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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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zustande gebracht?«
    »Und dann der mit den Knochen im Haar«, ergänzte Lynette.
    »Und die Nigger.« Richie Oliver hob den geröteten Blick von seinem Scotch mit Wasser und sah aus, als wäre er in einem ganzen Meer davon seit drei Tagen hundegepaddelt. »Vergeßt nicht die Nigger.«
    Acht Leute standen in der Kneipe versammelt, und kein einziger hatte ein aufrichtiges Lächeln für ihn übrig – und für Pamela auch nicht. Das schmerzte, denn was hatte sie damit zu tun? Nicht mehr als er. Oder eben weniger, weit weniger. Er bemühte sich, Lynette und Skid Denton, der sowieso ein Vollidiot war, möglichst gar nicht zu beachten, begrüßte alle übrigen mit Namen und zog an dem Tisch beim Fenster einen Stuhl für Pamela heraus, dabei dachte er an Spiegelei und Schinken oder Speck oder vielleicht einen Hamburger, dazu ein Bier und einen Kurzen, denn er würde sich von denen verdammt noch mal nicht aus seiner Freßbude und Kneipe vergraulen lassen. »Lynette«, rief er, und vielleicht tat er das eine Spur lauter als unbedingt nötig, »könnten wir hier drüben mal Bedienung kriegen?«
    Sie tranken. Sie aßen. Und ließen sich genüßlich Zeit dabei. Die anderen holten sich Stühle heran und hockten sich dazu, einer nach dem anderen, manchmal auch zwei oder drei zugleich, und jeder brandheiße Tratsch begann mit den Hippies und hörte auch mit ihnen auf. Lynette setzte sich zu ihm und Pamela an den Tisch und sah ihnen zu, wie sie das Fleisch zerschnitten und die Gabeln zum Mund führten, als bräuchten sie eventuell eine Anleitung, und dabei redete sie ununterbrochen, legte nicht mal zum Atemholen eine Pause ein. »Der mit den Knochen im Haar und der Knoblauchkette um den Hals, ja? Den Vampir nenn ich den. Der kommt hier eines Tages rein, bestellt sich einen Krug Bier und will wissen, ob er den anschreiben lassen kann, und als ich ihm sage, hier schreibt niemand an, da haut er doch glatt jeden einzelnen Gast an, ob er ein bißchen Kleingeld übrig hat.«
    Aber Richard Schrader – der beste Freund, den Sess am ganzen Fluß besaß, sein Trauzeuge –, Richard Schrader schoß tatsächlich den Vogel ab. Er war nicht zu Hause gewesen, als sie das Kanu an Land gezogen hatten, deshalb schlugen sie einen großen Bogen um den buntbemalten Bus und den Hippie, der da um einen Brennofen und eine schimmernde Reihe glasierter Schüsseln, Teller und Aschenbecher herumhüpfte, aufgereiht auf einem gespalteten Holzscheit, als sollte hier bei Sess ein Töpfereiladen eröffnet werden, jetzt aber bog er – Richard – mit seinem Wagen auf den Parkplatz ein, stürmte durch die inzwischen moskitofreie Tür, und als erstes brüllte er: »Sess, diese Kerle müssen verschwinden, die verwandeln meinen Vorplatz in einen Wanderzirkus, und ich kann dir sagen, ich hab keine Nacht länger als zwei Stunden geschlafen, seit die hier sind mit ihrem Gegröle und Geschrei und diesem scheußlichen Radau aus Gitarren und Tamburinen und was sonst noch alles, und weißt du schon, daß die ihre Lautsprecher aus diesem Bus abgeschraubt und oben auf dem Dach montiert haben, so daß sie ihre Scheißmusik über den ganzen Fluß und sonstwohin dröhnen lassen können? Übrigens hab ich sehr wohl versucht, mit ihnen vernünftig zu reden, wirklich, aber da kommt nichts zurück außer ›Friede, Bruder‹, und ›Fick dich doch selber‹ ...«
    Sess trank noch ein Bier. Er ließ sich Zeit. Wischte seinen Teller mit einer Scheibe flockigem, fertig gekauftem Brot aus. Bestellte einen Nachtisch. Verzichtete auf einen zweiten Schnaps. Äußerlich wirkte er ganz ruhig, doch in ihm brodelte es, und dann legte er zum Zahlen etwas Geld auf den Tisch, erbat von Richard die Wagenschlüssel und sagte Pamela, er müsse kurz mal weg. Er war noch keine zwei Schritte zur Tür hinaus, da rannte ihm Lynette hinterher und packte seinen Arm. »Übrigens, Sess«, sagte sie, und scharfe Falten warfen rings um ihre Lippen Wälle auf und hoben entlang ihrer Nasenflügel und in den Winkeln der eingeschrumpelten Augen wahre Gräben der Mißbilligung aus, bis sie aussah wie eine dieser gefriergetrockneten Mumien, wie man sie öfter in den Anden fand. »Du hast doch irgendwie Joe Bosky eins ausgewischt, oder?« Sie sah hinunter auf ihr Pistolenhalfter und dann wieder zu Sess. »Ich sag dir eins: Nimm dich in acht vor dem Kerl ...!«
    Also fuhr er den Pickup die paar hundert Meter in den Ort rein und ließ ihn behutsam durch die tiefen Furchen und halbvergrabenen Steine bis auf den

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