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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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nicht schon rausgeschmissen? Oder träumte er das?
    Am Kopfende des Tisches, zur Rechten von Norm, saß Premstar und kicherte, und das Gras – Sky Dogs Gras, Dale Murrays Gras, Lesters und Franklins Gras – machte die Runde. Als der kommunale Joint bei Marco vorbeikam, nahm er ihn entgegen wie jeder andere, klemmte ihn zwischen Daumen und Zeigefinger, der Druck von Joe Boskys Fingerspitzen wich dem von Stars, der von Stars wich seinen. Die Acid-Limonade war ausgetrunken, er verspürte nur noch ein leichtes Restkribbeln davon – mehr als das hatte es auch gar nicht sein sollen, nur eine kleine Dosis für meditative Zwecke, und er hatte vielleicht zwei Becher getrunken, vor etlichen Stunden –, und jetzt brachten Reba und Merry einen riesigen rußgeschwärzten Topf mit heißem Kakao, in den alle ihre Becher eintauchten, und der Dampf erhob sich darüber als durchsichtige Krone. Freak hatte aufgehört zu betteln – endlich satt gefressen – und lag leise grunzend zu Stars Füßen, wo er sich die Schnauze in die Eier stupste und unter dem Schwanz nach Flöhen schnüffelte. Jiminy war aufgestanden und hielt sein Feuerzeug an den Haufen aus Reisig und Kiefernzweigen, den er für ein Feuerchen gesammelt hatte, und binnen kurzem wurde der Tisch eingeräuchert, sobald nur ein Windhauch aufkam – aber immerhin hielt es die Moskitos ein wenig ab.
    Dale Murray sagte gerade: »Die haben echt seinen Arsch haben wollen, könnt ihr mir glauben!«
    »Erregung von öffentlichem was ?« fragte Norm. »Ärgernis? So ein Quatsch.«
    Marco stieß den Rauch aus und reichte den Joint an Dunphy weiter, deren Finger kalt und dünn waren, mit abgekauten Fingernägeln, die denkbar flüchtigste Berührung von Haut auf Haut, und sie warf ihm einen leeren Blick und ein angedeutetes Lächeln zu, dann hielt sie den Joint an die Lippen und zog daran. Er betrachtete seine eigenen Hände. Die Nägel waren gesplittert, die Nagelhäutchen eingerissen, Dreck hatte sich in jede Falte und Schramme gelegt und bildete nun ein Gitternetz aus schwarzen Krähenfüßen. Es waren Arbeiterhände, die Hände eines Mannes, der Zwölf- und Dreizehn-Stunden-Tage einlegte, eines Mannes, der etwas Dauerhaftes schuf. Er wurde von Stolz durchflutet. Und von Freude. Auch davon.
    »Müde?« murmelte Star und lehnte sich an ihn.
    Zur Antwort legte er die Hände wie zum Gebet zusammen, dann kippte er sie waagerecht und machte ein Kissen für den Kopf daraus.
    »Und dieser Lester«, warf Sky Dog ein, »Lester hättet ihr sehen sollen – Mann, die hätten ihn liebend gern eingebuchtet, schon aus Prinzip, wißt ihr? Aber er, er hat sie einfach mit ein paar lässigen Sprüchen zugequatscht, und diesen einen Typ – keine Ahnung, was der war, ein Mountie, ein Sheriff, irgend so was – hat er dermaßen angegrinst, daß ich schon dachte, der schmilzt gleich in seinen Stiefeln wie ein Stück ranzige Butter. Und, ach du Scheiße, der Elch – hab ich euch schon das mit dem Elch erzählt?«
    Alfredo schaltete sich ein. Er wollte wissen, wo Lester war – plante er etwa, den Fluß hinaufzukommen? Denn falls ja, werde es Probleme geben, echte Probleme, nach allem, was in Kalifornien abgegangen sei, und er wolle hier keine Vorurteile verbreiten, denn Vorurteile hätten damit nichts zu tun ...
    »Er ist beim Bus geblieben«, sagte Verbie und nagte an einem halbmondförmigen weißen Knochen. »Franklin auch. Sie gehen Gold waschen.«
    Joe Bosky lachte höhnisch. »Die spinnen ja, diese Anfänger«, sagte er. »Die reinsten Greenhorns.«
    »Na ja, mag schon sein«, wandte Sky Dog ein, »aber ihr Gurkenglas ist immerhin schon halb mit Goldstaub gefüllt, und bis jetzt haben sie einfach nur ein bißchen in diesem Bach nördlich von Boynton herumgestöbert ...«
    »Ja, der Last Chance Creek«, sagte Bosky und verschränkte die Arme. Aus seinem Pilotenschnurrbart kroch die fahlweiße Spur einer Narbe und kräuselte sich in das Fleisch seiner Oberlippe. Bei jedem einzelnen Haar auf seinem Kopf konnte man die Wurzel erkennen. »Den sollte man lieber No Chance Creek nennen. Da ist nix drin außer dem Dreck, der irgendwo aus den Klärgruben sickert.«
    »Tut mir leid, Mann, aber ich hab’s doch selbst gesehen, sag ich – das war Gold da in dem Glas.«
    »Vielleicht Eisenpyrit?« sagte Verbie, aber dann schaltete sich Norm ein. »Könnte durchaus Gold sein, wer weiß? Wenn’s ein Land des Goldes gibt, dann ist es das hier, und ich hab mir fest vorgenommen, selber mal die Pfanne in die

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