Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)
Sex hätte ich jetzt nichts einzuwenden, aber dazu bin ich wahrscheinlich zu betrunken. Na ja, dann hole ich mir eben eine neue Flasche und bringe es zu Ende.«
»Cian. Cian, die Menschen rücken näher zusammen, wenn der Tod da war. Das ist keine Respektlosigkeit, sondern ein Bedürfnis.«
»Du willst mir doch jetzt wohl keinen Vortrag über Sex halten. Davon verstehe ich wesentlich mehr, als du dir jemals vorstellen kannst. Von Lust und von Schmerzen.«
»Die Leute versuchen auch, sich mit Alkohol zu trösten, aber das ist nicht so gesund. Ich weiß, was er dir bedeutet hat.«
»Nein, das weißt du nicht.«
»Er hat mit mir mehr als mit den anderen geredet, wahrscheinlich, weil ich gerne zuhöre. Er hat mir erzählt, wie du ihn vor Jahren gefunden und was du für ihn getan hast.«
»Ich habe mich damit amüsiert.«
»Hör auf!« Der befehlsgewohnte Ton war ihr angeboren. »Damit zeigst du mangelnden Respekt für einen Mann, der mir ein Freund war. Und dir war er ein Sohn, ein Freund und ein Bruder. Alles das. Ich möchte morgen für ihn einen Stein aufstellen. Wenn du mit herauskommen möchtest, könnte ich damit bis Sonnenuntergang warten und …«
»Was kümmern mich Grabsteine?«, sagte er und ging.
Glenna war so dankbar für die Sonne, dass sie vor Glück beinahe geweint hätte. Es waren zwar Wolken am Himmel, aber sie waren so dünn, dass das Licht hindurchdrang.
Herz und Körper schmerzten ihr immer noch. Aber damit würde sie schon fertig werden. Sie nahm eine ihrer Kameras und ging hinaus, um ihr Gesicht in die Sonne zu halten. Langsam schlenderte sie zum Fluss und legte sich dort ans Ufer, um sich zu sonnen.
Die Vögel zwitscherten, und die Luft war erfüllt vom Duft der Blumen. Fingerhut wiegte sich in der leichten Brise, und einen Moment lang spürte sie, wie die Erde unter ihr vor Freude über diesen neuen Tag seufzte.
Leid würde kommen und wieder gehen, das wusste sie. Aber heute war alles von Licht erfüllt, und es war noch Magie in der Welt.
Als ein Schatten über sie fiel, drehte sie den Kopf und lächelte Moira an.
»Wie geht es dir heute Morgen?«
»Besser«, erwiderte Glenna. »Ich bin zwar noch ein bisschen wacklig auf den Beinen, aber ich fühle mich viel besser.«
Sie musterte Moiras Umhang und die Hose aus dem groben Stoff. »Wir müssen dir Kleidung besorgen.«
»Das hier tut es doch.«
»Vielleicht fahren wir in den Ort und sehen mal, was es dort so gibt.«
»Ich habe nichts zum Tauschen dabei. Ich kann nicht bezahlen.«
»Dafür gibt es Kreditkarten. Ich lade dich ein.« Sie ließ sich wieder auf den Rücken sinken und schloss die Augen. »Ich habe geglaubt, es wäre noch niemand wach.«
»Larkin hat das Pferd gesattelt und ist ausgeritten. Das tut beiden bestimmt gut. Ich glaube, er hat überhaupt nicht geschlafen.«
»Vermutlich hat keiner von uns ein Auge zugemacht. Jetzt, am helllichten Tag, mit der Sonne und dem Vogelgezwitscher, kommt es einem so unwirklich vor, nicht wahr?«
»Mir scheint es ziemlich real zu sein.« Moira setzte sich neben sie. »Es zeigt uns, was wir zu verlieren haben. Ich habe einen Stein«, fuhr sie fort. »Ich dachte, wenn Larkin zurückkommt, könnten wir zu den Gräbern gehen und dort einen Stein für King aufstellen.«
Glenna hielt die Augen geschlossen, tastete aber nach Moiras Hand. »Du hast ein gutes Herz«, sagte sie. »Ja, wir machen ein Grab für King.«
Ihre Verletzungen hinderten Glenna daran zu trainieren, aber sie hielten sie nicht von der Arbeit ab. In den folgenden zwei Tagen kochte sie, kaufte ein und recherchierte.
Sie machte Fotos, als eine Art Dokumentation.
Die Beschäftigung gab ihr das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, während die anderen mit Waffen trainierten.
Da sie lange nicht mehr Auto gefahren war, machte sie ausgedehnte Fahrten über die schmalen Sträßchen, und mit jedem Kilometer wuchs ihr Selbstvertrauen. Sie arbeitete sich durch Zauberbücher und suchte nach Lösungen. Sie konnte King nicht zurückholen, aber sie würde alles tun, was in ihrer Macht stand, um die anderen zu schützen.
Dann hatte sie die blendende Idee, dass die anderen auch in der Lage sein müssten, den Kombi zu fahren. Mit Hoyt fing sie an.
Sie saß neben ihm, während er den Wagen im Schneckentempo die Straße auf und ab fuhr.
»Ich kann meine Zeit sinnvoller verbringen.«
»Mag sein.« Und bei dem Tempo würde es tausend Jahre dauern, ehe er über fünf Meilen am Tag käme. »Aber jeder von uns sollte sich ans
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