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Grüne Magie

Grüne Magie

Titel: Grüne Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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und kurz darauf brachte man einen Holzblock und ein großes Hackmesser herbei. Im Anschluß daran bezogen die Dorfbewohner Aufstellung, gingen nacheinander an dem Block vorbei, schnitten sich jeweils einen Finger ab und warfen ihn in den Kessel.
    Der Älteste erklärte: »Durch dieses einfache Ritual, an dem ihr natürlich teilnehmen sollt, demonstrieren wir sowohl unsere gemeinsame Abstammung als auch unsere gegenseitige Abhängigkeit. Kommt, gesellen wir uns den anderen hinzu.« Und es blieb Cugel und Garstang keine andere Wahl, als sich einen Finger abzuhacken und in den großen Topf zu werfen.
    Das Fest dauerte bis tief in die Nacht. Und am nächsten Morgen hielten die Dorfbewohner ihr Wort. Ein besonders seetüchtiges Boot wurde ausgerüstet und mit Vorräten beladen, zu denen auch einige der Speisen gehörten, die von der Mahlzeit am vergangenen Abend übriggeblieben waren.
    Dann versammelte sich das Fischervolk am Kai. Cugel und Garstang hielten dankende Ansprachen, und während Cugel das Segel setzte, machte sein Gefährte die Leinen los. Die Brise blähte das große Leinentuch auf, und das Boot glitt fort von der Mole. Es dauerte nicht lange, und die Küste war nur noch als eine vage Linie am Horizont zu sehen. Überall schimmerte dunkles Wasser, einem schier unendlichen Spiegel aus glänzendem Metall gleich.
    Die Stunden verstrichen, und es wurde Mittag. Das Boot trieb durch den Kosmos der Elemente: unten Wasser, oben Luft.
    Und ewige Stille. Der Nachmittag war lang und ereignislos, so unwirklich wie ein Traum. Und der melancholischen Pracht des Sonnenuntergangs folgte eine Dämmerung in der Farbe gestreckten Weins.
    Der Wind frischte auf, und die ganze Nacht über segelten sie nach Westen. Beim Morgengrauen flaute die Brise ab, und schlaff hing das Segel am Mast. Cugel und Garstang nutzten die Gelegenheit, um zu schlafen.
    Achtmal wiederholte sich dieser Zyklus. Am Morgen des neunten Tages machten sie im Westen eine dünne Küstenlinie aus. Am späten Nachmittag erreichten sie einen breiten weißen Strand. »Ist dies hier das Land Almery?« fragte Garstang.
    »Ich glaube schon«, erwiderte Cugel. »Doch ich weiß nicht genau, mit welcher Region wir es zu tun haben. Vielleicht liegt Azenomei im Norden, möglicherweise aber auch im Westen oder Süden. Wenn der Wald dort drüben die Grenze des östlichen Almery darstellt, so sollten wir uns davon fernhalten, denn er hält viele Gefahren bereit.«
    Garstang deutete auf die Küste. »Sieh nur – ein weiteres Dorf. Wenn die Leute hier ebenso freundlich sind wie die Fischer, die uns das Boot gaben, so helfen sie uns bestimmt weiter. Komm, tragen wir ihnen unser Anliegen vor!«
    Cugel zögerte. »Vielleicht wäre es klüger, auch in diesem Fall Vorsicht walten zu lassen.«
    »Welchen Sinn hätte das?« fragte Garstang. »Beim letztenmal führte das nur zu Mißverständnissen und Verwirrung.« Und er ging über den Strand auf das Dorf zu. Cugel schloß sich ihm widerstrebend an, und als sie sich der Siedlung näherten, bemerkten sie Dutzende von Gestalten, die über den großen Platz in der Mitte des Dorfes wandelten: elegant aussehende Leute mit blondem Haar. Sie unterhielten sich mit Stimmen, deren Klang einer sanften Melodie ähnelte.
    Garstang schritt fröhlich aus und rechnete damit, noch freundlicher empfangen zu werden als bei den Fischern. Doch die blonden Männer und Frauen stürmten auf sie zu und fingen sie in Netzen. »Was soll das bedeuten?« rief Garstang. »Wir sind Fremde und hegen keine feindlichen Absichten.«
    »Ihr seid Fremde, in der Tat«, bestätigte ein besonders großer Dorfbewohner. »Wir verehren jene unerbittliche Heiligkeit, die Dangott genannt wird. Fremde gelten sofort als Ketzer und werden den geweihten Affen zum Fraß vorgeworfen.« Im Anschluß an diese Worte wurden Cugel und Garstang über die scharfkantigen Steine der Klippen gezerrt, und rechts und links von ihnen tanzten lachende und singende Kinder.
    Es gelang Cugel, das Rohr zur Hand zu nehmen, das aus dem Besitz Voynods stammte, und er schleuderte den Dorfbewohnern blaues Konzentrat entgegen. Entsetzt sanken sie zu Boden, und Cugel schlüpfte aus dem Netz. Sofort zog er sein Schwert und sprang vor, um Garstang zu befreien, doch in diesem Augenblick erholten sich die blonden Männer und Frauen von ihrem Schrecken und gingen zum Angriff über. Erneut richtete Cugel das Rohr auf sie, und die Anhänger Dangotts ergriffen schreiend die Flucht.
    »Lauf, Cugel!« rief Garstang.

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