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Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)

Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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waren Namen, die er nicht kannte. Michael Thomas McKenna, geliebter Gatte von Alice. Verschieden am sechsten Mai achtzehnhundertfünfundzwanzig. Und Alice, die ihm sechs Jahre später nachgefolgt war. Ihre Kinder, von denen eins die Welt nur ein paar Tage nach seiner Geburt wieder verlassen hatte, und drei andere.
    Dieser Thomas und diese Alice hatten gelebt und waren gestorben, Jahrhunderte nachdem er geboren worden war. Und fast zwei Jahrhunderte, bevor er hier stand und ihre Namen las.
    Die Zeit fließt, dachte er, und die, die in ihr leben, sind vergänglich.
    Kreuze erhoben sich, abgerundete Steine neigten sich über den Gräbern, die hier und dort so von Unkraut überwuchert waren, als würden sie von sehr nachlässigen Geistern gepflegt. Und mit jedem Schritt, den er tat, spürte er die Geister stärker.
    Hinter einem Stein, der ihm bis an die Knie reichte, wuchs ein Rosenbusch mit üppigen roten Blüten. Die Blütenblätter schimmerten wie Samt. Hoyts Herz machte einen Satz, und auf einmal war der Schmerz wieder da.
    Er wusste, dass er am Grab seiner Mutter stand.
    »Wie ist sie gestorben?«
    »Ihr Herz blieb stehen. Das Übliche.«
    Hoyt ballte die Fäuste. »Wie kannst du so kalt sein, gerade jetzt und hier?«
    »Manche sagten, es habe vor Kummer aufgehört zu schlagen. Vielleicht war es so. Er starb als Erster.« Cian wies auf den zweiten Grabstein. »Ein Fieber raffte ihn hinweg, um die Tagundnachtgleiche, im Herbst, nachdem … ich gegangen war. Sie folgte ihm drei Jahre später.«
    »Und unsere Schwestern?«
    »Dort, sie liegen alle dort.« Er zeigte auf eine Gruppe von Grabsteinen. »Und die Generationen, die ihnen folgten – jedenfalls die, die in Clare blieben. Es gab eine Hungersnot, und die Leute starben wie die Fliegen. Um zu überleben, flohen sie in Scharen nach Amerika, Australien oder England, überall hin, damit sie nicht hier bleiben mussten. Hier herrschten Krankheit, Seuchen, Plünderungen. Tod.«
    »Nola?«
    Einen Moment lang schwieg Cian, dann fuhr er in seinem aufgesetzt beiläufigen Tonfall fort: »Sie wurde weit über sechzig Jahre alt – ein gutes, langes Leben für eine Frau, für einen Menschen in dieser Zeit. Sie hatte fünf Kinder. Es können auch sechs gewesen sein.«
    »War sie glücklich?«
    »Woher soll ich das wissen?«, erwiderte Cian ungeduldig. »Ich habe nie wieder mit ihr gesprochen. Ich war in dem Haus, das mir jetzt gehört, nicht willkommen. Warum auch?«
    »Sie sagte, ich würde zurückkommen.«
    »Nun, das bist du ja auch, oder?«
    »Aber ich sehe mein Grab nicht. Wenn ich zurückgehe, wird es dann eins geben? Wird sich dann das, was hier ist, ändern?«
    »Wer weiß das schon? Auf jeden Fall bist du verschwunden, so wurde es berichtet. Du bist hier in dieser Gegend so eine Art Legende. Hoyt von Clare – allerdings erhebt auch Kerry Anspruch auf dich. Deine Geschichte ist zwar nicht mit den Göttern oder mit Merlin zu vergleichen, aber du wirst in jedem Reiseführer erwähnt. Der Steinkreis im Norden, durch den du gekommen bist, ist dir gewidmet worden und heißt jetzt Hoyts Tanzplatz.«
    Hoyt wusste nicht, ob er geschmeichelt oder verlegen sein sollte. »Es ist der Tanzplatz der Götter, und das war er schon lange vor meiner Zeit.«
    »So ist das eben mit der Wahrheit, vor allem, wenn die Fantasie glanzvoller ist. Erinnerst du dich noch an die Höhlen unter den Klippen, wo du mich ins Meer gestoßen hast? Es heißt, dort lägst du, tief unter dem Felsen, behütet von Feen, unter dem Land, auf dem du den Blitz und den Wind angerufen hast.«
    »Albernes Zeug.«
    »So wird man berühmt.«
    Eine Zeit lang schwiegen sie beide.
    »Wenn ich in jener Nacht mit dir zum Dorfgasthof geritten wäre, wie du mich gebeten hast … auf ein Glas …« Bei der Erinnerung schnürte es Hoyt die Kehle zu. »Aber ich musste über meine Arbeit nachdenken und wollte keine Gesellschaft, noch nicht einmal deine. Wenn ich mitgekommen wäre, wäre all dies nicht passiert.«
    Cian fuhr sich durch die nassen Haare. »Du nimmst viel auf dich, nicht wahr? Aber das hast du immer schon getan. Wenn du mitgekommen wärst, hätte sie uns wahrscheinlich beide erwischt. Und in dieser Hinsicht hast du Recht – dann wäre all dies nicht passiert.«
    Hoyts Gesichtsausdruck machte ihn wütend. »Habe ich nach deinem Schuldgefühl gefragt? Du warst und bist nicht mein Hüter. Ich stehe hier wie schon vor Jahrhunderten, und wenn ich nicht das Pech habe, einen Holzpflock durch die Brust gestoßen zu

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