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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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kein Tropfen, sein weißer Parka war so sauber und makellos wie der Schnee. Seine Augen funkelten im Schein des Feuers, und er wollte sich bewegen, man konnte es sehen, wollte aufstehen, sich erheben und der Herausforderung begegnen, aber es gelang ihm nicht. Ein Ausdruck schoß Marco durch den Kopf, ein Begriff aus der Zeitung, aus den Todesanzeigen: innere Verletzungen .
    Äußere Verletzungen waren hierzulande schlimm genug, aber bei inneren Schäden, die man nicht sehen konnte, gab es nur wenig Hoffnung. Sie müßten zurückgehen und den Schlitten holen, ihn aufladen und sich dann auf den weiten Weg vorbei an Drop City, Sess’Blockhaus, den Woodchopper Creek bis nach Boynton machen, von wo ihn irgend jemand ausfliegen und ins Krankenhaus nach Fairbanks bringen müßte, und das alles mit unklaren Verletzungen, eventuell geplatzten inneren Organen, durchtrenntem Rückenmark, im verborgenen leise sickerndem Blut. Doch Sess schob ihm statt dessen das Gewehr ins Gesicht, die Mündung ruhte genau auf Boskys Nasenrücken, der kalte Kuß des stählernen Laufs markierte die Stelle, wo sich die buschigen schwarzen Augenbrauen trafen, und Joe Bosky bemühte sich, etwas herauszubringen, seine letzten Worte, und was er dann sagte, auch als Sess Harder das Gewehr wieder wegnahm und auf seiner kantigen, mondbeschienenen Schulter abstützte, das war: »Fick dich doch selber.«

33

    Zuerst wußte Star nicht, was sie sagen sollte, sie dachte an Che und Sunshine, an ihre plärrenden Gesichter und hemmungslos stampfenden Beine, an ihren Lärm, ihren Schmutz – sie waren immer dreckig, verdreckt geboren –, und sie blickte beiseite, versuchte sich zu sammeln. Sie fuhr mit dem Finger den Rand der Tasse entlang und schaltete ihr Ein-Millionen-Kilowatt-Lächeln ein, und obwohl sie eigentlich Nein, o nein! sagen wollte, so wie sie auf die Neuigkeit von Krebs, gebrochenem Herzen und auf sonstige Fälle von Kummer und Leid reagiert hätte, gelang es ihr schließlich, etwas Angemessenes zu murmeln, oder wenigstens etwas Gutwilliges. Und dann, noch ehe sie nachdenken konnte: »Hast du ... ich meine, wolltet ihr ...?«
    Pamela sah ihr kurz in die Augen und brach dann in Gelächter aus – sogar ihre Tasse stellte sie ab, weil sie so lachen mußte, ihre Augen waren zu Schlitzen zusammengepreßt, und mit den Händen fuhr sie sich an die Schläfen, wie um mit Mühe den Kopf zwischen den Schultern zu halten. »Man könnte meinen, ich hätte gerade verkündet, daß uns das Dach über dem Kopf abbrennt, so wie du mich anschaust – wirklich, Star, du solltest dich mal sehen.« Sie lachte noch einmal laut auf und schlug klatschend mit der Hand auf das Resonanzbrett des Tischs. »Meine Güte, bist du witzig.«
    Star lachte ebenfalls, ließ sich darauf ein – na schön, in Ordnung, dann machte sie eben mit –, aber noch während sie lachte, während sie gemeinsam lachten, dachte sie an sich und daran, was sie tun würde, wenn sie an Pamelas Stelle wäre. Sie hatte sich mit Antibabypillen eingedeckt – alle hatten das getan, es war Rebas Idee gewesen, vielmehr ihre fixe Idee –, trotzdem hatte sie vor einigen Wochen die letzte aufgebraucht. Wenn sie und Marco sich jetzt liebten, dann war es immer ein sehr behutsamer, beklommener Akt, über dem ständig die Bedrohung der Konsequenzen schwebte, und er zog sich im kritischen Moment regelmäßig aus ihr zurück – Coitus interruptus –, als ließe sich das Unvermeidliche damit umgehen, aber wie viele ihrer Klassenkameradinnen damals auf der katholischen Mädchenschule hatten davon schon ihr zweites oder drittes Kind? Sie würde sich umbringen. Es abtreiben lassen. Aber wo? Wie? Jemand hatte erzählt, die Indianerinnen wüßten eine Methode, irgendeine Wurzel, aus der sie einen Tee kochten, oder vielleicht machten sie auch einen Wickel daraus, der einem den Fötus herauszog wie den Eiter aus einer Infektion ...
    »Weißt du, eigentlich gratuliert man bei so einer Neuigkeit. Eigentlich solltest du quietschen und herumhüpfen – wir sollten beide miteinander quietschen und herumhüpfen. Ich kriege ein Baby! Du bist die erste, der ich das erzählt habe, und du siehst aus, als hättest du mich gerade in einem Sack eingenäht im Fluß gefunden.«
    Star wollte eine Zigarette. Die erste dieses Tages hatte sie schon hinter sich, aber sie versuchte, weniger zu rauchen, nicht nur weil es Geld kostete und weil die Brüder und Schwestern einen pausenlos anschnorrten, sondern weil es eine Sucht war, und sie

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