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Grün war die Hoffnung

Grün war die Hoffnung

Titel: Grün war die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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des Strandes, an beiden Seiten begrenzt von aufragenden Pfeilern aus glattem nassem Fels, die sich zu den Bergkämmen dahinter erheben, der Regen, der Nieten ins Meer schlägt, der niedrig hängende Himmel, unter dem sich nichts regt, nicht einmal Möwen.
    »Ja, klar«, hört er sich sagen, damit alle es hören können, während er in Gedanken bereits an Land gesprungen ist und den Canyon hinaufläuft. »Gute Idee. Wir wollen das Ding nicht überladen, nicht bei diesem Wetter.«
    Aber das ist alles nur Show, denn Wilson und er haben die Details schon besprochen, als sie die Landzunge umrundet haben und in Willows Cove eingefahren sind. Einer muss auf dem Boot bleiben, und das wird Wilson sein, denn in dieser Truppe von Amateuren ist er der einzige, auf den Verlass ist. Und das bedeutet, dass Wilson sie übersetzen wird, drei Leute beim ersten- und drei beim zweitenmal, und danach wird er das Beiboot wieder an Bord holen, für den Fall, dass jemand hier herumstreicht.
    »Ich werde sagen, ich sehe mir die schöne Gegend an«, hat Wilson gewitzelt, während die anderen unten ihr Zeug zusammenpackten. »Oder besser noch: Ich suche nach einem schönen, abgelegenen Ort, wo ich mich in Ruhe umbringen kann. Was meinst du? Glaubst du, das wird sie beeindrucken?«
    Er war zu angespannt für solche Spielchen. »Mach keinen Scheiß, okay? Und halte Ausschau nach uns – sobald wir wieder auf dem Strand sind, lässt du das Beiboot zu Wasser und kommst mit Vollgas, als wär’s der Ernstfall, wo jede Sekunde zählt.«
    »Und was soll ich jetzt sagen? ›Aye-aye, Sir‹?«
    »Verarsch mich nicht. Nicht hier. Nicht jetzt.«
    »Ich würde dich doch nie verarschen, Dave«, sagte Wilson, womit er genau das tat. »Aber keine Sorge, ich hab alles im Griff. Ich will es doch genauso wie du – oder hast du das vielleicht vergessen?«
    »Also gut«, sagt Dave jetzt und wirft noch einen Blick auf den Strand, wo die Brandung nicht so stark ist, weil der Sturm die Wellen längs an der Insel entlangtreibt. »Toni, Sie und Cammy und ich fahren zuerst, Josh, Kelly und Suzanne kommen nach. Wenn das Boot den Strand erreicht hat, springen Sie raus und rennen zu den Weiden da drüben, sehen Sie? Haben Sie keine Angst, dass Sie sich die Füße nass machen oder so – rennen Sie und verstecken Sie sich, damit das hier so schnell wie möglich über die Bühne ist und Wilson das Beiboot wieder an Bord holen kann. Wie ich schon sagte: Wenn die uns beim Landen sehen, können wir einpacken.«
    Dann sitzen sie im Schlauchboot und hüpfen über die Wellen, das Ufer kommt wie an einer Schnur gezogen näher, der Motor knurrt, die Gischt spritzt ihnen ins Gesicht. Wilson macht das gut, er klappt den Motor hoch und nutzt für die letzten Meter den Schwung des Bootes, aber Toni Walsh ist ein bisschen unsicher, als es um die Umsetzung des Konzepts vom leichtfüßigen Sprung an Land geht: Sie steht bis zu den Knien im Wasser und ist in Gefahr, von der nächsten Welle umgeworfen zu werden, als Dave sie am Arm packt und auf den Strand zieht. Cammy dagegen wirft sich auf den Sand wie ein Marine und rennt zum Gebüsch. Ihr Haar unter der schwarzen Mütze ist nass und strähnig, der durchsichtige Regenponcho klebt an ihren Oberschenkeln. Im Nu ist sie verschwunden.
    Zwei Minuten – hundertzwanzig Sekunden – später sind er und Toni Walsh bei ihr unter den Weiden, noch nicht mal außer Atem. Das heißt, er ist nicht außer Atem – Toni dagegen scheint zu hyperventilieren. Er hört, wie sie die Luft mit abgehacktem Raucherkeuchen einzieht, Wasser plätschert über die Steine, Baumfrösche schrillen, Regen zischt in den Blättern. Ein intensiver Geruch nach Pflanzen, nach Schlamm und Fäulnis liegt in der Luft. Alles scheint zu tropfen. Der Himmel über ihnen ist eher schwarz als grau. Daves Socken sind durchnässt, und er spürt das kalte Prasseln des Regens, der durch die Mütze sickert, die Haare tränkt und Tropfen für Tropfen in den Nacken rinnt.
    Durch den Regenvorhang sieht er dem Beiboot nach. Wilson steuert das Heck der Paladin an, Josh beugt sich vor und greift nach der Leine. Ohne nachzudenken klettert Dave auf ein paar wasserumspülte Felsen, um besser sehen zu können, während Toni Walsh schnaufend und völlig durchnässt in ihrer großen nassen rosaroten Tasche nach einer Zigarette kramt und ihn verärgert ansieht. Die Felsen sind rund und glatt wie die Eier von Dinosauriern, und plötzlich ist die langbeinige, hagere Cammy neben ihm und sieht sehr

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