Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)
und allerbeste Freundinnen sind, waren wir fest davon überzeugt, bei uns muss es funktionieren. Viele Stunden saßen wir uns stumm gegenüber und versuchten uns telepathisch auszutauschen, was natürlich nicht klappte. Auch nicht während Mathearbeiten, so sehr wir uns auch anstrengten. Alles Humbug! Aber vielleicht sind übersinnliche Schwingungen rein durch die Kraft der Liebe möglich. Ich schließe für einen kurzen Moment die Augen und versuche Verbindung zu Tim aufzunehmen. „Sie ist die Falsche. Du liebst eine andere, sie ist blond und viel zu klein, aber sie versteht dich besser als jeder andere Mensch auf der Welt.“
Mein sehr gläubiger Opa meint immer, mit ein wenig Gottvertrauen nimmt alles im Leben seinen richtigen Lauf. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt gläubig bin. Dennoch habe ich sicherheitshalber bei der Kommunion meiner kleinen Cousine eine Kerze angezündet und mir Tim gewünscht. Schaden kann es ja nicht. Der liebe Gott wird auch für die kleinen Nöte und Wünsche seiner Schäfchen Verständnis haben. Immerhin habe ich fünfzig Cent für die Kerze gespendet.
Plötzlich beugt sich Bullenmädchen schwerfällig nach vorne, öffnet ihren Rucksack, wobei sie ihren gewaltigen Hintern in die Höhe streckt. Mein Schutzschild bin ich los. Wie ein Hase auf freiem Feld stehe ich zum Abschuss bereit. Schnell gehe in die Knie, versuche mich weiter hinter ihr zu verstecken, sie kramt weiter, hält dann in ihrer Bewegung inne und dreht ihr Mondgesicht zu mir.
„Was soll das? Willst du mich verarschen oder was?“, zetert sie los.
Ich fuchtel bittend mit den Händen, deute ihr an leise zu sein, aber sie motzt weiter. „Blöde Kuh, warum tänzelst du die ganze Zeit um mich herum? Soll das witzig sein?“
„Nein“, flüstere ich und stelle mich schnell wieder hin. Es ist vorbei, Tim und Arschloch sind von dem Gekeife auf uns aufmerksam geworden. Bullenmädchen hat endlich gefunden was sie sucht. Sie zieht ihr Portemonnaie aus dem Rucksack, richtet sich ungelenk wieder auf und stapft wutschnaubend zum Kiosk. Ich springe schnell einen Schritt zurück um keine Kollision mit ihr zu riskieren.
Sie wirft mir einen vernichtenden Blick zu und schnauft. „Dein Gesicht merk ich mir.“
Arschloch grinst breit und schäbig. „Neue Frisur? Steht dir.“
Ich flüchte ebenfalls Richtung Kiosk, versuche meine normale Gesichtsfarbe wiederzuerlangen. Kann man noch tiefer sinken?
Zuhause gebe ich mich meiner momentanen Lieblingsbeschäftigung hin: Ich liege chillend und träumend mit meinem Ipod im Bett. Ich bin fast eingeschlafen, als mich jemand leicht anstubst. Sicher Mama, was will die denn schon wieder von mir? Ich hasse es, wenn sie unangemeldet in meinem Zimmer auftaucht. Etwas mehr Privatsphäre wäre wünschenswert. Ich öffne die Augen und bin völlig baff, als Ida vor neben mir hockt.
Überrascht setze ich mich auf und entledige mich der Ohrstöpsel. Sie sieht verweint aus.
„Scheiße alles, alles scheiße“, schluchzt sie.
„Mann, bin ich froh, dass du hier bist.“ Zum Glück, endlich hat sie sich eingekriegt.
„Ich habe mir wirklich nichts dabei gedacht mit Levin zu singen. Ich wollte doch gar nichts von ihm“, sage ich mein Sprüchlein auf, dass ich mir schon für die Schule zurecht gelegt hatte und nicht losgeworden bin.
„Ach Levin, der…“ winkt Ida mit einer abfallenden Handbewegung ab. „Klar, ich war sauer, super enttäuscht, aber eigentlich habe ich selber gemerkt, dass ich keine Chance bei ihm habe. Er stand von Anfang an auf dich, ich wollte es bloß nicht wahrhaben.“
„Wegen einem Typen würde ich nie unsere Freundschaft aufs Spiel setzen. Wirklich, es tut mir leid.“ Kleinlaut beichte ich, „mich hat noch nie ein Junge richtig angebaggert. Vielleicht bin ich deswegen ein klitzekleines bisschen darauf eingegangen. Ich fand ihn auch irgendwo süß. Aber ich wollte das eigentlich nicht, ehrlich.“
„Ich war ziemlich blöd zu dir, tut mir leid“, gibt Ida gequält zu.
„Ach, längst vergessen.“
„Ich bin dir nach unserem Streit noch nachgelaufen, aber du hast mich nicht bemerkt. Dann habe ich es mir anders überlegt und bin nach Hause gefahren. Den anderen habe ich erzählt, Nina hätte angerufen und wir müssten dringend zur Unterstützung hin. Ich habe mich mit den anderen auch nicht mehr getroffen. So ohne dich wäre ich mir blöd vorgekommen.“
Ich bin erschrocken, als sie fürchterlich zu weinen anfängt.
„Ist doch okay, Schwamm drüber,
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