Grün war die Hoffnung
gierte, losgebunden und angeleint und gefüttert zu werden. Pamela ging kurz noch einmal hinein, um den Kessel aufzusetzen, Star begleitete sie, um ihren Parka zu holen, und im nächsten Augenblick waren die beiden wieder draußen im Mondlicht, wo der Schock der supragekühlten Luft ihnen das Nikotin aus den Lungen ätzte.
Eine rasche Umarmung, ein Mann, eine Frau, dann war Pamela unten bei den Hunden, band einen nach dem anderen aus dem Geschirr und führte jeden zu seiner Hundehütte und seinem eigenen Anleinpflock. Star stand in der Kälte da und hüpfte von einem Fuß auf den anderen, wollte gern helfen beim Gestalten des Übergangs von der Wildnis zu Heim und Herd, zu Kuchen und Essen und Trinken und Geschichten und irgendwann zu Liebe, aber sie kannte die Hunde nicht, wußte nicht, was mit ihnen anzustellen war, also hielt sie sich zurück und wartete. Eines der Tiere, das immerhin bemerkte sie, war verletzt und hatte die Rückfahrt oben auf dem Schlitten verbracht, der im übrigen stark überladen schien, irgend etwas war dort viel zu hoch aufgestapelt, und wo waren eigentlich die Pelze? Sie hatte sich auf diese Pelze gefreut, so wie vielleicht die Frau eines Goldsuchers schon den Napf mit Nuggets vor sich gesehen hätte, die ihr Mann den verborgenen Säumen der Berge entlocken würde – mit anderen Worten: kein Gedanke an das Sterben der Tiere und den Ablauf ihres Leidens, denn daran wollte sie nicht denken, wollte es nicht wissen oder sich auch nur vorstellen. Die Pelze, nur die Pelze interessierten sie. Ihre Schönheit und Weichheit, von Nerz, Fischotter und Fuchs, wie durch Zauberei entstanden, ganz so wie die Lachse, die in den Bächen wuselten, und die Entenschwärme am Himmel. Aber wo waren sie? Und was ragte da über den Schlittenrahmen hinaus – Stiefel? Ein Paar Ersatzstiefel?
Sie wollte gerade etwas sagen, als Marco aus dem blauen Geglitzer des Schnees auftauchte, sie am Arm ergriff und durch den Trampelkorridor ins Innere des Hauses führte. Sein Bart war aus Eis. Sein Blick wirkte gesplittert und gebrochen. Die Nasenspitze hatte die falsche Farbe. »Es ist was passiert«, sagte er.
Von draußen drangen Geräusche herein, die Stimmen von Sess und Pamela, die Hunde, die kläfften und um Futter bettelten. »Was?« fragte sie und bemühte sich, in seinem Gesicht zu lesen, obwohl sich Marco von ihr abwandte, um die Hände über dem Ofen zu wärmen. Ihr wurde auf einmal übel. Ein Schatten legte sich über das Land, über das Blockhaus, über Drop City. »Was denn? Was ist passiert?«
»Ronnie«, sagte er.
»Ronnie?« Sie verstand nicht. Was konnte Ronnie denn mit einem verletzten Schlittenhund und einer Drei-Tages-Tour über Hügel und durch Schluchten bei minus vierzig Grad zu tun haben? Ronnie der Dieb? Ronnie der Unbedeutende? Wen kümmerte er schon? Wirklich, wer scherte sich um ihn? Er war mit ihr auf die Highschool gegangen. Er war mit ihr im Bett gewesen. Er hatte ihr Geld gestohlen.
Marco konnte ihr nicht in die Augen sehen, und das jagte ihr Angst ein.
»Was?« wollte sie wissen. »Was war los?«
»Er ... Sie haben versucht, er und Bosky ... aus dem Flugzeug ... Er ist gestorben. Er ist tot.«
Sie begriff noch immer nicht. »Wer jetzt? Joe Bosky?«
»Alle beide. Das Flugzeug ist abgestürzt.«
Sie mußte sich setzten, und jetzt war Pamela im Zimmer, Sess kam gleich hinter ihr herein, die Tür knallte zu, der letzte Hauch der Kälte war eingesperrt und verwehte im Wärmeofen der vier Wände, der knappe Raum wirkte plötzlich beengt, überall Schultern, Gesichter, Arme und Beine, vier Menschen in Parkas stapften umher und wichen voreinander zurück, als versuchten sie, sich während der Stoßzeit einen Weg durch die Grand Central Station zu bahnen: Ronnie? Tot?
Irgendwann – es mußte eine Stunde danach gewesen sein oder noch später – ging Star wieder hinaus, die Hand fest in Marcos gelegt, um ihn sich anzusehen, da auf dem Schlitten, weil sie es immer noch nicht glaubte, weil sie nicht daran glaubte, daß irgendwer sterben konnte – alte Leute vielleicht, gut, die schon –, aber niemand, den sie kannte, niemand wie Ronnie. Wie Pan . Sie waren zusammen quer durch das Land gefahren. Er hatte sie zum Lachen gebracht. Hatte sich an sie gedrückt, in der Stille ihres Mädchenzimmers, auf dem Sitz seines Wagens, in den gestärkten trommelharten Betten von Motels in anonymen Städten, er hatte ihr vorgelesen und vorgesungen, sie angehimmelt und geliebt. Und nun lag er steifgefroren
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