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Grüne Magie

Grüne Magie

Titel: Grüne Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Kieselsteine und Pflanzen am Grunde berühren konnte. Als er wieder an die Oberfläche kam, fühlte er sich entspannt und ausgeglichen, empfand er sich erneut als er selbst: als der Rona ta Inga, der er immer gewesen war und immer sein würde!
    Bald darauf setzte er sich auf seine Veranda, aß die Reste der Mahlzeit vom vergangenen Abend – Obst und gebratenen Fisch – und dachte darüber nach, was er mit diesem Tag anfangen sollte. Es gab keine dringenden Probleme zu lösen, keine besonderen Pflichten zu erfüllen, nichts, was ihn irgendwie belastet hätte. Er konnte sich den jungen Burschen anschließen, die in den Wald zogen und hofften, dort Vögel und Federvieh zu fangen. Es war ihm auch möglich, sich die Zeit damit zu vertreiben, indem er eine Brosche aus Muscheln und Goana-Nüssen anfertigte – ein Geschenk für Mai-Mio. Oder er blieb müßig und schwatzte mit den anderen. Oder er besuchte seinen besten Freund, Takti-Tai, der gerade ein Boot baute. Oder er ging fischen. Nach einer Weile entschied sich Inga für letzteres und stand auf. Er schlenderte über den Strand und näherte sich seinem Kanu. Er überprüfte seine Ausrüstung, schob es ins Wasser und paddelte durch die Lagune, bis er die Öffnung im Riff erreichte. Wie immer wehte der Wind nach Westen. Als Inga die Lagune verließ, wandte er das Gesicht kurz von der Brise ab, ließ einen fast verstohlen wirkenden Blick über die Wellen schweifen und ruderte nach Osten.
    Innerhalb einer Stunde fing er sechs prächtige Fische undpaddelte am Riff entlang auf die Öffnung zu. Als er in die Lagune zurückkehrte, schwammen dort alle Bewohner des Dorfes: Mädchen, junge Männer, die Kinder. Mai-Mio näherte sich dem Kanu, hielt sich am Dollbord fest und sah lächelnd zu ihm hoch. Wasserperlen schimmerten auf ihren Wangen. »Rona ta Inga! Hast du Fische gefangen? Oder hattest du Pech?«
    »Sieh nur!«
    Sie beugte den Kopf. »Fünf – nein, sechs! Und alles große Silberflossen! Dann habe ich dir also Glück gebracht! Darf ich öfter in deiner Hütte schlafen?«
    »Solange es mir am nächsten Tag gelingt, Fische zu fangen.« Mai-Mio ließ sich in die Fluten zurückfallen, bespritzte ihn und tauchte. Das Wasser war kristallklar, und Inga konnte deutlich sehen, wie die junge Frau dicht über den Grund hinwegglitt. Er schob das Kanu auf den Strand, wickelte die Fische in breite Sipi-Blätter und verstaute sie in einer kühlen
    Zisterne. Dann lief er zur Lagune und gesellte sich den anderen hinzu.
    Später saß er mit Mai-Mio im Schatten. Sie flocht ein Schmuckseil aus farbigem Bast, das sie später zu einem Korb binden würde, und Inga lehnte sich zurück und blickte übers Wasser. Die ganze Zeit über erzählte Mai-Mio – von dem neuen Lied Ama ta Laiaus, von den seltsamen Fischen, die sie während des Tauchens gesehen hatte, von den Veränderungen im Wesen Takti-Tais, die mit dem Beginn des Bootsbaus einhergingen.
    Inga brummte geistesabwesend, gab jedoch keine Antwort.
    »Wir haben eine Gruppe gebildet«, sagte Mai-Mio. »Es gehören ihr insgesamt sechs von uns an: Ipa, Tuiti, Hali-Sai-Iano, Zoma, Oiu-Ngo und ich. Wir schworen, die Insel niemals zu verlassen. Nie, nie, nie. Hier sind wir glücklich. Auf keinen Fall segeln wir nach Westen – nein, das kommt nicht in Frage. Worin auch immer das Geheimnis bestehen mag – wir wollen es nicht lüften.«
    Inga lächelte, und sein sehnsüchtiger Blick reichte in die Ferne. »Der Schwur, den ihr abgelegt habt, scheint mir sehr weise zu sein.«
    Mai-Mio legte ihm die Hand auf den Arm. »Warum schließt du dich nicht unserer Gruppe an? Wir sind zwar sechs Frauen, aber… Nun, ein Eid ist ein Eid.«
    »Das stimmt.«
    »Möchtest du nach Westen segeln?«
    »Nein.«
    Aufgeregt erhob sich Mai-Mio. »Ich gebe den anderen Bescheid. Wenn wir alle zusammen sind, wiederholen wir den Schwur: Niemals wollen wir die Insel verlassen! Und das, obwohl du doch der älteste Mann des Dorfes bist!«
    »Takti-Tai ist noch älter«, sagte Inga.
    »Aber Takti-Tai baut sein Boot! Und damit zählt er praktisch nicht mehr!«
    »Vai-Ona ist ebenfalls alt. Fast so alt wie ich.«
    »Soll ich dir was verraten? Wenn sich Vai-Ona aufmacht, um Fische zu fangen, sieht er immer nach Westen. Und wird nachdenklich.«
    »Ab und zu sind wir das alle.«
    »Ich nicht!« Mai-Mio breitete die Arme aus. »Nein, ich nicht
    – und ebensowenig die anderen Mitglieder unserer Gruppe! Nie, nie, nie! Niemals verlassen wir die Insel! So lautete unser Schwur!« Sie

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