Grün war die Hoffnung
wollte ihn nicht durch den Namen »Peaches« erniedrigen – saß zusammengerollt in ihrem Schoß, den Kopf zum Fenster hinausgestreckt. Sess fuhr jetzt langsamer, aber er schoß manchmal abrupt nach vorn und wechselte krachend die Gänge, als wollte er sie aus dem Getriebe reißen, rumste durch die Schlaglöcher und warf breite Bahnen von kaffeefarbenem Pfützenwasser auf, als wäre das Auto ein Motorboot, das durch eine schlammige Lagune pflügte. Alle paar Minuten streckte er den Arm aus, um ihren Arm zu streicheln oder den Hund zu tätscheln.
»Trotter«, sagte er, »wie wär’s mit Trotter. Das ist doch ein hübscher Name. Sehr aussagekräftig, was meinst du? Oder Lucius. Lucius hat mir schon immer gefallen. Als Name, meine ich ...«
Sie hatte beinahe vergessen, daß sie in einem gestohlenen Wagen saßen und ein gefährliches Spiel mit einem Mann spielten, der einem anderen Mann die Schlittenhunde abknallte, weil sie einfach im Augenblick lebte, und sie hatten gerade beide ein frisches Bier aufgemacht, zur Feier dieses prachtvollen Hundes auf ihrem Schoß und der beiden anderen, für die Sess je fünf Dollar hinterlegt hatte, bis er demnächst mit Richard Schraders Pickup zurückkehren würde. »Wie wär’s mit Yukon King?« fragte sie.
Er lachte und streichelte den Hund, der gleich den Kopf drehte, um ihm einen Blick voller bereitwilliger Treue zu schenken. »An den Namen hab ich nie gedacht. Aber klar, was wäre wohl passender, als ihn nach einem echten Schauspielerhund zu nennen, der wahrscheinlich einem Schlitten nicht aus dem Weg gehen konnte, selbst wenn der ihn überfahren würde, und wußtest du übrigens, daß Lassie von drei verschiedenen Hunden gespielt wurde und daß alle drei Männchen waren?«
Das hatte sie nicht gewußt. Aber sie kannte inzwischen den Ursprung seiner Fehde mit dem schwarzhaarigen Ex-Marineinfanteristen. Er hatte ihr beim zweiten Glas Wild Turkey im Pumphouse mürrisch davon erzählt, nachdem sie die Beschreibungen der Hunde vorgelesen hatte, die zum Verkauf, zum Tausch oder »für tierliebe Eltern zu verschenken« in der Zeitung standen. Im Winter vor zwei Jahren war Joe Bosky plötzlich in Boynton aufgetaucht, aufgetakelt wie ein Forscher im National Geographic , in einem Parka aus Karibuleder mit Wolfspelzfutter, ein Jagdgewehr über der Schulter. Das Flugzeug, das ihn abgesetzt hatte, war noch nicht mal für den Rückweg nach Fairbanks aufgetankt, da quatschte er im Nougat schon so viel Scheiße, daß er bis zur Hüfte drinstand, und besonders stolz zeigte er den Grundbuchauszug von Tilda Runyons Blockhaus herum – den Schuppen hatte ihr Sohn geerbt, ein versoffenes, spielsüchtiges Halbblut, obendrein ein Dieb und ein Lügner, der aber offenbar zusammen mit Bosky bei den Marines gewesen war. Und was machte Bosky mitten im Februar in Alaska? Er wollte in der Wildnis leben, das war der Grund. Also zog er in Tilda Runyons Haus, hackte Holz, soff wie ein Loch und lebte von dem, was ihm das Postflugzeug zweimal pro Woche lieferte. Im ersten Sommer baute er sich ein eigenes Blockhaus am Woodchopper Creek und verdiente Geld zum Schweinefüttern, indem er mit der Cessna 180, mit der er eines schönen Tages anrückte, Touristen und Sportangler ins Hinterland flog, und im Herbst erkundete er die Hügel und Wasserläufe auf der Suche nach geeigneten Plätzen zur Pelztierjagd. Irgendwann stieß er auf Roy Senders Fallenstrecke, das Ergebnis der Arbeit von über vierzig Jahren, in denen Roy sie gerodet und bestückt und erweitert und schließlich an Sess übergeben hatte. Im ersten Winter fehlten öfter Köder, oder die Fallen waren zugeschnappt, aber leer, ohne daß je die Fußspuren eines Mannes im Schnee zu sehen gewesen wären, als könnte der Übeltäter fliegen, denn Joe Bosky war schlau und ein Naturtalent fürs wilde Leben. Im nächsten Winter hatte er seine eigene Fallenstrecke, wilderte aber weiter auf Sess’ Territorium.
»Das von Lassie wußtest du nicht? Wirklich nicht?«
Sie schüttelte den Kopf. »Und woher weißt du es so genau, hast du’s irgendwo gelesen?«
»Klar hab ich’s wo gelesen. Wahrscheinlich im TV Guide .«
»Im TV Guide ? Wozu um Himmels willen liest du ein Fernsehprogramm, wenn du doch keinen Fernseher hast und wohl auch nie einen haben wirst?«
Er sah sie an. Zuckte die Achseln. »Ich war doch mal einen Winter total am Boden, als ich noch in Fairbanks wohnte – hab ich dir erzählt, weißt du noch? Hab zuviel gesoffen und war ständig pleite
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