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Gruene Armee Fraktion

Gruene Armee Fraktion

Titel: Gruene Armee Fraktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Metzner
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führte.
    »Reden wir noch mal?«, fragte Mondrian in die Richtung, in der er Ricarda Walde vermutete.
    »Abwarten und Tee trinken.« Ihre Stimme, noch immer geladen. Mürrisch sagte sie zu jemandem, dass das Teepaket leer sei und ein neues aus dem Laden zwei Straßen weiter besorgt werden müsse.
    »Eine Zusage hört sich anders an«, drängte Mondrian.
    »Sind Sie immer so nervig?«
    Erst als er wieder in dem stinkenden Diesel saß, fiel ihm ein, dass er Ricarda Walde nicht mal seine Telefonnummer gegeben hatte. Und keine von ihr bekommen hatte. Aber da rollte der Wagen schon, bretterte wieder über das Kopfsteinpflaster, unter der halligen Brücke hindurch, und in den Spritgeruch mischte sich der schwere, süße Duft eines Joints.
    »High und frei, Alter«, sagte die Bubi-Stimme und kicherte. »Willst du auch mal ziehen?«

19
    Mittwoch, Vormittag
     
    Betreff: reporter
     
    Gesendet: 8:19 uhr
     
     
     
    vorsicht, neuer spieler auf dem feld, reporter vom magazine. nicht ungefährlich, kann aber auch unsere chance sein.
    wenn er unsere message rüberbringt und nach unseren regeln funktioniert.
    erst mal checken und beobachten, wie er sich verhält. zur not schalten wir ihn wieder ab.
     

20
    Schanzenviertel, Hamburg
     
    High und frei.
    Über dem Campus schwebte wieder der Fesselballon. In der nächtlichen Lichtglocke über der Stadt sah er aus wie ein riesiger Joint. Aber wenn man näher kam, glich er eher einem rot-weißen ICE-Waggon, der senkrecht in einem schwarzen Loch stecken geblieben war.
    Darunter stand Schirra. Er lächelte eitel und zielte mit seiner überdimensionalen Browning nach oben. Und plötzlich ballerte er los, bamm, bamm, bamm, und der Ballon zerfetzte, bamm, bamm, bamm, und als er auf der Straße neben Maria aufprallte, verwandelte er sich in einen zerbombten Mercedes, bamm, bamm, bamm …
    Das Geräusch des Reiseweckers verstummte, als Mondrian endlich die Stopp-Taste getroffen hatte. Drei vergebliche Versuche, erst der vierte Hieb saß. Er schlug die Bettdecke zurück, manövrierte sich vom Futon in eine halbwegs aufrechte Stellung und trottete zum Bad. Wieder mal leicht durch den Wind, dachte er, aber diesmal wusste er wenigstens, warum.
    Nachdem der Bubi im Stinkediesel ihn wieder am Van-Melle-Park abgesetzt hatte, war er auf dem Rückweg zum Loft noch im Portugiesenviertel am Hafen gestrandet. In einer Taverne hatte er einen Schluck Vinho Verde nehmen wollen, dann aber die ganze Flasche geleert. Reminiszenz an alte Tage mit Christin, an einen Frühling an der Südwestspitze Europas, in dem er seine spätere Frau kennengelernt hatte. Damals hatten sie die Tage mit langen Wanderungen an den Stränden Portugals verbracht, salzverkrustet und sonnenverbrannt, und abends immer eine Flasche von dem jungen, eiskalten Weißwein getrunken, der seine perlende Säure mit einer verführerischen Süße auf der Zunge verschmelzen ließ. So lange her, aber manchmal versuchte Mondrian, dieser Zeit nachzuschmecken. Sie war vergangen, verloschen, ohne dass er die Zeichen erkannt hätte. Nach Jahren wattiger Gemütlichkeit mit Villenetage und Vernissagen war Christin mit diesem Möchtegern-Künstler verduftet. Sicher, er sah fast so gut aus wie Luca Toni, musste sich Mondrian beim dritten Glas Vinho Verde eingestehen. Aber war er nicht in Wirklichkeit nur ein affiger Gigolo, der jeden Auftritt zu einer Operette machte?, fragte er sich beim vierten. Und was, sinnierte er mal wieder, als er am Boden der Flasche angekommen war, hatte sie bloß bei diesem Kerl gesucht?
    Langsam ließ Mondrian den Duschstrahl über die Kopfhaut prickeln und wartete, bis die Schatten der Nacht weggespült waren.
    »Die Spur der Terroristen führt nach Hamburg«, meldeten die Kurznachrichten im Radio. Also war einiges offenbar auch an andere Journalisten durchgesickert. Doch es gab keine Einzelheiten dazu, auch nicht im Internet. War er noch allein auf der Fährte von Ricarda Walde? Aber wo konnte er sie finden samt ihren Groupies und dem monströsen RAF-Plakat?
    Unmöglich, die nächtliche Fahrtstrecke zu der Wohnung zu rekonstruieren. Doch irgendwann während der gestrigen Aktion, sagte ihm ein vages Gefühl, hatte es so etwas wie einen Hinweis gegeben. Ein Detail, das zu ihr führen konnte. Ein verräterisches Wort, nur nebenher gefallen. Er durchsuchte seine Erinnerung, durchstreifte das Alphabet von A bis Z, hörte in sich hinein wie so häufig, wenn ihm der Name eines Ortes oder Schauspielers nicht einfiel. Nichts. Aber

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