Grün war die Hoffnung
Overalls ab und holte ein Geldbündel aus der Innentasche. »Hier«, sagte er, zog einen Hundertdollarschein heraus und reichte ihn über die Treppe hinab, so daß der Regen ihn dunkel werden ließ, bis er aussah wie ein Stück nasse Pappe, wie Spielgeld, »nimm du das, Reba, okay? Für Proviant, ja?« Und dann machte er die Fliegentür auf und zwängte sich ins Haus, Premstar unterm Arm.
Die nächsten fünf Tage waren Zigeunertage, so nannten sie Marco und Star für sich, ein kleiner Privatwitz, keine Zeit für süßen Rotwein oder Bier oder Dope oder zum Meditieren auf der Wiese, den Rücken gegen den gelben Felsknubbel gelehnt, nicht mal Zeit zum Schlafen gab es – die Karawane zog weiter, baut eure Zelte ab, bindet die Ziegen los und packt die Hühner bei den Beinen. Wenn irgendwer noch Zweifel an der Ernsthaftigkeit von Norm Senders Plänen hatte, so waren sie durch den Bus verflogen. Da stand er, massiv und unwiderlegbar beherrschte er den schlammigen Vorplatz wie ein Traum vom Imperium der Maschinen, und jeden Tag, vom Tagesanbruch bis zu den letzten verklingenden Stunden der Abenddämmerung, wuselten die Leute rein und raus, mit Werkzeug, Bettzeug, Nahrungsmitteln, Schallplatten, Vorräten.
Der frühere Besitzer – einer von Norms alten Highschool-Kumpeln, aus dem inzwischen ein pferdeschwänziger Psychologe in Mill Valley geworden war – hatte einen Kanonenofen eingebaut, eine nicht ganz fertige Arbeitsplatte mit Spüle und acht hochklappbare Sperrholzpritschen, die als Betten dienten. Er hatte einen Traum gehabt, der Psychologe, nämlich den, das Ding zum Campmobil umzubauen, damit er ein paar seiner Patienten aus der staatlichen Nervenklinik auf längere Ausflüge mit Übernachtung in der Natur mitnehmen konnte, doch der Traum war nie verwirklicht worden, aus Gründen, die so viele Träume sterben lassen: mangelnde Mittel. Das vordere halbe Dutzend Sitzreihen hatte er intakt gelassen, und auf jeder konnten drei Erwachsene sitzen oder einer liegen; ganz hinten gab es einen Sperrholzverschlag mit einer Toilette aus Edelstahl. Wie Premstar erzählte – diese Information gab sie aus dem Mundwinkel geflüstert weiter, als Norm außer Hörweite war –, hatte der Psychologe den Bus als Totalschaden billig bekommen, nach einer Kollision mit einem Tanklaster, bei der drei Vorschulkinder jämmerlich verbrannt waren. Von dem Unfall war das Chassis einigermaßen verzogen, obwohl der Psychologe es zu reparieren versucht hatte, und zwar mit Hilfe eines weiteren alten Highschool-Kumpels, der inzwischen Schweißer war, trotzdem würden sie damit wohl leben müssen: die Kiste zog stark zur Seite, auch wenn man brav geradeaus fuhr. Und egal, was man mit Hilfe von Sprays und Lack und Wunderbäumen probierte, ein gewisser Duft nach verkohltem Vinyl – und womöglich Schlimmerem – war nicht aus dem Inneren zu vertreiben.
Als Jiminy den Bus in jener ersten Nacht sah, da zog sich der Regen gerade langsam in einen Nebelschleier zurück, und ein abgetakelter Mond kletterte über die Bäume, also stapfte er barfuß durch den Schlamm und umarmte das kalte Metall der Kühlerhaube wie lebendes Gewebe. »Magic bus« , murmelte er, und dann begann er es halblaut vor sich hin zu singen: »Magic bus, Magic bus, hey Magic bus, hey ...« Marco hielt eine Taschenlampe für Mendocino Bill, der den Motorraum begutachtete, Maulschlüssel in der einen, Schraubenzieher in der anderen Hand, und Alfredo, der nichts Besseres zu tun wußte, führte die Aufsicht. Reba hatte im Bus eine Campinglampe aufgehängt, und fünf oder sechs Frauen – darunter auch Star – räumten auf, wischten mit dem Schwamm über die Sitze, mit dem Mop über den Boden, und planten bereits die Platzverteilung.
»Wißt ihr, was wir machen könnten?« rief Jiminy, die Wange an den Kotflügel gepreßt. »Wir könnten das Ding anmalen. So wie Ken Kesey, so wie die Pranksters. Mit Mandalas, Peace-Zeichen, irren Gesichtern und Fischen – überall Fische, so wie Peter Max sie zeichnet, mit Luftblasen aus dem Maul. Und Delphinen. So in der Art. Die werden ausflippen, von hier bis nach Nome, scheiße noch mal!«
Mendocino Bill knurrte zustimmend aus der Tiefe seiner Kehle, aber es klang nicht allzu enthusiastisch – schon wieder so eine pubertäre Phantasie, und wieso konnten sie eigentlich nicht einfach Vereinigte Washo-Schamanen in knallharten großen schwarzen Lettern auf beide Seiten des Busses schreiben?
»Ich will euch weiß Gott nicht vorschreiben, was ihr
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