Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)
neben sich. Sie würde Hoyt bei seinem ersten Flug schon beruhigen. »Du musst dich anschnallen. Komm, ich zeige dir, wie es geht.«
»Ich weiß, wie es geht. Ich habe alles darüber gelesen.« Einen Moment lang studierte er die Metallteile des Gurts, dann steckte er sie ineinander. »Für den Fall, dass es Turbulenzen und Luftlöcher gibt.«
»Du bist wohl nicht im Mindesten nervös.«
»Ich bin schließlich durch ein Zeitportal gekommen«, erinnerte er sie. Er begann, sämtliche Knöpfe auszuprobieren, und lächelte, als die Rückenlehne nach hinten sank und sich wieder aufstellte.
»Ich glaube, die Reise wird mir gefallen. Schade, dass wir nur über Wasser fliegen.«
»Oh, das habe ich beinahe vergessen.« Sie griff in ihre Tasche und holte eine Phiole heraus. »Trink das. Es hilft. Trink es«, wiederholte sie, als er das Fläschchen misstrauisch musterte. »Es sind nur Kräuter und zerstoßene Kristalle. Nichts Schädliches. Es hilft dir gegen die Übelkeit.«
Es war ihm deutlich anzusehen, dass er zögerte, aber er schluckte die Flüssigkeit gehorsam. »Du hast aber viel Nelken genommen.«
»Du kannst dich bei mir bedanken, wenn du die Kotztüte nicht benutzen musst.«
Der Motor begann zu dröhnen, und das Flugzeug vibrierte. »Geister der Nacht, verleiht uns Flügel auf diesem Flug. Haltet uns sicher in eurer Hand, bis wir wieder betreten Land.« Sie wandte sich an Hoyt. »Es kann nie schaden.«
Ihm war nicht richtig schlecht, aber sie sah ihm doch an, dass ihr Trank und sein Wille hart gegen die Übelkeit ankämpften. Sie kochte ihm einen Tee, brachte ihm eine Decke, und dann legte sie sich selber auf ihrem Sitz zurück.
»Versuch ein bisschen zu schlafen.«
Zu elend, um zu widersprechen, nickte er und schloss die Augen. Als sie sicher sein konnte, dass er es bequem hatte, ging sie zu den anderen ins Cockpit.
Musik lief, King hatte sich im Sitz des Copiloten zurückgelehnt und schnarchte. Glenna blickte durch die Cockpitscheibe, und ihr Herz setzte einen Schlag lang aus.
Draußen war nichts als pechschwarze Finsternis.
»Ich war noch nie in einem Cockpit. Tolle Aussicht.«
»Ich kann King nach hinten schicken, wenn du dich ein bisschen auf seinen Platz setzen möchtest.«
»Nein, ist schon in Ordnung. Dein Bruder versucht zu schlafen. Es geht ihm nicht so gut.«
»Er wurde schon immer grün im Gesicht, wenn wir nur den Shannon überquerten. Mittlerweile ist ihm wahrscheinlich hundeelend.«
»Nein, ich habe ihm beim Start etwas gegeben, und außerdem besitzt er einen eisernen Willen. Möchtest du etwas?«
Er warf ihr einen Blick zu. »Na, du bist aber hilfsbereit.«
»Ich bin viel zu aufgedreht, um schlafen zu können, und ich kann auch nicht still sitzen bleiben. Also, möchtest du Kaffee, Tee oder Milch?«
»Ein Kaffee wäre gut. Danke.«
Sie kochte Kaffee und brachte ihm einen Becher. Dann stellte sie sich hinter ihn und blickte hinaus in den Nachthimmel. »Wie war er eigentlich so als Junge?«
»Wie ich dir gesagt habe.«
»Hat er jemals an seiner Macht gezweifelt? Hat er sich jemals gewünscht, die Gabe nicht zu besitzen?«
Es war ein seltsames Gefühl, von einer Frau über einen anderen Mann ausgefragt zu werden. Wenn sie nicht über sich selber redeten, stellten sie ihm im Allgemeinen Fragen, um den Schleier des Geheimnisses zu lüften, der ihn ihrer Meinung nach umgab.
»Nicht dass ich wüsste. Und er hätte es mir bestimmt gesagt«, setzte Cian nach einem kurzen Moment hinzu. »Wir haben uns damals sehr nahe gestanden.«
»Hatte er damals jemanden – eine Frau, ein Mädchen?«
»Nein. Natürlich hat er hingeschaut, und er hatte auch schon mal die eine oder andere Freundin. Schließlich ist er Zauberer und nicht Priester. Aber er hat mir nie von einer erzählt, die ihm besonders am Herzen gelegen hätte. Und er hat nie ein Mädchen so angeschaut, wie er dich anschaut. Zu deinem Verderben, Glenna, würde ich sagen. Aber die Sterblichen sind Narren, wenn es um die Liebe geht.«
»Und ich würde sagen, wenn du nicht liebst, wenn du dem Tod ins Auge blickst, dann lohnt es sich nicht, gegen den Tod zu kämpfen. Lilith hatte übrigens ein Kind bei sich. Hat er dir das erzählt?«
»Nein. Du musst begreifen, dass sie kein Gefühl, keine Schwächen kennt. Ein Kind ist einfach nur leichte Beute und eine leckere Mahlzeit.«
Ihr drehte sich der Magen um. Gezwungen gleichmütig fuhr sie fort: »Ich würde sagen, der Junge war vielleicht acht oder zehn Jahre alt. Er lag in diesen
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