Grün wie ein Augustapfel
amerikanischen Küchenfeldwebel, den ich bei ihr antraf, mich 'rauszuschmeißen. Er tat es mit Vergnügen. Na ja, und seitdem...«
»Verzeihen Sie«, murmelte Viktoria betroffen, »wenn ich das geahnt hätte, hätte ich mir die Ironie erspart.«
»Aber ich bitte Sie, das ist doch alles so lange her, daß es schon nicht mehr wahr ist. Und der Stachel, den dieses Erlebnis hinterließ, saß auch nicht allzu tief. Er hat mich durchaus nicht etwa zum Frauenfeind gemacht. Leider begegnete mir in den vergangenen Jahren nur eine, die ich hätte heiraten mögen, aber sie wollte mich nicht. Die Bühne war ein stärkerer Magnet...«
Viktoria hob plötzlich lauschend den Kopf. Die Wohnungstür wurde aufgesperrt. Es war Manuela. Aber sie schien nicht allein zu sein.
»Hallo, Bert«, rief sie schon vom Korridor aus, »ich habe unten deinen Wagen gesehen. Gut, daß du da bist.«
Sie kam ins Zimmer und zog einen jungen Mann hinter sich her. Es war Herr Balzer. Sie stellte ihn Guntram vor und winkte Viktoria einen Gruß zu.
»Freytag«, zischte sie durch die Zähne, »ihr sollt jetzt euer blaues Wunder erleben, liebe Leute!«
21
Sie drückte Herrn Balzer in einen Sessel und blieb hinter ihm stehen: »Schießen Sie los«, befahl sie und dirigierte Viktoria und Guntram mit einer Handbewegung auf ihre Plätze.
»Einen Moment«, bat Guntram und wandte sich an Viktoria, »meinen Sie nicht, wir sollten Gregor zu dieser Sitzung hinzuziehen?«
»Was soll Gregor uns nützen?« fragte Manuela unwillig.
»Holen Sie ihn, Herr Guntram«, bat Viktoria, »ich will, daß er mit anhört, was Herr Balzer uns zu berichten hat.«
Manuela führte Guntram zu Gregors Zimmer. Guntram klopfte an und öffnete die Tür, obwohl Gregor sich nicht gemeldet hatte. Der Junge saß auf seinem Bett und starrte auf das Teppichmuster zu seinen Füßen.
»Guten Tag, Gregor!«
Gregor hob den Kopf. Diesen Besucher hatte er nicht erwartet. Aber er stand nicht auf, um Guntram zu begrüßen, und reichte ihm auch nicht die Hand. Er tat völlig uninteressiert.
»Was wollen Sie von mir?« fragte er gleichgültig.
»Ihre Mutter hat für Sie in den letzten Tagen eine ganze Menge getan, mein Junge«, sagte Guntram beiläufig. »Jetzt erwartet sie von Ihnen, daß Sie etwas für sie tun. Es geht um ihre Existenz. Herr Balzer ist gekommen, um Ihnen allen eine sehr wichtige und wahrscheinlich sehr unangenehme Mitteilung zu machen. Ihre Mutter braucht jetzt auch Ihre Hilfe. Also kommen Sie schon!«
Er hatte sich auf Widerstand gefaßt gemacht, als er Gregor bei den Armen nahm und auf die Füße stellte, aber Gregor ließ es geschehen.
»Worum geht es, Herr Guntram?«
»Ich nehme an, daß Herr Freytag im Geschäft Unterschlagungen begangen hat...«
»Das ist doch nicht Ihr Ernst?«
»Hören Sie sich Herrn Balzer an, wenn Sie mehr erfahren wollen. Aber kämmen Sie sich vorher, damit er nicht denkt, Sie kämen geradewegs aus dem Bett.« Er trat an das Waschbecken und reichte Gregor die Haarbürste, die auf der Glasplatte unter dem Spiegel lag. Gregor bürstete das verstrubbelte Haar und trank einen Schluck aus der Leitung.
»Wenn Balzer eine blöde Bemerkung über mich macht, knall ich ihm eins«, sagte er und ballte die Fäuste. Plötzlich schien er Hemmungen zu bekommen, sich zu zeigen.
»Nehmen Sie sich nicht so wichtig, Gregor. Herr Balzer wird keine blöden Bemerkungen machen, denn Ihr Fall ist schon lange nicht mehr sensationell. Herr Balzer hat jetzt mit ganz anderen Sensationen aufzuwarten« Guntram nahm Gregor beim Arm und zog ihn mit sich. Herr Balzer begrüßte Gregor mit einem stummen Kopfnicken.
»Setz dich zu mir, Gregi«, bat Viktoria und rückte auf dem Sofa zur Seite. Guntram nahm seinen alten Platz ein. Manuela stand noch immer hinter Balzers Sessel.
»Also los«, befahl sie und klopfte mit dem Knöchel auf die Lehne.
»Ich weiß nicht recht, wo ich beginnen soll«, murmelte Herr Balzer und kratzte sich den Hals.
»Erzählen Sie der Reihe nach«, sagte Manuela, »immer der Reihe nach! Was haben Sie unternommen, seit ich bei Ihnen war?«
Als Manuela ihn vor drei Tagen verließ, war Herr Balzer durchaus noch nicht davon überzeugt, daß ihr Verdacht sich bestätigen werde. Er hatte die Warenbücher zwei Tage lang geprüft, den Eingang und Ausgang mit dem Warenbestand im Lager und im Geschäft verglichen und — in Ordnung befunden. Eines aber war ihm bei der Durchsicht der Rechnungen über die Verkaufsabschlüsse hochwertiger Apparate in den
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