Grüne Schnüre mit Apfelgeschmack (German Edition)
unbedingt herkommen – jetzt, sofort!“ schreit Ida vom anderen Ende der Leitung. „Nina ist bereits auf dem Weg. Du musst dich beeilen.“
Die Rede ist von Florians neuer Freundin, der besagten Anna. Ich springe in meine Jeans. Das Vokabelheft fliegt im hohen Boden auf den Schreibtisch. Ida geht vor, Vokabeltest hin oder her. Dankbar für die Ablenkung an diesem öden Sonntag, hole ich mein Fahrrad aus der Garage, schwinge mich auf den Sattel und trete in die Pedale. Das lasse ich mir nicht entgehen.
Bevor ich überhaupt geklingelt habe, reißt Ida die Tür auf.
„Ich habe dich schon vom Fenster aus gesehen, komm rein. Sie ist seit genau achtundzwanzig Minuten bei ihm. Ich habe gerade Muffin raus gelassen, da ist sie an mir vorbei getänzelt. Das ist so eine mit ganz blasser Haut und hellblonden Haaren. Hätte sie fast für einen Albino gehalten und dann trägt sie bei der blassen Haut auch noch ein weißes T-Shirt an, wie ein Gespenst, Ton in Ton. Kackdreist hat sie mich gefragt, ob sie hier richtig wäre, sie suche das Haus von Florian Bellheim. Was sagt man dazu?“
Muffin, der dicke schwarze Perserkater, liegt breit und faul in seinem Körbchen und putzt sich. Ich streichele ihm über das zerzauste, buschige Fell. „Sie kann doch nicht wissen wer du bist.“
„Ja, weil Florian mich verheimlicht. Das ist echt ein ganz mieser Verrat von ihm. Ich bin mehr als nur eine Nachbarin, wir kennen uns schließlich schon ewig. Gestern habe ich ihn vor der Haustür getroffen. Er hat getan, als ob nichts wäre. Bussi rechts und links und dann musste er ganz dringend rein. Kraul Muffin nicht zu viel, sonst riskierst du Flohbisse. Er ist total verfloht. Ich muss morgen das Spot-on vom Tierarzt besorgen.“
Angeekelt ziehe ich die Hand weg und muss mich augenblicklich kratzen.
„Hallo Paula. Schön, dass du dich auch mal wieder bei uns blicken lässt.“ Britta steckt den Kopf aus der Küchentür.
„Wir haben oben zu tun. Englischvokabeln“, erwidert Ida schnell und treibt mich die Treppe hinauf.
„Soll ich euch gleich eine Stärkung machen? Dann lässt es sich leichter lernen“, flötet sie uns nach.
„Du kannst uns ein paar Biscotti bringen, per favore“ antwortet Ida ganz im Zeichen ihrer Anti-Österreich-Pro-Italien-Bewegung. „Österreich nur über meine Leiche“, stellte sie ihren Standpunkt klar, weigerte sich auch nur einen Blick in das Hausprospekt der Pension am Wilden Kaiser zu werfen und nervt ihre Eltern seitdem mit einer privaten Protestaktion. Heute trägt sie ein grünes Tshirt mit dem Aufdruck Bella Italia und an ihrer Zimmertür hängt eine italienische Flagge. „Hab ich bei Ebay ersteigert“, erklärt sie und zieht mich zum Fenster, an dem schon Nina ihren Beobachtungsposten eingenommen hat.
„Geh nicht so nah ran, sonst sieht er uns noch“, Ida blinzelt durch die halbgeschlossene Jalousie.
„Quark, dafür muss er ja erst mal rauskommen. So schnell geht das nicht. Wer weiß, wie lange die jetzt bei ihm bleiben. So eine Knutschsession kann schon mal was dauern.“ Nina zwinkert mir verschwörerisch zu, sie hält nicht viel von Idas plötzlichem Interesse an Florian.
„Hör bloß auf, finde ich gar nicht komisch.“
„Du bist nur eingeschnappt, weil er jetzt eine Freundin hat und dir nicht mehr ständig zur Verfügung steht“, sagt sie Ida ehrlich die Meinung.
„So ist das nicht“, verteidigt sich diese.
„Warum sprichst du dann nicht einfach mit ihm und stellst klar, dass du jetzt die große Liebe für ihn empfindest?“
„Ich weiß nicht, ob es die große Liebe ist. Das muss ich erst herausfinden, aber dafür muss der Skihase zurück in seinen Stall“, erwidert Ida. „Mit so einem Schneeweißchen kann ich natürlich nicht mithalten und Skilaufen kann ich auch nicht.“
„Florian fährt Snowboard“, stelle ich richtig.
„Seit wann das denn?“ Ida ist erstaunt.
„Seit zwei Jahren. Er hat doch zu Weihnachten ein neues Snowboard geschenkt bekommen. Das musst du doch noch wissen! Er hat uns stundenlang in allen Einzelheiten davon vorgeschwärmt. Ich könnte dir das Muster vom Board aufmalen, ohne es jemals gesehen zu haben. Hast du ihm wohl nicht zugehört.“
Schuldbewusst schüttelt Ida den Kopf. „Ist ja kein Wunder, dass er sich nach einer anderen umgesehen hat. Ich kenne ihn anscheinend nicht mal richtig.“ Sie springt auf, holt Kugelschreiber und einen Hefter und schreibt geschäftig etwas hinein.
„Was machst du da?“ Neugierig spicke ich ihr
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