Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)
Gleichgewicht.« Frustriert blickte er sie an. »Und das, was ich für dich empfinde, gefällt mir nicht.«
»Das ist dein Problem. Es war nur ein Kuss.«
Er packte sie am Arm, bevor sie sich abwenden konnte. »Ich glaube, das war selbst in dieser Welt nicht nur ein Kuss. Du hast doch gesehen, womit wir fertig werden müssen. Verlangen ist eine Schwäche, und das können wir uns jetzt nicht leisten, weil wir unsere ganze Kraft auf das richten müssen, was vor uns liegt. Ich möchte nicht dein Leben oder das Schicksal der Welt für ein paar Momente der Lust aufs Spiel setzen.«
»Ich kann dir versprechen, dass es nicht nur ein paar Momente wären. Aber es hat keinen Sinn, sich mit einem Mann zu streiten, der Begehren als Schwäche ansieht. Am besten vergessen wir es einfach.«
»Ich will dich nicht verletzen«, erwiderte er bedauernd, aber sie warf ihm nur einen warnenden Blick zu.
»Noch eine Entschuldigung, und du sitzt auf deinem Hintern.« Sie ergriff ihre Schlüssel und ihre Handtasche. »Mach bitte die Kerzen aus und lass uns gehen. Ich möchte mich vergewissern, dass meine Sachen heil angekommen sind, und außerdem müssen wir uns um die Flüge nach Irland kümmern. Wir müssen uns auch noch überlegen, wie wir dich aus dem Land schmuggeln.«
Sie griff nach ihrer Sonnenbrille, die auf dem Tisch lag, und setzte sie auf. Ein Teil ihres Ärgers verrauchte, als sie seinen verblüfften Gesichtsausdruck sah. »Sie dämpft das Sonnenlicht, und außerdem sieht es schick aus.«
Als sie das Eisengitter geöffnet hatte, drehte sie sich noch einmal um und warf einen letzten Blick auf ihre Wohnung. »Ich muss einfach daran glauben, dass ich hierhin zurückkehren und alles wiedersehe werde.«
Sie trat in den Aufzug und drückte den Knopf zum Erdgeschoss. Als sich die Tür hinter ihr schloss, ließ sie vieles zurück, was sie liebte.
Als Cian aus seinem Zimmer kam, stand Glenna in der Küche und kochte. Bei ihrer Rückkehr hatte Hoyt sich sofort mit seinen Büchern in das Arbeitszimmer neben dem Wohnraum zurückgezogen. Hin und wieder spürte sie wellenförmige Erschütterungen von dort und nahm an, dass er irgendwelche Zaubersprüche übte.
Aber so ging er ihr wenigstens nicht auf die Nerven. Nur aus dem Kopf bekam sie ihn nicht.
Sie war vorsichtig mit Männern. Sicher, sie war gerne mit ihnen zusammen, hütete sich jedoch davor, sich ihnen rückhaltlos hinzugeben. Bei Hoyt allerdings hatte sie es getan, das konnte sie nicht leugnen. Es war unvorsichtig, impulsiv und anscheinend ein Fehler gewesen. Und obwohl sie erklärt hatte, es sei ja nur ein Kuss gewesen, war es ihr doch so intim wie ein Geschlechtsakt vorgekommen.
Er begehrte sie, ohne jeden Zweifel. Aber er begehrte sie nicht aus freien Stücken.
Ihrer Meinung nach war Verlangen keine Schwäche, sondern eine Ablenkung. Und Ablenkungen konnten sie sich nicht leisten, da hatte er Recht. Diese Charakterstärke und seinen gesunden Menschenverstand fand sie an ihm attraktiv, aber er machte sie damit zugleich auch nervös.
Also war sie in die Küche gegangen, um zu kochen. Es beruhigte sie, etwas tun zu können.
Als Cian verschlafen hereinschlich, schnitt sie gerade Gemüse.
»Mi casa ist anscheinend su casa.«
Unbeirrt fuhr sie fort. »Ich habe unter anderem verderbliche Lebensmittel von zu Hause mitgebracht. Allerdings weiß ich nicht, ob du überhaupt isst.«
Zweifelnd betrachtete er die rohen Karotten und die Kräuter. »Einer der Vorteile meines Schicksals ist, dass ich nicht wie ein braver Junge mein Gemüse aufessen muss.« Er schnupperte an dem Topf mit der würzigen Tomatensauce, der auf dem Herd stand. »Andererseits sieht das hier sehr lecker aus.« Er lehnte sich an die Küchentheke und beobachtete sie. »Wie du.«
»Vergeude bloß deinen fragwürdigen Charme nicht an mich. Ich bin nicht interessiert.«
»Daran könnte ich etwas ändern, nur um Hoyt zu ärgern. Es könnte unterhaltsam sein. Er versucht, dich nicht ständig anzuschauen, aber er versagt kläglich.«
Sie hielt kurz inne. »Letztendlich wird es ihm schon gelingen. Er ist ein sehr entschlossener Mann.«
»Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, war er das schon immer. Nüchtern und ernsthaft und völlig gefangen in seiner Gabe.«
»Siehst du es so?« Sie legte das Messer weg und drehte sich zu ihm um. »Es ist keine Gefangenschaft, weder für ihn noch für mich. Es ist eine Pflicht, ja. Aber auch ein Privileg und eine Freude.«
»Wir werden sehen, wie viel Freude du
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