Grün war die Hoffnung
Gestalten, die ineinanderwuchsen und sich trennten, wie Glasscherben in einem Kaleidoskop, das Kanu glitt jetzt näher, und die beiden bückten sich ins Wasser und richteten sich wieder auf, gekleidet in die überall erhältlichen hüfthohen Anglerhosen und in grellbunte Hemden, ein Lichtreflex funkelte auf der massiven Silberkette, die einen Hut mit flacher Krempe umschlang. Sess war perplex, total perplex. Da standen zwei Schwarze – zwei Neger, Hippie- Neger noch dazu – im tanzenden Sonnenlicht mitten im Last Chance Creek und wuschen Gold.
»Hallo!« rief er sie an, als das Kanu noch näher trieb. »Wie geht’s so?«
Keiner der beiden Männer sagte ein Wort. Blicke warfen sie ihm allerdings zu, das schon, dunkle Blicke, aus denen Feindseligkeit und Mißtrauen nur so sprühten. Das Wasser schwappte ihnen um die Oberschenkel, um die schlaffe Gummihaut ihrer Anglerhosen. Sie betrachteten das Kanu einen feierlichen Moment lang, als wäre es soeben spontan aus dem Nichts erschienen, wie eine Art Amalgam von Wasser und Luft, und sie sahen erst Pamela und dann Sess lange an, bevor sie wieder an die Arbeit gingen und Schaufel um Schaufel Sand in ihren stumpfglänzenden Blechpfannen wuschen, bis alle so vielversprechend aussehenden Quarzkörnchen freigespült waren.
»Schon die richtige Farbe gefunden?« fragte Sess, denn irgend etwas mußte er sagen.
Der kleinere der beiden hob den Blick, sein Gesicht sah aus wie ein von geheimen Lastern über die Jahre glattgeschmirgelter Tabaksbeutel. Er sprach ganz leise, fast im Flüsterton: »Nö, hier gibt’s nix, stimmt’s, Franklin?«
Der andere sah jetzt auch auf, wilder Blick und eine wenig einladende Miene. »Nö«, sekundierte er, »gar nix.«
Dann wieder der erste: »Die Scheißstelle hier ist echt zum Vergessen. Stimmt’s, Franklin?«
»Stimmt genau.«
Sess sagte, daß man sich wohl später mal wiedersehen würde, und Pamela wünschte ihnen viel Glück, dann tauchten sie beide die Paddel ein und beeilten sich, außer Hörweite zu gelangen, um den Vorfall miteinander zu durchleuchten. Sie waren etwa drei-, vierhundert Meter gekommen, als Pamela das Paddel in die Strömung stellte und sich zu ihm umdrehte. »Was war denn das jetzt eben?«
»Keinen Schimmer«, antwortete er. »Aber in dem Bach da finden die keine zehn Gramm Gold, und wenn sie hundert Jahre danach suchen.«
»Na, den Eindruck haben sie aber nicht gemacht. Die benehmen sich doch eher wie diese wilden Gesellen im Schatz der Sierra Madre , so wie Humphrey Bogart, und wer war der andere?«
»Walter Huston«, sagte er.
»Genau, Walter Huston.«
Das Kanu trieb dahin. Die Sonne schnitt Diamanten aus dem Wasser. »Das waren Schwarze, Pamela. Neger. Was um Himmels willen tun Schwarze hier in Alaska?«
Inzwischen war Boynton in Sicht gekommen, und sie drückte den Rücken durch und tauchte ihr Paddel wieder ein. »Meine Güte, Sess«, sie schleuderte die Worte über die Schulter zu ihm nach hinten. »Schwarze, Indianer, Chinesen, welchen Unterschied macht das schon? Du klingst ja, als hättest du noch nie einen Schwarzen gesehen.«
Er wollte gerade sagen: »Hab ich auch nicht«, doch da entdeckte er die nächste Seltsamkeit, auf ihre Weise ebenso bizarr wie die beiden Männer in der Bachmündung, die ihn von der Uferlinie her in einer Explosion von Farben ansprang. Es war kein richtiges Haus, erinnerte von weitem eher an einen Wellblechschuppen, eingezwängt zwischen seiner Hütte und Richard Schraders Baracke aus verwitterten Sperrholzplatten, dann aber begriff er, was es war, und da durchzuckte ihn die Antwort auf seine Frage. Wo findet man Schwarze hier in Alaska? In einem Hippiebus, da findet man sie.
Falls er sich im Three Pup Wärme und Geselligkeit erwartet hatte, so lag er falsch. Lynette lauerte ihm geradezu auf und Skid Denton ebenfalls. Kaum hatte er Pamela die Tür aufgehalten, stieß sich Lynette vom Tresen ab und rief: »Hoppla, da kommt er ja – der Hippiekönig höchstpersönlich. Oder sollte ich lieber sagen, der Hippiehauswirt?«
Skid Denton saß wie immer auf seinem Platz am Ende der Theke, vor sich einen Teller Fritten, in der Hand ein perlendes Glas Bier. Er beugte sich aus der Hüfte heraus vor und gab seinen Senf dazu: »Lagerfeuer Nacht für Nacht, und diese Hippiemusik hört niemals auf. Weiter oben den Fluß rauf vögeln sie sich wund, was man so hört, die vögeln alles bis auf den Hund, und den lieben langen Tag rauchen sie Rauschgift. Haben die wirklich ein Blockhaus
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