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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Land, gut bewässert, mit zahlreichen kleinen Tälern, die ausgezeichnete Schafweiden aufweisen. Es gibt keine wilden Tiere, welche die Herden gefährden könnten. Ein guter Hafen sowie geschützte Ankerplätze sind vorhanden.
    Ein Jahr darauf erwarb ein von Eustace Barron, dem englischen Konsul in Tepíc, Mexiko, angeführtes Konsortium die Insel. Shaw blieb Verwalter. Die neuen Besitzer wollten Schafzucht in großem Stil betreiben und erwarben jenseits des Atlantiks erstklassige Zuchttiere – Merinoschafe aus Spanien und langhaarige Leicesterschafe aus England, Rassen, die nicht nur für ihre hervorragende Wollqualität, sondern auch für ihre Robustheit und Anpassungsfähigkeit bekannt waren. Unberührtes Weideland und das Fehlen jeglicher Raubtiere (damals brüteten auf den Santa-Barbara-Inseln noch keine Steinadler) ließen die Herden gedeihen. Zehn Jahre später gab es fünfzigtausend Schafe auf der Insel. Das ehemals schaflose Santa Cruz wimmelte plötzlich von Schafen. So konnte Barron seine Anteile mit Gewinn an eine Handelsgesellschaft in San Francisco verkaufen. Die neuen Besitzer gründeten die Santa Cruz Island Company und setzten als Direktor Justinian Caire ein, einen weitblickenden französischen Eisenwarenhändler, der in den Westen gekommen war, um beim großen Goldrausch einträgliche Geschäfte zu machen, stellten jedoch bald fest, dass die Menge der Schafe zu groß war. Quellen waren ausgetrocknet. Die Insel war überweidet. Es musste sich etwas ändern.
    Wenn die Einführung von Ratten in ein geschlossenes Ökosystem die katastrophalsten Folgen hat, so belegen Schafe und Ziegen mit ihrer Fähigkeit, noch die kleinsten Nischen zu besetzen und praktisch alles bis auf die nackte Erde abzufressen und zu verdauen, einen knappen zweiten Platz. Das Hauptproblem ist natürlich die Überweidung. Barrons Schafe fraßen sich wie ein Buschfeuer durch die Vegetation der Insel und verschmähten, als die von ihnen bevorzugten Gräser und Kräuter abgeweidet waren, weder die heimischen Sukkulenten noch Büsche oder junge Bäume. Die Trockenzeiten wurden immer länger. Die Winde wehten. Und als mit den Monsunstürmen der Regen kam, wurde die von den Wurzeln der vernichteten Pflanzen nicht mehr festgehaltene Erde abgetragen, so dass die Hänge aussahen wie ein stümperhaft gehäuteter Kadaver. Das Meer färbte sich dunkel vom Schlamm. Die ihres Schutzes und der Ressourcen beraubten heimischen Pflanzen starben ab, und die Kiefernwälder in den höheren Lagen wurden durch die permanente Beweidung ausgedünnt, so dass es weniger Zweige gab, an denen sich der Nebel niederschlagen konnte, und die Insel noch trockener wurde. Also brachte Monsieur Caire seine Lämmer auf den Markt, schor die Herde in der transquila am Hauptgebäude, verkaufte die Vliese nach Gewicht, ging in die Hügel und schoss die Tiere, für die er keine Verwendung hatte. Etwa vierundzwanzigtausend Schafe wurden getötet, und immer noch wurden Hornklee, Mädchenaugen und Fetthennen, Malven und Stachelbeeren, Manzanita und Gauklerblumen, Glanzmispeln und Bergmahagoni abgefressen, bevor sie blühen und Samen tragen konnten. Und mit ihnen ging auch die Zahl der Dickkopffalter und Schnaken, der Laubheuschrecken und Wurmsalamander beständig zurück.
    Für Caire war das Problem der Überweidung durch Diversifizierung zu lösen. Er fand seine Partner ab und ließ sich auf der Insel nieder. Man legte Äcker für Feldfrüchte und Futterpflanzen an. Man pflanzte Weinstöcke und baute einen Weinkeller. Man brachte Rinder auf die Insel und errichtete Außenposten bei Christy Beach im äußersten Westen und bei Smugglers’ Cove und Scorpion Anchorage im Osten. Die Rinder ließ man, wie die Schafe, auf die Weide, begrenzte ihre Zahl jedoch durch rigorose Auslese. Einige Schafe verwilderten und wurden zum Vergnügen gejagt, ebenso wie die Schweine, die wie Ungeziefer ihr Unwesen trieben, Zäune niederrissen, Äcker verwüsteten und im Schutz der Dunkelheit in die Weinberge eindrangen und nichts als Scheiße und zerstörte Pflanzen hinterließen. Trotz der Empfindlichkeit des ökologischen Gleichgewichts machte die Santa Cruz Island Company gute Geschäfte, indem sie Lamm- und Rindfleisch, Wolle, Häute, Talg und Wein auf das Festland lieferte, doch vor allem der Wein war es, der die Kassen klingeln ließ.
    Caire hatte ein Vermögen damit verdient, den Goldgräbern Spitzhacken, Schaufeln und dergleichen zu verkaufen, wenn sie mit verzerrten Gesichtern von den

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