Gruene Armee Fraktion
war ja nicht zu übersehen, dass Sie die Dame näher kennen. Sie könnten mir ein bisschen über sie erzählen … bei einem Glas Prosecco oder so … auf meinem Balkon vielleicht …«
Mondrian hatte schon Angebote erhalten, die weniger eindeutig gewesen waren. Und die lila Bluse war immer noch unverschämt durchsichtig.
»Was denn erzählen?«, fragte er, als der Lift in der Tiefgarage ankam.
»Am besten das, was die Leute wirklich interessiert. Wie ist sie denn so … zum Beispiel im Bett?«
»Klasse!«
Julia Stürmlinger fiel der Autoschlüssel aus der Hand. Oder sie tat so. Als sie sich bückte, um ihn aufzuheben, schob sich ihr kurzer Rock noch weiter nach oben. »Auch andere Frauen haben Reize.«
»Aber kein Tattoo von einer Heckler & Koch unter dem Bauchnabel.«
32
Montag, Morgen
Betreff: festnahmen
Gesendet: 05.54 uhr
festgenommene auf mehrere haftanstalten verteilt. Kontakt zu verteidigern unterbunden, verhöre laufen.
schlüsselperson: speedy, wegen des bekannten problems.
entscheidend, wie er sich verhalten wird.
33
»magazine«, Hamburg
Die anderen Reporter und Redakteure der Task-Force blätterten schon in den Morgenzeitungen, als Mondrian sich neben dem fauchenden Kaffeeautomaten in einen Sessel fallen ließ und die Schlagzeilen überflog.
»Grünes Verbrechernest ausgehoben.«
»Großer Schlag gegen die Öko-Mörder.«
»Ende der Grünen Armee Fraktion?«
Kein Blatt, das nicht mit der Razzia im Schanzenviertel aufgemacht hatte. Großformatige Fotos zeigten den SEK-Einsatz im Morgengrauen. Und auch über die TV-Schirme im fünfzehnten Stock des Media Tower liefen immer wieder dieselben Bilder vom Abtransport der Festgenommenen im Polizeispalier wie in einer Endlosschleife. Danach das Gesicht der Kanzlerin, ernst und entschlossen. Auf allen Sendern erklärte sie, dass der Kampf gegen den Öko-Terror zur »Staatsaufgabe Nummer 1« geworden sei.
»Halt jetzt den Mund«, sagte Bruno Wunder und drehte den Ton weg. Die »magazine«-Leute wollten lieber die frischen Zeitungen fleddern und beugten sich über die Berichte vom Sturm der Terroristenwohnung, News-Junkies auf der Suche nach neuen Kicks.
»Wow, wie im Krieg, richtige Schlachtengemälde«, rief Wunder und las mit martialischer Stimme vor: »Der Angriff kam im Morgengrauen …«
»… und die GSG 9 der Bundespolizei stand in Reserve«, zitierte ein blonder Hüne aus einer anderen Meldung, »sogar das Bundeswehrkrankenhaus wurde für alle Fälle mobilisiert.«
»Und hier steht, dass in der Schanze Ausnahmezustand geherrscht hätte«, ergänzte ein junger Kollege mit Fistelstimme, »weite Teile seien abgesperrt gewesen.«
»Aber unser Jo war dabei!« Nadja »Piranha« Polanski hob ihr Sommersprossengesicht und verzog die schmalen Lippen zu einem schiefen Lächeln.
»Wo?«, fragten mehrere gleichzeitig.
»Hier.« Ihr rot lackierter Fingernagel zeigte auf ein dpa-Foto mit einem Festgenommenen und zwei Polizisten. Im Hintergrund stand Mondrian, selbst im Halbdunkel gut zu erkennen.
Alle starrten auf die Aufnahme.
»Wie hast du das denn geschafft?«, fragte Piranha.
Er meinte, einen Anflug von Neid aus ihrer Stimme herauszuhören.
»Reporterglück«, sagte er kühl, während er das Bild genauer betrachtete. Wenn er sich nicht irrte, war noch ein heller Fleck von Speedys Spucke auf seinem Kinn erkennbar. Aber davon brauchte niemand hier etwas zu wissen.
»Warst du auch mit den Bullen in der Wohnung?«, erkundigte sich Bruno Wunder.
»Null Chance.«
»Immerhin hat Julia Stürmlinger in ihrem Blatt erstaunliche Details von der Durchsuchung beschrieben«, sagte Nadja Polanski, »Baader-Meinhof-Plakate … Götterfigur … Fixerutensilien …«
»Ich kann mir schon denken, woher sie das hat«, erwiderte Mondrian.
»… und hier, noch was echt Scharfes.« Sie las vor: »Die Terror-Queen trägt ein Tattoo mit einer Heckler & Koch im Intimbereich.«
»Woher die das bloß weiß?« Wunder war immer an erotischen Dingen interessiert. »Diese MP hätte ich auch gern mal aus der Nähe betrachtet.«
»Ich auch«, sagte Mondrian und gab sich Mühe, ein Schmunzeln zu unterdrücken.
»Du kannst ja mal die Kollegin nett fragen, wo sie das herhat«, schlug Marc Rolfes vor. Der Task-Force-Leiter hatte hinter ihnen unbemerkt den Raum betreten und einen Augenblick das Gespräch verfolgt. Er kam offenbar aus dem Gym im Tiefgeschoss; jedenfalls sah er frisch geduscht aus und so fit, als hätte er zum
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