Grün war die Hoffnung
nahrhafte Mahlzeiten, die sie meist im Wok zubereitete: Blumenkohl, Pok Choy, Pilze, Zuckerschoten, Bohnensprossen oder was sich sonst gerade auf dem Markt fand, dazu Fisch, den sie den heimkehrenden Fischern für praktisch nichts abkaufte: Heilbutt, Hummer, Krabben oder Rotbarsch.
Und uni , obwohl sie sich nie dafür erwärmen konnte. Uni – Seeigel – waren das, was Greg und Mickey aus dem Meer holten, ausschließlich uni , denn mit Abalone war wegen der Überfischung kein Geld mehr zu verdienen, auch Grundfische waren selten geworden, und Hummer durften nur zu bestimmten Zeiten gefangen werden. Gregs Vater hatte den Nischenmarkt für Seeigel entdeckt. Er verkaufte sie an einen Zwischenhändler in L. A., der sie nach Japan fliegen ließ. Sie waren unter den ersten, die sich auf Seeigel spezialisierten, aber in den späten siebziger Jahren, als Alma in die vierte, fünfte, sechste Klasse ging und es für das Normalste auf der Welt hielt, auf einem Boot zu leben, setzte ein echter Boom ein. Bis dahin hatte man Seeigel für eine Plage gehalten, doch mit einemmal waren sie ungeheuer begehrt. Die Japaner konnten gar nicht genug davon kriegen. Sie hatten es hauptsächlich auf den Rogen abgesehen oder vielmehr auf die Keimdrüsen, orangerote Organe, die sternförmig in der stachligen Schale angeordnet waren. Diese wurden vom Großhändler ausgelöst, in Eis gepackt und über Nacht nach Tokio geflogen. »Schwarzes Gold« nannte man die Seeigel, auch wenn sie sich im Sonnenlicht rot oder violett färbten, und sie brachten gutes Geld, erstklassiges Geld, phantastisch viel Geld.
Als Alma in die sechste Klasse ging, kauften sie ein Haus in einer Nebenstraße, nur wenige Gehminuten vom Hafen entfernt, und damit war es vorbei mit der Feuchtigkeit und dem Schimmel, mit der Beengtheit und dem Fischgeruch, so übermächtig, als würden sie im Schlamm auf dem Meeresgrund leben. Es war nicht perfekt – in den ersten Monaten schlief Alma schlecht und wachte immer wieder weinend auf, weil das Bett sich nicht bewegte und der Boden nicht schwankte und schaukelte, und am besten schlief sie schließlich auf dem Teppich unter dem Bett, wo sie das Gefühl haben konnte, sie sei noch immer in ihrer engen Koje unter dem Vordeck –, aber für Kat war es ein Unterschied wie Tag und Nacht. Ein Haus in einiger Entfernung vom Wasser, in dem sie Platz hatte und sich nicht ständig sorgen musste, ihre Tochter könnte über Bord fallen und ertrinken, in dem sie in der Küche auf und ab gehen konnte, ohne dass bei jedem Schritt Wasser unter ihren Füßen schmatzte, war reinigend, revolutionär und befreiend, ganz zu schweigen davon, was es für ihr Sexleben bedeutete: In unzähligen Nächten hatten Greg und sie sich aus der Kajüte stehlen müssen, um sich fröstelnd auf dem Vordeck oder dem mit Leder bezogenen Sitz im Cockpit zu lieben, damit Alma sie nicht hörte. Und dann war da auch noch das kleine Wunder Mrs. Meehan, die Frau, die sie gefunden hatten und die nach der Schule auf Alma aufpasste, so dass Kat mit Greg und Mickey hinausfahren und auf dem Boot helfen konnte.
Sie wurde also ihre Handlangerin. Dadurch hatten die beiden mehr Zeit, um Seeigel zu sammeln, und mussten sich nicht mehr um die Ausrüstung kümmern, und nach den Jahren in der Bibliothek, dem Takesue-Haushalt und diversen Teilzeitjobs, die Kat nach Almas Einschulung angenommen hatte, um gegen die Langeweile anzukämpfen, brachte diese Veränderung sie ins Leben zurück. Die ersten Tage waren hart, aber sie begriff schnell, worum es ging. Greg war geduldig, während sein Partner besonders morgens, vor dem ersten Tauchgang, eher schlechtgelaunt war, und es dauerte keinen Monat, bis nicht nur ihr Selbstvertrauen, sondern auch ihre Muskeln in den Armen und Schultern zunahmen, und wenn es auch nicht gerade besonders weiblich war, einen gestählten Oberkörper zu haben, so fühlte es sich doch gut an. Und ebensogut fühlte es sich an, draußen zu sein, auf dem Meer, unter freiem Himmel.
Als Handlangerin auf einem Boot von Seeigelsammlern war sie für all die Aufgaben zuständig, die die Taucher nicht gern selbst erledigten: Sie ließ den Anker an vielversprechenden Stellen fallen, legte die Anzüge und Schläuche bereit, bediente die Winsch, mit der der Fang an Bord gehievt wurde, behielt den Kompressor im Auge, wenn die beiden Männer in zehn Meter Tiefe im eisigen, strömungsreichen Wasser arbeiteten, und sorgte dafür, dass sie vor den Tauchgängen am Nachmittag ein gutes
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