Gründergeschichten
Westeuropa, auch für ausländische Energieunternehmen interessant. So geriet Saalfelds Firma in das Blickfeld der großen
internationalen Konzerne, auch der schwedischen Vattenfall. Die Skandinavier suchten dringend nach Experten, die sich auf
dem verwickelten deutschen Markt auskannten – um später selbst dort aktiv werden zu können. Nach eingehenden Gesprächen kaufte
sich der große Energiekonzern über den Umweg einer Kapitalerhöhung zu 50 Prozent bei Saalfelds Firma ein, ein Joint Venture
mit dem Namen Vasa Energy entstand – benannt nach den Anfangsbuchstaben der beteiligten Unternehmen. Doch das ungleiche Bündnis
aus dem skandinavischen Konzern, der über weitere Zukäufe plötzlich selbst zu den Großen auf dem deutschen Markt gehörte und
zudem auch auf die Kernkraft setzte, und den unabhängigen Beratern, die gern gegen die Großen antraten und vor allem die Kraft-Wärme-Kopplung
bevorzugten, hielt nicht allzu lange. »Man muss deswegen niemandem einen Vorwurf machen«, sagt von Tschischwitz heute, »es
passte einfach nicht mehr zusammen, deswegen haben sich unsere Wege wieder getrennt.« Die Schweden kauften der Familie Saalfeld
ihre Hälfte des Gemeinschaftsunternehmens ab. Heiko von Tschischwitz wollte nicht für einen etablierten Konzern arbeiten,
und die Saalfelds saßen auf einem Haufen Geld. Eine neue Idee musste her. »Wir hatten Ahnung vom Markt, wir wollten wirklich
etwas ändern, und wir hatten Geld – das war nicht bei allen so, die damals auf dem Energiemarkt aktiv wurden, und es waren
nebenbei ideale Startvoraussetzungen, die bestimmt nicht alle Gründer haben.«
Was dann noch half, war Ärger – Heiko von Tschischwitz spricht von einem »Schlüsselerlebnis«. Hans-Dieter Harig, |50| damals Vorstandsvorsitzender von PreussenElektra, das heute in E.ON aufgegangen ist, machte Stimmung gegen das neue Stromeinspeisegesetz,
das die Energieversorger verpflichtete, auch Elektrizität etwa von Windrädern aufzukaufen und vergleichsweise teuer zu vergüten.
»Herr Harig schrieb damals sinngemäß in der Zeitung: Wenn jetzt noch mehr Windräder gebaut werden und wir deren Strom abnehmen
müssen, dann müssen wir den Strompreis für die Haushaltskunden erhöhen – anders können wir uns das nicht mehr leisten. Das
haben wir gelesen und uns gesagt: Das kann doch gar nicht stimmen. Also haben wir uns mit einem Blatt Papier und unserem gesunden
Halbwissen hingesetzt und nachgerechnet. Wir kannten ja deren Strompreis, die diversen Steuern und Abgaben, ungefähr die Kosten
für das Netz und die Verwaltung. Wir haben also gerechnet und geprüft, was am Ende noch für die eigentliche Strombeschaffung
bleibt: nur die paar Pfennig pro Kilowattstunde für Atomstrom oder auch der höhere Preis etwa für Windstrom? Das Ergebnis
war verblüffend: Selbst wenn PreussenElektra zu 100 Prozent Strom aus Windkraftanlagen verkauft hätte, wären sie profitabel
gewesen, auch ohne die Preise zu erhöhen – es waren schlicht gewaltige Gewinnmargen einkalkuliert. Die Schlussfolgerung für
uns lag natürlich auf der Hand. Wenn das geht: Geld verdienen ausschließlich mit Ökostrom – warum sollten wir das nicht gleich
selbst machen? Wir haben uns gesagt: Verdammt noch mal, es muss doch mal einen geben, der den Leuten beweist, dass das Märchen
falsch ist, wonach Ökostrom so schrecklich teuer ist.« Die Idee von LichtBlick war geboren.
|48| Der Gründer
Name:
Heiko von Tschischwitz
Geburtsjahr
:
1968
Geburtsort
:
Duisburg
Ausbildung /Abschluss:
Maschinenbaustudium, Diplom-Ingenieur
Heutige Position in der Firma:
Geschäftsführender Gesellschafter
Das Unternehmen
Firmenname:
LichtBlick – die Zukunft der Energie GmbH & Co. KG
Sitz
:
Hamburg
Gründungsjahr
:
1998
Was macht die Firma?
Handel mit Strom aus regenerativen Quellen
Mitarbeiter
:
200
Umsatz:
200 Millionen Euro
|49|
(v.l.:)
Heiko von Tschischwitz,Wilhelm Gillrath
Heiko von Tschischwitz sagt, er sei kein Weltverbesserer – auch wenn LichtBlick ausschließlich grünen Strom verkaufe. |51| »Ich war nie ein Öko-Freak, und Saalfeld schon gar nicht. Aber wir waren immer fest davon überzeugt, dass man langfristig
wirtschaftlich am erfolgreichsten ist, wenn man sich glaubwürdig nachhaltig und ökologisch positioniert. Die etablierte Energiewirtschaft
hat damals massiv propagiert, Ökonomie und Ökologie würden sich nicht vertragen, und zum Teil tut sie das nach wie vor. Für
uns war
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