Grün wie die Hoffnung: Roman (German Edition)
Hoyt fassungslos zum Turmfenster hinaufstarrte.
Als sie die Treppe heruntereilte, trat Larkin aus dem Trainingsraum. »Probleme?«
»Nein, nein. Nichts. Es ist alles in Ordnung. Es ist überhaupt nichts.« Sie spürte förmlich, wie ihr das Blut in die Wangen stieg.
Die beiden kamen gerade zur Haustür herein und schüttelten sich wie nasse Hunde, als sie die letzten Stufen heruntergelaufen kam.
»Es tut mir leid. Es tut mir so leid.«
»Erinnere mich daran, dass ich dich nie wütend mache, Rotschopf«, erwiderte Cian fröhlich. »Am Ende schießt du mir in die Eier, wenn du mich ins Herz treffen willst.«
»Ich habe doch nur Wache für euch gehalten und muss aus Versehen den Schuss ausgelöst haben. Aber das wäre gar nicht erst passiert, wenn ihr nicht so verdammt lange weggeblieben wärt und ich mir nicht solche Sorgen hätte machen müssen.«
»Das liebe ich an Frauen.« Cian schlug seinem Bruder auf die Schulter. »Sie bringen dich fast um, aber am Ende ist es deine eigene Schuld. Viel Glück. Ich gehe ins Bett.«
»Ich muss noch nach deinen Verbrennungen sehen.«
»Nörgel, nörgel, nörgel.«
»Und was ist passiert? Seid ihr angegriffen worden? Du blutest an der Lippe – du auch«, sagte Glenna zu Hoyt. »Und dein Auge ist fast zugeschwollen.«
»Nein, wir sind nicht angegriffen worden.«
Hoyt klang entnervt. »Erst als du mir fast in den Fuß geschossen hast.«
»Eure Gesichter sind ganz zerschlagen, und eure Kleider sind schmutzig und zerrissen. Wenn ihr nicht …« Endlich begriff sie. Schließlich hatte sie auch einen Bruder. »Ihr habt euch geprügelt?«
»Er hat mich zuerst geschlagen.«
Glenna warf Cian einen niederschmetternden Blick zu. »Na großartig. Hatten wir das nicht erst gestern? Haben wir uns nicht lang und breit darüber unterhalten, wie destruktiv und nutzlos es ist, wenn wir uns gegenseitig bekriegen?«
»Vermutlich müssen wir jetzt ohne Abendbrot ins Bett.«
»Jetzt mach dich nicht auch noch lustig über mich!« Sie stach mit dem Finger auf Cians Brust. »Ich bin hier halb krank vor Sorgen, und ihr beide wälzt euch da draußen im Dreck wie junge Hunde!«
»Du hast mir beinahe einen Pfeil in den Fuß geschossen«, erinnerte Hoyt sie. »Ich finde, damit sind wir quitt, was albernes Verhalten angeht.«
Glenna stieß zischend die Luft aus. »In die Küche mit euch. Ich versorge jetzt erst einmal eure Wunden. Schon wieder.«
»Ich muss jetzt ins Bett«, begann Cian.
»Ihr kommt beide in die Küche. Auf der Stelle. Ihr wollt doch sicher keinen Ärger mit mir haben.«
Sie rauschte davon. Cian rieb sich mit dem Finger über seine geplatzte Lippe. »Es ist ja schon eine Weile her, aber ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass du so eine besondere Vorliebe für herrschsüchtige Frauen hast.«
»Das hatte ich früher auch nicht. Aber ich verstehe sie gut genug, um zu wissen, dass wir ihr besser ihren Willen lassen. Außerdem schmerzt mein Auge.«
Als sie die Küche betraten, hatte Glenna bereits alles Nötige auf den Tisch gelegt, hatte Wasser aufgesetzt und sich die Ärmel aufgekrempelt.
»Brauchst du Blut?«, sagte sie so frostig zu Cian, dass er sich schuldbewusst räusperte. Es erstaunte ihn, dass er sich schuldig fühlte. Dieses Gefühl hatte er seit ewigen Zeiten nicht mehr verspürt. Offensichtlich hatte das enge Zusammenleben mit Menschen einen schlechten Einfluss auf ihn.
»Nein, dein Tee reicht mir, danke.«
»Zieh dein Hemd aus.«
Ihm lag ein schlauer Spruch auf der Zunge, das sah sie ihm an. Aber er war klug genug, ihn hinunterzuschlucken.
Er schlüpfte aus seinem Hemd und setzte sich.
»Die Verbrennungen hatte ich ganz vergessen.« Hoyt betrachtete ihn prüfend. Die Brandwunden waren nicht mehr entzündet und verblassten schon zu roten Flecken. »Wenn ich daran gedacht hätte, dann hätte ich dir mehr Schläge auf die Brust versetzt.«
»Typisch«, murmelte Glenna, aber niemand achtete auf sie.
»Du kämpfst ganz anders als früher, viel mehr mit den Fü ßen und den Ellbogen.« Das schmerzende Ergebnis spürte Hoyt deutlich. »Und dann springst du immer hoch.«
»Kampfsport. Ich habe in verschiedenen Disziplinen einen schwarzen Gürtel, den Meisterstatus«, erklärte Cian. »Du musst mehr trainieren.«
Hoyt rieb sich die schmerzenden Rippen. »Ja, das werde ich.«
Sie waren ja richtig freundlich zueinander, dachte Glenna. Wie kam es nur, dass Männer auf einmal die besten Kumpel waren, nachdem sie sich gegenseitig das Gesicht zerschlagen
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