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Grün wie ein Augustapfel

Grün wie ein Augustapfel

Titel: Grün wie ein Augustapfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Decke. Viktoria kochte ihm seine Lieblingsgerichte, aber er rührte sie kaum an. Jedes Wort mußte man ihm aus den Zähnen ziehen. Sein Kofferradio, das er sonst den ganzen Tag dudeln ließ, blieb stumm. Nicht einmal die Krimis im Fernsehen vermochten ihn aus seinem Zimmer zu locken. Viktoria gegenüber beherrschte er sich, aber Manuela, die sich in der besten Absicht, ihn aufzuheitern und abzulenken, zu ihm setzen wollte, fauchte er derart wild an, ihn in Ruhe zu lassen, daß sie erschreckt aus seiner Bude floh. Bei einem Anruf von Werner Cornelius bat er Viktoria, Werner zu sagen, er sei nicht daheim. Als Viktoria sein Zimmer betrat, saß er rittlings auf dem Stuhl vor seinem Arbeitstisch, die Arme auf der Lehne verschränkt und das Kinn aufs Handgelenk gepreßt.
    »Ich habe eine Idee, Gregi«, sagte Viktoria munter. Sein Anblick schnürte ihr das Herz ab. Er sah wie ein kleiner Bub aus, der sich hoffnungslos im Wald verlaufen hatte. »Wie wäre es, wenn wir beide für ein paar Wochen irgendwohin gingen, an den Chiemsee vielleicht, wo du baden und angeln und segeln könntest...«
    Er drehte sich nicht einmal um, er schüttelte nur den Kopf:
    »Danke, Mutti, es ist gut von dir gemeint, aber ich mag nicht. Ich mag wirklich nicht.«
    Er war dabei geblieben, Viktoria Mutter zu nennen. Es rührte sie an, aber merkwürdigerweise hatte sie dabei das Gefühl, sein Abstand zu ihr habe sich damit vergrößert. Sie ging verzagt in die Küche, um sich einen Kaffee zu kochen. Am Tag pulverte sie sich mit starkem Kaffee auf, und am Abend schluckte sie Veronal, um schlafen zu können. Am Tag fühlte sie sich hundemüde, und sobald der Abend kam, wurde sie hellwach. Wenn sie am Radio Chopin hörte, oder wenn Manuela Tschaikowskij auf den Plattenspieler legte, kamen ihr die Tränen.
    »Werde mir bloß nicht hysterisch, Vicky!«
    Es hätte nicht viel gefehlt, und Viktoria wäre >hysterisch< geworden. Manuela ahnte nicht, wie nah sie an der zweiten Ohrfeige innerhalb von drei Tagen vorbeigegangen war. Auch Manuela war nervös. Seit dem Gespräch mit dem jungen Balzer waren zwei Tage vergangen, ohne daß er sich gemeldet hatte. Dafür war Guntram gestern abend aus Frankfurt zurückgekommen, aber er hatte für Manuela nur eine knappe Viertelstunde Zeit gehabt. Er war durch ein Telegramm zurückgerufen worden. Beim Bau war während seiner Abwesenheit ein Unglück passiert. Die Last eines Hochkrans hatte sich gelöst, zwei Decken durchschlagen und zwei Bauarbeiter verletzt. Die Schuldfrage war noch nicht geklärt.
    »Eine Viertelstunde hatte er für mich«, sagte Manuela beleidigt, »und dabei war er mit seinen Gedanken noch irgendwo anders!« Sie lackierte ihre Fingernägel, während Viktoria an ihre Wäsche ein paar neue Achselträger annähte.
    »Herr Guntram hat doch jetzt wahrhaftig andere Sorgen.«
    Manuela wedelte mit den Händen, um den Lack schneller
    zum Trocknen zu bringen: »Übrigens habe ich einen Heiratsantrag bekommen.«
    »So?« fragte Viktoria nicht besonders neugierig, »von wem denn?«
    »Jürgen Barwasser hat mich gefragt, ob ich seine Frau werden will. Was sagst du dazu?«
    »Was soll ich dazu sagen? Wichtiger ist, was du ihm geantwortet hast.«
    Manuela blies auf ihre Fingernägel: »Sein Vater will ihn zum Teilhaber machen. Und Prokura soll er auch bekommen. Ich habe ihn gebeten, mir Zeit zu lassen.«
    »Findest du das sehr anständig?«
    »Er ist ein netter Kerl. Ich mag ihn eigentlich recht gern. Und ich finde, man kann nicht genug Eisen im Feuer halten...«
    Viktoria stand auf, sie legte ihre Wäsche zusammen und ging in ihr Zimmer hinüber, um sie in den Schrank zu räumen. Man müßte jeden Mann vor diesem herzlosen, egoistischen Biest warnen, dachte sie. Manuela folgte ihr langsam. Sie lehnte sich mit dem Rücken an den Türrahmen und schaute Viktoria zu, wie sie die Wäsche sorgfältig stapelte.
    »Ich weiß genau, was du denkst, Vicky.«
    »Das muß sehr peinlich für dich sein«, murmelte Viktoria.
    »Bert will mich nämlich loswerden«, sagte Manuela, »er getraut sich nur nicht, es mir zu sagen.«
    »Was fällt dir ein? Wie kommst du darauf?«
    »So was spürt man doch.«
    »Und was erwartest du von mir?« fragte Viktoria kühl.
    »Willst du mir eine Frage ehrlich beantworten, Vicky?«
    »Wenn ich sie dir beantworten kann...«
    »Papa wäre heute etwa dreiundsechzig Jahre alt, nicht wahr?«
    Viktoria brauchte nicht zu rechnen, sie war erst vor wenigen Stunden zum gleichen Resultat gekommen, aber sie

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