Grün war die Hoffnung
und sich per Funk mit Freeman Lorber, Annabelles Boss bei TNC und einem halben Dutzend Wildbiologen beraten hatten, betäubten sie es, wogen und vermaßen es und nahmen zwei Blutproben für einen Vergleich mit Festlandpopulationen. In der dritten Nacht wurde die Tür des Käfigs irgendwie geöffnet – Waschbären sind sehr geschickt, sehr intelligent –, und das Tier war fort.
Als das Boot am Steg von Scorpion Bay anlegt, schläft Beverly wieder und wacht glücklicherweise auch nicht auf, als Alma sie in die Trage steckt und den Reißverschluss schließt. Annabelle – die sie noch nie so fürsorglich erlebt hat – hält die Trage, so dass Alma mit den Armen durch die Gurte schlüpfen und das Gewicht gleichmäßig auf die Schultern verteilen kann, und dann gehen sie an Deck und stellen sich in der Schlange der Menschen an, die die Leiter zum Steg hinaufklettern wollen, während der Kapitän der Islander in einem aus langer Erfahrung geborenen Manöver die Motoren auf minimaler Kraft laufen lässt, so dass der Bug des Boots am Steg anliegt. Bei bewegter See ist es gar nicht so leicht, die Leiter zu fassen zu bekommen, die, im Gegensatz zum Boot, natürlich fest verankert ist, aber heute ist das kein Problem. Nicht mal für langsame und ältere Menschen. Nicht mal für Menschen mit Babys.
Die Szenerie ist von einer so reinen Schönheit, dass es ihr jedesmal den Atem verschlägt: Die Felsen ragen auf und lassen sie und das Boot und alles von Menschenhand Gemachte klein und unbedeutend erscheinen, über ihr wimmelt es von Seevögeln, und der Blick entlang den Klippen nach Osten ist so wild und urtümlich, dass man die großen Flugsaurier der Kreidezeit, die dort auf ihren unordentlichen Nestern gehockt haben, beinahe sehen kann. Auf dem Steg teilen sich die Passagiere in zwei Gruppen: Die Park-Service- und TNC-Leute steuern auf das in der Nähe gelegene Ranchhaus zu, während die Camper und Tagesausflügler in den Genuss eines Vortrags von einem der freiwilligen Mitarbeiter des Park Service kommen, der ihnen die Regeln aufzählt, Regeln, die ihrer eigenen Sicherheit dienen und von den meisten auch befolgt werden, auch wenn es Idioten gibt, die das nicht tun. Wie könnte es auch anders sein, wenn die Allgemeinheit Zutritt hat? Die Leute fallen von Klippen und ertrinken, sie betrinken sich und werden gewalttätig, sie brechen sich Knochen, ihr Herz macht nicht mehr mit – das ist der Alltag des Park Service. Alma hegt beinahe einen Groll gegen die Allgemeinheit, gegen diese Leute, die über alles hinwegtrampeln und ihren Abfall hinterlassen, die Artefakte stehlen und Vögel von ihren Nestern aufschrecken, auch wenn sie weiß, dass sie nicht so denken sollte. Und doch: wie viel besser wäre es, wenn niemand hierherkäme und die Inseln einfach so sein könnten, wie sie immer waren. Oder hätten sein sollen. Wie damals, bevor die Aleuten kamen und die Seeotter ausgerottet haben, vor den Schafzüchtern, den Viehzüchtern und allen anderen.
Kurz bevor der Kapitän ablegt, um die an Bord Gebliebenen nach Prisoners’ Harbor zu bringen, hat der Freiwillige – ein eifriger Mann in mittleren Jahren mit Shorts, einer aus der Stirn geschobenen Mütze und einem kunstvoll geschnitzten Wanderstab – noch eine überaus wichtige Ansage zu machen: »Seien Sie um halb vier wieder hier am Steg – das Boot legt um vier Uhr ab.« Er hält inne und sieht allen nacheinander ins Gesicht. »Sonst müssen Sie über Nacht hierbleiben, ob Sie das nun geplant haben oder nicht.« Die Camper und Picknicker und Wanderer wechseln Blicke und grinsen schief: Auf keinen Fall werden sie das Boot verpassen, denken sie, aber natürlich gibt es oft genug einen, der es eben doch verpasst.
In diesem Augenblick, als Wade und Jen und die anderen das Zeug für die Party ausladen und Alma nur dasteht und alles in sich aufnimmt – ihre erste Fahrt zur Insel, seit Beverly geboren ist! –, fängt sie zufällig den Blick einer Frau auf, die rechts neben dem freiwilligen Mitarbeiter steht. Die Frau – sie ist etwa so alt wie Almas Mutter – starrt sie unverwandt an. Kennen sie einander? Für eine Frau von etwa Sechzig sieht sie gut aus, mit ihrem wilden Schopf aus ergrauendem Haar, das unter einem dieser abgenutzten Strohhüte hervorsieht, wie sie Mexikaner tragen, und dem allgemeinen Eindruck von Fitness und Durchtrainiertheit, den sie macht, mit ihrer eher jugendlichen Kleidung – Jeans und Jeansjacke, ein schwarzes T-Shirt mit dem Logo irgendeiner Band
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