Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)
sie, auf dem Weg zum Klassenzimmer, an mir vorbei.
„Hallo. Lebst du auch noch?“, werde ich dafür von Laura begrüßt. „Schade, dass ihr so dringend weg musstet vorletzten Samstag, aber Notfälle gehen natürlich vor. Besonders einem tat es leid, dass er sein Match nicht zu Ende bringen konnte.“ Vielsagend zwinkert Laura mir zu. „Kannst dir ja sicher denken, wer.“ Dann wird sie von jemand aus ihrer alten Klasse abgelenkt. „Ich muss da mal hin, bis gleich.“
Ida sitzt mit versteinerter Miene an unserem gemeinsamen Tisch. Geräuschvoll lasse ich mich auf meinem Stuhl nieder, sie wendet sich ab, zeigt mir die kalte Schulter. Nina kommt, klopft auf die Tischplatte, flötet einen fröhlichen „guten Morgen“, und setzt sich hinter uns. Ein Bleistift bohrt sich in meinen Rücken. „Nun mach schon“, soll das heißen, „du hast es versprochen.“
„Hey Ida“, starte ich meinen Versöhnungsversuch. Ida dreht sich weg und rückt mit dem Stuhl nach links. Ich lege meine Hand auf ihre Schulter, aber sie schüttelt sie wie ein paar fiese Flöhe ab. Weitere Worte sind hier wohl überflüssig. Versöhnung im Keim erstickt, Versuch gescheitert.
„Dann bock doch weiter“, schimpfe ich und rücke lautstark mit meinem Stuhl nach rechts.
„Na toll“, seufzt Nina hinter uns.
Nach der Doppelstunde Englisch versuche ich in der ersten großen Pause unter der alten Eiche erneut mein Glück. Ida vertilgt mit trotziger Miene ihr Käsebrot und denkt nicht mal daran es mir leicht zu machen. Immerhin geht sie mir nicht ganz aus dem Weg.
„Würdest du jetzt wenigstens mit mir reden oder soll ich mich in die nächste Höhle verkriechen?“, unterbreche ich nach geschlagenen zehn Minuten die unerträgliche Stille. Nina hat sich inzwischen resigniert in ihr Buch vertieft, linst jetzt aber neugierig über den Buchrand hinweg.
„Jetzt hör mal…“, weiter komme ich nicht. Laura und Judith schlendern zu uns rüber.
„Hey, wir wollen nach der Schule auf einen Sprung ins MC. Montags habe ich keine Lernhilfe, das muss ich ausnutzen. Habt ihr Lust mitzukommen?“
„Och, ich weiß nicht. Da müsste ich erst zuhause Bescheid geben“, antworte ich.
Ida schüttelt den Kopf. „Ne, heute eher nicht.“
„Judith und ich gehen auf jeden Fall. Levin wird übrigens auch da sein.“ Die Info war eindeutig, Laura zwinkert mir zu, flaniert mit Judith eingehackt weiter und ich werde ein bisschen rot.
Es klingelt zum Pausenende. Ida rafft ihre Sachen zusammen und zischt mir böse zu, „du kannst ja hingehen zu deinem Levin.“ Dann dampft sie ab und lässt uns einfach stehen.
Nina legt ihren Arm um meine Schulter, „die wird sich schon wieder einkriegen. Ich hätte mir das MC ja auch gerne endlich mal von innen angeschaut und euren tollen Levin sowieso.“
„Es ist nicht unser Levin und meiner schon gar nicht. Vergiss es, wenn wir gehen, spricht sie nie wieder ein Wort mit uns.“
Ida zieht ihr Schweigegelübte die restlichen Schulstunden durch und taucht in der zweiten großen Pause ab. Langsam finde ich ihr Getue albern und beschließe mich lieber auf das Schulende und auf Tim zu freuen. Es ist Montag! Bingo!
Angesichts des peinlichen Zwischenfalles vor den Osterferien, versuche ich an der Haltestelle unsichtbar zu bleiben. Arschloch wird mich nicht nochmal auf dem Silbertablett präsentieren. Ich stelle mich neben einem bulligen Mädchen aus der Achten, die breiter als groß ist und einen perfekten Sichtschutz bietet. Wenn ich vorsichtig nach hinten wippe, kann ich an ihr vorbei die Ampel beobachten, ohne dass ich auffalle.
Tim trägt heute eine dunkle Jeans, ein graues Sweatshirt und Chucks und hat Arschloch im Schlepptau. Sie platzieren sich unmittelbar neben meinem menschlichen Paravent. Was für ein taktischer Schachzug! Wenn Bullenmädchen sich bewegt, rücke ich unauffällig nach, bleibe schön in ihrem Windschatten.
„Was ist denn nun mit Lea?“, richtet Arschloch das Wort an Tim.
„Keine Ahnung, ich lass das mal auf mich zukommen.“
Neugierig spitze ich die Ohren. Zu sehr brenne ich auf Details seines Liebesauses. „Ich bin es, die für dich bestimmt ist. Du willst es dir nur nicht eingestehen“, denke ich. Ida und ich haben uns eine Zeit lang eingebildet, dass wir über telepathische Fähigkeiten verfügen. Ein Artikel in einer Mädchenzeitschrift behauptete, dass verwandte Seelen via Gedankenübertragung miteinander kommunizieren können. Da wir immerhin Blutsschwestern
Weitere Kostenlose Bücher