marco erstmals das Wort ergriff.
    Er lehnte an einer Wand, die Arme vor der Brust gekreuzt. Er trug ein sauberes weißes T-Shirt und gestreifte Hosenträger, die stramm an seinem Oberkörper anlagen. »Wir wollen, daß ihr abhaut«, sagte er, »ihr alle.« Er richtete den Blick auf Sky Dog. »Damit bist auch du gemeint, mein Freund.«
    Sky Dog hob nicht einmal den Kopf, aber Lester zog eine Grimasse. »Oho, hört, hört«, sagte er, »was bist du wohl für ein Sternzeichen, Junge – etwa Steinbock? Das muß es wohl sein – ein echter Bock, Mann, was? Immer stoned und ein alter Bock. Ein geiler alter Bock. Oder haben wir’s hier eher mit einem kämpferischen Bock zu tun, der sein Revier verteidigen will? Seh ich das richtig? Willst du den Kampf? Gibt es Krieg?«
    Franklin stieß ein Kichern aus. Die Platte drehte sich weiter. Die Weinflasche ging von Hand zu Hand.
    »Aber hör mal, wenn du was vom Krieg wissen willst, und da meine ich nicht diese blöden Antikriegsdemonstrationen, wo die amerikanische Fahne auf dem Rasen vor irgendeinem Spießerhaus verbrannt wird, während wir Nigger für euch nach Vietnam gehen und da die Schlitzaugen in der Pfeife rauchen, dann kannst du gern mal mit meinem Kumpel Dewey hier reden« – hier deutete er auf seinen linken Sitznachbarn –, »Dewey hat nämlich circa acht beschissene Monate lang im Schützengraben bei Khe Sanh gehockt, der kann dir in deinen weißen Arsch treten, daß du von hier bis Detroit und zurück fliegst.«
    »Aber darum geht’s doch nicht«, wandte Verbie ein.
    »Niemand will hier Streß«, meldete sich Jiminy zu Wort, und er

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